# taz.de -- Fleischsteuer und Klimaschutz: Schlechtes Klima für Fleischfresser | |
> Agrarminister Schmidt ist dagegen, per Fleischsteuer die klimaschädliche | |
> Tierhaltung einzuschränken. Dabei empfehlen das sogar seine Berater. | |
Bild: Wer denkt denn da ans Klima? Deutsche Männer essen pro Woche fast 1,2 Ki… | |
BERLIN taz | Jetzt geht es beim Klimaschutz um die Wurst: | |
Bundesagrarminister Christian Schmidt sagte am Mittwoch im Deutschlandfunk | |
einer „Strafsteuer für Fleischesser“ den Kampf an. Zuvor hatte sich Georg | |
Nüßlein, stellvertretender Vorsitzender der Unions-Bundestagsfraktion, im | |
ARD-Fernsehen dagegen verwahrt, vorzuschreiben, „dass man nur noch die | |
Hälfte Fleisch essen soll“. | |
So kritisierten die beiden CSU-Politiker den Klimaschutzplan, den | |
Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) entworfen hat. Er soll das Ziel | |
der Bundesregierung umsetzen, Deutschlands Ausstoß von Treibhausgasen bis | |
2050 im Vergleich zu 1990 um 80 bis 95 Prozent senken. | |
Neben Maßnahmen etwa in der Energie-, Gebäude- und Verkehrsbranche verlangt | |
er auch, dass die Landwirtschaft ihre Emissionen von derzeit 72 Millionen | |
Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalenten um 50 Prozent reduziert. | |
Die Bauern verursachen laut Umweltministerium immerhin 8 Prozent der | |
Treibhausgase in Deutschland. Zählt man die Emissionen hinzu, die | |
beispielsweise bei der Produktion von Mineraldüngern anfallen, kommt die | |
Agrarbranche sogar auf 15 Prozent. | |
In Hendricks’ ursprünglicher Fassung sah der Plan auch vor, den | |
Fleischkonsum mindestens zu halbieren – auf das Niveau, das | |
Ernährungswissenschaftler für gesund halten. Derzeit essen Männer pro Woche | |
im Schnitt fast doppelt so viel wie die von der Deutschen Gesellschaft für | |
Ernährung (DGE) empfohlenen maximal 600 Gramm Fleisch. | |
Zwar war die Forderung „50 Prozent weniger Fleisch“ nicht mehr im | |
Klimaschutzplanentwurf enthalten, nachdem er das Wirtschaftsministerium und | |
das Kanzleramt passiert hatte. Doch allen Experten ist klar: Wenn die | |
Landwirtschaft ihre Emissionen halbieren soll, muss sie weniger Tiere | |
halten – und die Deutschen müssen weniger Fleisch essen. | |
Denn im Moment sind dem Umweltministerium zufolge 35 Prozent der | |
Agrartreibhausgase Methan aus der Verdauung von Kühen und anderen | |
Wiederkäuern. Auch der Rest etwa aus Lachgasausstoß bei der Düngung und | |
Emissionen bei der Lagerung von Gülle rührt größtenteils aus der | |
Tierhaltung. | |
## Mehr Sozialleistungen für Lebensmittel | |
Aus diesen Gründen haben ausgerechnet die Wissenschaftlichen Beiräte für | |
Agrar- und Waldpolitik von Schmidts Ministerium zu einer Art Strafsteuer | |
auf Fleisch geraten. Für tierische Lebensmittel wie Milch, Käse oder Wurst | |
solle nicht mehr nur der ermäßigte Mehrwertsteuersatz in Höhe von 7 | |
Prozent, sondern die regulären 19 Prozent fällig werden, schrieben die | |
Berater in einem im September veröffentlichten Gutachten. | |
Würden alle ihren Konsum auf die von der DGE empfohlene Dosis reduzieren, | |
könnte Deutschland den Experten zufolge jährlich 22 Millionen Tonnen | |
Treibhausgas einsparen. Damit Arme nicht zu stark belastet werden, sollten | |
Sozialleistungen angepasst werden, Hartz-IV-Empfänger also mehr Geld für | |
Lebensmittel erhalten. | |
Da private Haushalte im Durchschnitt für tierische Produkte rund 100 Euro | |
pro Monat ausgeben, würden sie bei unveränderter Menge 11 Euro mehr | |
berappen müssen. Die Wissenschaftler gehen aufgrund von Studien davon aus, | |
dass wegen der Preiserhöhung rund 10 Prozent weniger solcher Lebensmittel | |
verkauft würden. | |
Schmidt ficht all das nicht an. Denn die deutsche Landwirtschaft ist sehr | |
abhängig von der Tierhaltung. Laut Statistischem Bundesamt arbeiten 83 | |
Prozent der Beschäftigten dieser Branche in Betrieben, die Rinder, Schweine | |
oder Legehennen halten. Schlachthöfe, Molkereien und andere verarbeitende | |
Unternehmen bieten schätzungsweise 440.000 Arbeitsplätze. | |
Der CSU-Politiker argumentiert, die Landwirtschaft habe eine „Sonderrolle“, | |
weil sie die „Kernaufgabe der Ernährungssicherung“ erledige. Deshalb müsse | |
sie ihren Treibhausgasausstoß nicht so stark senken. Dass die Bauern die | |
Ernährung sichern müssen, hat auch Hendricks nie bestritten. Sie bezweifelt | |
nur, dass die Landwirtschaft so viel Fleisch produzieren muss, um uns zu | |
ernähren. | |
2 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
## TAGS | |
Landwirtschaft | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Emissionen | |
Klima | |
Fleisch | |
Schlachthof | |
Landwirtschaft | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Fleisch | |
Fleischkonsum | |
Tierschutz | |
Fleischkonsum | |
Essen | |
Ukraine | |
Umwelt | |
Landwirtschaft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Peter Kossen über die Fleischindustrie: „Perfides System von Abhängigkeit“ | |
Prälat Peter Kossen nennt die Arbeitsumstände in der Fleischbranche | |
„sklavereiähnlich“. Der Mindestlohn hat wenig verbessert. | |
Zwiebelextrakt gegen Kuhpups: 25 Gramm am Tag | |
Methan aus Kühen heizt die Atmosphäre an. Zwiebelextrakt soll sie am Furzen | |
hindern. Eine Studie nennt jetzt eine konkrete Zahl. | |
Reduktion von Methan-Emission: Rinder, fresst mehr Leinsaat | |
Die Emissionen des extrem gefährlichen Klimagases Methan steigen dramatisch | |
an. Die Quellen lassen sich mit einfachen Mitteln stopfen. | |
Mehr Methan in der Luft: Rätselhafte Rekord-Emissionen | |
Der Methan-Ausstoß hat sich massiv beschleunigt – vor allem in den letzten | |
beiden Jahren. Die Gründe dafür sind unklar. | |
Einfluss des Klimawandels auf Rentiere: Rudolf ist zu dünn | |
Rentiere auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen werden immer | |
leichter, so eine Studie. Wegen niedriger Temperaturen gelangen sie oft | |
nicht an Futterpflanzen. | |
Israelisches Start-up Supermeat: Fleisch selbst machen | |
Ein israelisches Start-up will bald Fleisch verkaufen, das ohne tote Tiere | |
auskommt. Die Zellkulturen sollen zu Hause herangezüchtet werden können. | |
Umweltsteuer auf Fleisch: Der ganze Preis des Steaks | |
Die Menschen essen zuviel Fleisch. Was eine Emissionssteuer für | |
Lebensmittel daran ändern würde, haben nun Wissenschaftler errechnet. | |
Kommentar Fleischkonsum und Klima: Ran an die Buletten! | |
Tiere essen ist böse für’s Klima, und deshalb soll Fleischkonsum höher | |
besteuert werden. Das ist doch Quatsch. | |
Kommentar Klimaschutz und Ernährung: Fleisch muss teurer werden | |
Die Erzeugung einer Kalorie aus Fleisch verursacht weit mehr | |
Treibhausgasemission als eine pflanzliche Kalorie. Es braucht eine andere | |
Steuerpolitik. | |
Die Wahrheit: Hinfort, Satansbraten! | |
Wenn's ums Happahappa geht, hört bei den Deutschen der Spaß auf. Dann wird | |
das siechende Brutzelschwein aufs Blut gegen Fremde verteidigt. | |
Massentierhaltung in Europa: Frau Vdovichenko gegen die Hühner | |
Die Europäische Union fördert mit Krediten Massenställe in der Ukraine. In | |
den betroffenen Dörfern protestieren die Menschen dagegen. Ein Besuch. | |
Aus der zeozwei: „Wir wollen Hasen nur streicheln“ | |
Die Aufregung über eine Ernährung ohne Fleisch oder tierische Produkte ist | |
anhaltend groß. Dabei sind Veganer doch ganz friedlich. | |
Kommentar Veganer und Agrardemo: Am Ende verlieren Tiere und Bauern | |
Der Austritt der einzigen veganen Organisation im Trägerkreis der größten | |
Agrardemo schadet Tierrechtlern und -haltern. |