# taz.de -- Reduktion von Methan-Emission: Rinder, fresst mehr Leinsaat | |
> Die Emissionen des extrem gefährlichen Klimagases Methan steigen | |
> dramatisch an. Die Quellen lassen sich mit einfachen Mitteln stopfen. | |
Bild: Weniger Rinder essen, würde übrigens auch beim Klimaschutz helfen | |
BERLIN taz | Für schnelle Erfolge im Klimaschutz blicken Politiker und | |
Umweltschützer oft nur auf einen Gegner: das berühmt-berüchtigte | |
Kohlendioxid (CO2) aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas. Dabei wäre | |
der Kampf gegen Methan (CH4) deutlich effektiver. | |
Das ist ein Fazit des globalen [1][„Methan-Budget“], das die | |
Wissenschaftsvereinigung „Global Carbon Project“ kürzlich veröffentlicht | |
hat. Der Kampf gegen Methan wäre einfach umzusetzen und würde keine großen | |
Fragen zum Lebensstil aufwerfen. Eine „wachsende Chance für Klimaschutz, | |
der die Rückkehr zu niedrigeren Emissionsszenarien erlauben würde“, heißt | |
es in der Studie. | |
Die Methanwerte werden weltweit mit Erschrecken aufgenommen. Die | |
Konzentration des Gases steigt etwa zwanzigmal so schnell wie ums Jahr | |
2000. Das gehe bereits seit 2007 so, jetzt seien die Werte aber förmlich | |
explodiert. Jedes Molekül Methan heizt die Atmosphäre über den Zeitraum von | |
zehn Jahren 86mal so stark auf wie ein Molekül CO2 – dessen Ausstoß aus | |
fossilen Brennstoffen wächst seit drei Jahren nicht mehr. | |
„Das Ende des Anstiegs beim Kohlendioxid unterscheidet sich deutlich von | |
der aktuellen schnellen Zunahme beim Methan“, sagt Robert Jackson, | |
Professor für Erdsystemwissenschaft an der Stanford-Universität und | |
Mitautor des Berichts. Die Ergebnisse „bereiten uns Sorgen, liefern aber | |
auch die Möglichkeit, schnell etwas für den Klimaschutz zu tun“. | |
## Einfach mal das Leck stopfen | |
Denn für die CH4-Emissionen gäbe es vergleichsweise einfache Lösungen, | |
[2][heißt es in der Studie], die in den Environmental Research Letters | |
veröffentlicht wurde. Ein Teil des Methans stammt etwa aus Kohlegruben und | |
gefährdet auch Arbeiter. Es könne aufgefangen als Brennstoff genutzt oder | |
abgefackelt werden; Gaslecks in Pipelines und bei der Ausbeutung von Gas- | |
und Ölfeldern ließen sich relativ leicht aufspüren und abdichten; das | |
Faulgas Methan aus Mülldeponien ließe sich durch Abdeckung des Mülls | |
einsammeln und als Treibstoff verwenden; Biogasanlagen könnten aus dem | |
organischen Abfall wertvolles Brennmaterial machen; Wiederkäuer wie Kühe | |
rülpsen weniger Methan aus, wenn sie auf eine andere Diät, wie etwa mit | |
Leinsaat, gesetzt würden. | |
Auch Reisfelder könnten durch weniger Wasserzufuhr ihre Rolle als | |
Methanquellen deutlich verringern, sagt Mitautorin Marielle Saunois von der | |
Universität Versailles gegenüber der taz: „Es gibt viele Lösungen, das ist | |
nicht schwieriger als der Kampf gegen Kohlendioxid.“ | |
Komplizierter ist die Berechnung. Anders als Kohlendioxid, das aus genau | |
bestimmbaren Quellen wie Schornsteinen und Auspufftöpfen steigt, stammt das | |
meiste Methan aus diffusen Quellen: Sümpfen, Reisfeldern, Landwirtschaft, | |
Rindern und Gasfeldern. Etwa 60 Prozent der 550 Millionen Tonnen Methan, | |
die jährlich die Erde aufheizen, stammen aus menschlichen Aktivitäten. | |
Woher die plötzliche Zunahme der Gase kommt, wissen die Wissenschaftler | |
nicht genau. Sie vermuten dahinter die starke Zunahme von Ackerbau und | |
Viehzucht in den Tropen, aber auch den Fracking-Boom in den USA, andere | |
Müllentsorgung oder das verstärkte Ausgasen von Methan aus auftauenden | |
Permafrostböden in der Arktis. | |
## Methan taut auf | |
Bereits 2014 hatte eine schwedische Expedition im Polarmeer vor Sibirien | |
extrem hohe Werte von Methan im Meerwasser gemessen. Die Mission Swerus-C3 | |
fand den normalen Methangehalt in 500 bis 1.500 Metern Tiefe um das „Zehn- | |
bis Fünfzigfache“ überschritten. | |
Die Wissenschaftler hatten das als Hinweise gewertet, dass wärmeres Wasser | |
die Methanhydrate, gefrorenes Methan am Meeresboden, auftaute. Es war genau | |
die Zeit, in der sich nun im „globalen Methanbudget“ die großen Ausschläge | |
bei der Methan-Freisetzung zeigen. | |
Methanreduzierung als erste Hilfe für das Klima ist keine neue Idee. Seit | |
mehr als einem Jahrzehnt arbeiten Staaten, Unternehmen und Umweltgruppen in | |
der „Globalen Methan Initiative“ oder der „Climate and Clean Air Coalitio… | |
daran. Die zusätzlichen Methan-Emissionen könnten durch ihr extrem hohes | |
Erwärmungspotenzial alle Gewinne bei der CO2-Reduktion zunichtemachen, | |
warnen die Forscher. | |
13 Jan 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.globalcarbonproject.org/methanebudget/ | |
[2] http://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/11/12/120207 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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