# taz.de -- Umweltsteuer auf Fleisch: Der ganze Preis des Steaks | |
> Die Menschen essen zuviel Fleisch. Was eine Emissionssteuer für | |
> Lebensmittel daran ändern würde, haben nun Wissenschaftler errechnet. | |
Bild: Klimaschützer wollen eine Emissionssteuer für Fleischprodukte | |
BERLIN taz | Um die Klimaschäden bei der Produktion auszugleichen, müsste | |
Rindfleisch um 40 Prozent teurer werden. Andere Fleischsorten und Milch | |
würden einen Aufschlag von 20 Prozent benötigen. Das ist das Ergebnis einer | |
Studie der Universität Oxford, die auf globaler Ebene den Zusammenhang | |
zwischen Treibhausgasemissionen, Lebensmittelpreisen und Konsum untersucht. | |
„Wenn Sie 40 Prozent mehr für Ihr Steak zahlen müssten, dann würden Sie | |
sich eher dafür entscheiden, es nur noch einmal statt zweimal die Woche zu | |
essen“, sagt [1][Studienleiter Marco Springmann]. | |
Die Wissenschaftler stellten in Modellen die bei der Produktion | |
verursachten Emissionen und die daraus resultierenden Klimaschäden einem | |
höheren Preis und einem veränderten Konsumverhalten gegenüber. Die Bilanz: | |
Insgesamt könne eine Steuer auf Lebensmittel, die bei der Produktion | |
verursachte Treibhausgase berücksichtigt, im Jahr eine Milliarde Tonnen | |
Emissionen vermeiden – mehr, als derzeit vom globalen Flugverkehr | |
verursacht werden. Laut den Forschern ist es die erste Studie, die diesen | |
Zusammenhang auf globaler Ebene untersucht. | |
Was die Umsetzung angeht, appellieren die Wissenschafter an die Politiker, | |
die gerade an der Klimakonferenz in Marrakesch teilnehmen. „Die Emissionen | |
von Nahrungsmitteln in den Preis einzubeziehen, würde einen notwendigen | |
Beitrag leisten, die Klimaauswirkungen zu reduzieren“, sagt Springmann. | |
In Zahlen heißt das: Würde Rindfleisch weltweit 40 Prozent teurer, sänke | |
der Konsum um rund 13 Prozent. Stiege der Preis von Milch um mehr als 20 | |
Prozent, würde rund 7 Prozent weniger verkauft. Auch die Produktion von | |
Ölen ist laut den Forschern emissionsintensiv – in ihrem Modell bekommen | |
sie daher eine Preissteigerung von 25 Prozent. Die Preissteigerung für | |
Getreide und Reis würde unter 10 Prozent liegen, bei Gemüse wären es noch | |
etwa 2. | |
Neben den Auswirkungen einer Steuer auf die Treibhausgasemissionen | |
untersuchten die Wissenschaftler auch Effekte auf die Gesundheit. Ein durch | |
die Steuer verändertes Konsumverhalten würde demnach jährlich eine halbe | |
Million Todesfälle durch chronische, mit der Ernährung zusammenhängende | |
Krankheiten wie Typ-2-Diabetes vermeiden. | |
## Beihilfen für die Armen in Südostasien | |
Doch nicht in jeder Region der Welt lasse sich so eine Steuer einführen, | |
ohne negative Effekte zu erzielen. So gehe es etwa in Südostasien in erster | |
Linie um die Verfügbarkeit von Lebensmitteln. Beihilfen, die entweder | |
Menschen mit niedrigem Einkommen unterstützen oder den Kauf von Gemüse und | |
Obst erschwinglicher machen, seien daher hier besonders wichtig. | |
Auch der wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik des | |
Landwirtschaftsministeriums kommt in einem Gutachten vom September zu dem | |
Ergebnis, dass Steuern das Konsumverhalten merkbar lenken. Das zeigten etwa | |
Untersuchungen zu Steuern auf Tabak, Alkoholika und Süßigkeiten. Studien | |
zeigten außerdem: Die Reaktion auf Preisänderungen ist einerseits abhängig | |
vom Produkt. So würden die Verbraucher tendenziell bei Fleisch und Butter | |
eher ihr Konsumverhalten einem steigenden Preis anpassen als bei Quark oder | |
Gemüse. | |
Andererseits sei die Lenkungswirkung abhängig vom Alter, das legten etwa | |
Studien mit Rauchern nahe. Wer sich bereits über Jahre an ein bestimmtes | |
Konsummuster gewöhnt hat, wird daher wahrscheinlich nicht so schnell davon | |
abrücken – auch wenn das Fleisch teurer wird. | |
8 Nov 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.futureoffood.ox.ac.uk/people/marco-springmann | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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