# taz.de -- Entführter Oppositioneller in Belarus: „Ein Mann mit Eiern aus S… | |
> Der inhaftierte Blogger Roman Protassewitsch legt in einem Interview ein | |
> Geständnis ab und lobt Belarus' Machthaber. Alles deutet auf Folter hin. | |
Bild: Was ging dem Geständnis voraus? Roman Protassewitsch während des Interv… | |
KIEW taz | Manchmal sagen Hände mehr als Worte. Bei Roman Protassewitsch | |
war das so. Der Chef des staatlichen belarussischen Fernsehkanals ONT, | |
Marat Markow, war höchstpersönlich im Nadelstreifenanzug ins „Studio“, | |
einen fensterlosen Raum in den Kellern des Hochsicherheitstraktes des KGB | |
in Minsk, gekommen, um den oppositionellen Journalisten persönlich zu | |
interviewen. | |
Der war am 23. Mai [1][nach der erzwungenen Landung eines | |
Ryanair-Flugzeuges auf dem Weg nach Vilnius festgenommen] worden. Während | |
Protassewitsch seinen Geiselnehmer, Präsident Alexander Lukaschenko, in den | |
höchsten Tönen lobte, waren auch seine Handgelenke zu sehen: Sie wiesen | |
Spuren von Handschellen oder anderem Foltergerät auf. | |
Protassewitsch bekannte sich schuldig und räumte ein, Proteste in Belarus | |
organisiert zu haben. „Kurz nachdem ich die Dokumente mit der Anklage | |
erhalten habe, habe ich sofort meine Schuld nach Artikel 23.34 (des | |
Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten; Anm. d. Redaktion), der für nicht | |
genehmigte Veranstaltungen Strafen vorsieht, gestanden“, berichtete | |
Protassewitsch. Lukaschenko habe sich verhalten wie ein „Mann mit Eiern aus | |
Stahl“. Er werde mit den Ermittlern zusammenarbeiten und ein Geständnis | |
ablegen. | |
Einen Mitarbeiter des Stabes [2][der belarussischen Oppositionsführerin | |
Swetlana Tichanowskaja], Daniil Bogdanowitsch, bezichtigte er, hinter der | |
nicht geplanten Landung in Minsk zu stehen. Am Ende der Veranstaltung | |
bedeckte der Häftling sein Gesicht mit den Händen und weinte. | |
## Psychischer Druck | |
Sofort nach der Sendung äußerten sich die Eltern von Roman Protassewitsch. | |
Gegenüber dem russischen Sender Doschd erklärte der Vater, Dmitri | |
Protassewitsch, sein Sohn habe diese Aussagen unter Androhung von Gewalt | |
gemacht. „Ich kenne unseren Sohn und sehe, dass alles, was er da gesagt | |
hat, nicht von ihm ist.“ | |
Der Vater ist überzeugt davon, dass man seinen Sohn mit Folter, psychischem | |
Druck oder auch mit der Drohung, ihn zu töten, gefügig gemacht habe. Er | |
wundert sich, dass man zwar Journalisten die Möglichkeit gebe, mit seinem | |
Sohn zu sprechen, nicht jedoch Ärzten oder der Anwältin, die er fünf Tage | |
nicht mehr gesehen habe. | |
Die russische Anwältin Irina Birjukowa wundert sich über nichts mehr. | |
„Selbst, wenn er den Mord an Kennedy gestanden hätte, hätte mich das nicht | |
erstaunt“, so Birjukowa auf ihrer Facebook-Seite. „Was wir gesehen haben, | |
ist das Ergebnis von Folter“, kommentiert dort eine Olga Semjonowa. | |
Unterdessen berichtet der Stab des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten | |
Wiktor Babariko, ein Kamerateam des staatlichen Fernsehens sei im Gefängnis | |
eingetroffen, um dort die Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa zu | |
interviewen. Kolesnikowa, die im vergangenen September festgenommen worden | |
war, lehne jedoch eine Zusammenarbeit ab. | |
## Hoffen auf Auslieferung | |
Auch am Donnerstag hielten die Repressionen an. In Minsk wurden die | |
Journalisten Alexander Iwulin und Jaroslaw Pisarenko festgenommen, | |
berichtet die Menschenrechtsorganisation Wjasnja. Beide seien in Autos | |
weggebracht worden. In Witebsk wurde erneut der stadtbekannte | |
Oppositionelle Boris Chamaida festgenommen, so Wjasnja. | |
Die „Volksrepublik“ Lugansk hofft unterdessen weiter auf eine Auslieferung | |
des Häftlings Protassewitsch nach Lugansk. Dieser soll, so Vertreter der | |
„Volksrepublik“, mit der Waffe in der Hand gegen die „Volksrepublik“ | |
gekämpft haben. In diesem Zusammenhang hat sich die | |
Generalstaatsanwaltschaft der „Volksrepublik“ an Republikchef Leonid | |
Pasetschnik mit der Bitte gewandt, für besonders schwere Verbrechen die | |
Todesstrafe einzuführen. | |
4 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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