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# taz.de -- Repressionen in Russland und Belarus: Mehr Zuckerbrot als Peitsche
> Internationale Wissenschaftler*innen fordern die EU auf, eine
> Osteuropäische Universität zu gründen. Sanktionen und Boykotts reichten
> nicht mehr.
Bild: Studierende aus Minsk protestierten im Oktobervor der Belarusian State Un…
Berlin taz | Mehr Zuckerbrot, als Peitsche, weniger Lippenbekenntnisse, als
konkrete Aktionen: In einem offenen Brief fordern namhafte internationale
Wissenschaftler*innen und Journalist*innen die Europäische Union
dazu auf, sich für die Schaffung einer Osteuropäischen Universität stark zu
machen.
Angesichts sich massiv verstärkender Repressionen gegenüber den
Bevölkerungen in Russland und Belarus reichten [1][geschlossene Lufträume],
geplante Boykotts und Solidaritätsbekundungen nicht mehr aus. „Heute ist
mehr denn je klar, dass die Förderung von Bildung, Gesundheit und Mobilität
der Bürger*innen aus den Nachbarstaaten ein ausschlaggebender
Bestandteil für die europäische Stabilität ist“, heißt es in dem Schreibe…
An die EU ergeht die Aufforderung, einen Teil ihrer eingefrorenen
Hilfsgelder zur Unterstützung der Zivilgesellschaft, für Bildung und
Mobilität zu nutzen. Dazu bedürfe es großzügiger Regelungen und
Fördergelder für Visa, Zuschüsse und Stipendien sowie für akademische,
therapeutische und humanitäre Aufenthalte. „Für die Jugend Russlands,
Belarus`und anderer autoritärer Staaten müssen wir Chancen anbieten. Ein
Hoffnungsschimmer für die kommende Generation soll auf diesem Wege
entstehen.“ Die Verfasser*innen des Briefes verweisen darauf, dass die
EU entsprechende Instrumente bereits habe und nennen in diesem Zusammenhang
auf die „Östliche Partnerschaft“.
## Zivilgesellschaft als Adressat
Die „Östliche Partnerschaft“ ist 2009 aus der Europäischen
Nachbarschaftspolitik hervor gegangen und richtet sich an Armenien,
Aserbaidschan, Georgien, die Republik Moldau, die Ukraine und Belarus. Ihr
erklärtes Ziel ist es, die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und
gesellschaftlichen Beziehungen Brüssels zu diesen sechs Nachbarstaaten auf
der Grundlage gemeinsamer Werte zu fördern und auszubauen. Einer der
bevorzugten Adressaten dabei ist die Zivilgesellschaft. Zudem sollen
Entwicklungen unterstützt werden, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
freie Marktwirtschaft in den Zielländern stärken und fördern. Doch genau
diese Ziele würden in der Praxis bislang nur unzulänglich umgesetzt, heißt
es in dem Brief weiter.
Als Vorbilder bzw. positive Beispiele für die künftig zu schaffende
Universität werden unter anderem die Europäische Humanistische Universität
(EHU) sowie die Central European University (CEU) angeführt. Die EHU war
1992 in Minsk als Privatuniversität gegründet worden, musste jedoch nach
ihrer Schließung infolge massiven politischen Drucks 2005 in die litauische
Hauptstadt Vilnius umziehen. Die rund 1600 Student*innen kommen
größtenteils aus Belarus.
Die CEU, vom US-Milliardär Georges Soros gegründet und jahrelang in
Budapest beheimatet, war nach einer entsprechenden Intervention der
ungarischen Regierung unter dem bekennenden Illiberalen Viktor Orbán
gezwungen, 2019 ihren Campus nach Wien zu verlegen.
Manfred Sapper, Chefredakteur der Fachzeitschrift Osteuropa und
Mitunterzeichner des offenen Briefes, verweist auf die große Anzahl
belarussischer und russischer Studierender und
Universitätsmitarbeiter*innen, die von der Unterdrückung in ihren Ländern
betroffen seien. Dabei verstärkten sich [2][die dortigen Repressionen] wie
kommunizierende Röhren. „Die Schaffung einer Osteuropäischen Universität
ist auch ein Lackmustest für uns Europäer, für unsere eigenen Werte
einzustehen“, sagt Sapper.
Die Initiative, die eine konstruktive Antwort auf den destruktiven Kurs der
Regierungen in Moskau und Minsk sei, hält er durchaus für
erfolgversprechend. Besonders die unmittelbaren Nachbarn wie Polen und die
baltischen Ländern wüssten aus eigener Anschauung nur zu gut, unter welch
prekären Bedingungen junge Belaruss*innen lebten, die gezwungen gewesen
seien, ihr Land zu verlassen.
9 Jun 2021
## LINKS
[1] /Nach-Entfuehrung-von-Roman-Protassewitsch/!5776551
[2] /Entfuehrter-Oppositioneller-in-Belarus/!5776475
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
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Alexei Nawalny
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