# taz.de -- Enteignung von Immobilienfirmen: Nervöses Kapital | |
> Erstmals trafen der Konzernboss der Deutsche Wohnen und ein Vertreter der | |
> Enteignungs-Initiative aufeinander. Es kam zum heftigen Schlagabtausch. | |
Bild: Idylle war gestern: Um das Recht auf Wohnen wird gerungen | |
BERLIN taz | Über das Kapital heißt es, es sei scheu wie ein Reh. Sind die | |
Geschäfte noch so schmutzig, die Profiteure mögen es behaglich. Fast darf | |
es also als mutig betrachtet werden, dass auf die Konferenz der | |
Immobilienverbände und Thinktanks ReCon am Mittwochabend am Potsdamer Platz | |
in Berlin jemand wie Rouzbeh Taheri eingeladen war, einer der | |
[1][Initiatoren des Volksbegehrens] „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. | |
In geschützter Atmosphäre vor etwa 300 Wirtschaftsanwälten und anderen | |
Anzugträgern im Publikum und durch zwei weitere Podiumsgäste getrennt, | |
wagte sich [2][der Chef der Deutsche Wohnen] Michael Zahn zum ersten | |
direkten Streitgespräch mit Taheri auf die Bühne. Und doch war er nervös, | |
wie wohl die ganze Branche. Das „Agenda Setting hat die Immobilienbranche | |
bereits verloren“, hatte der Eröffnungsredner Christian Schulz-Wulkow, | |
Leiter des Immobiliensektors von Ernst & Young, gesagt: Bundesweit werde | |
über Enteignungen geredet. | |
Auch das Sicherheitslevel im und um den Atrium Tower spiegelte diese | |
Nervosität wider. Eine Hundertschaft Polizei hatte sich rings um den | |
Potsdamer Platz verteilt; wer hineinwollte, musste durch Schleusen wie am | |
Flughafen. Die Angst vor den Mietern der Stadt, die noch [3][am vergangenen | |
Wochenende zu Zehntausenden auf die Straße gegangen waren], scheint groß – | |
war aber unbegründet. | |
Zahn reagierte von Beginn an gereizt auf seinen Konkurrenten, bezeichnete | |
ihn wiederholt als „ideologisch“, „aggressiv“ und „laut“. Seine | |
Ausführungen gipfelten in der trotzigen Aussage: „Herr Taheri, wir lassen | |
uns nicht enteignen und werden nicht enteignet.“ Die Erwiderung kam prompt: | |
„Das entscheiden die Berliner.“ | |
## Beidseitiger Angriffsmodus | |
Auch Taheri, der nach eigener Aussage nicht gekommen war, um zu überzeugen, | |
sondern um der Immobilienlobby „die Wahrheit zu sagen“, ließ kein Bedürfn… | |
nach Harmonie erkennen. „Wenn Sie so weitermachen, wird in fünf Jahren die | |
Enteignung Ihr kleinstes Problem sein“, giftete er seinen Gegenüber an. | |
Der Deutschen Wohnen warf er vor, nach der Übernahme der ehemals kommunalen | |
Wohnungsbaugesellschaft GSW 2013 mit „Arroganz in die Stadt eingefallen zu | |
sein“. Der Konzern habe die Gesprächsgesuche von MieterInnen, Politik und | |
Öffentlichkeit über Jahre hinweg ignoriert. Das Volksbegehren sei eine | |
Folge dieser fehlgeschlagener Bemühungen, in einen konstruktiven Dialog zu | |
treten. | |
Zahn erwiderte, dass Probleme nicht durch „Ideologie“ zu lösen seien, und | |
verwies auf zahlreiche Mieterversammlungen und Vereinbarungen mit Bezirken, | |
die der Konzern abgeschlossen habe. Auch sei die durchschnittliche | |
Mieterhöhung von sechs Prozent in den vergangenen sechs Jahren das | |
Gegenteil einer aggressiven Mietenpolitik. Einen „Mietenwahnsinn“ erkenne | |
er nicht, dafür einen „Medienwahnsinn“. Das eigentliche Problem sei ein mit | |
der Linken-Senatorin Katrin Lompscher „ideologisch besetztes“ | |
Stadtentwicklungsressort, das den notwendigen Neubau verhindere. | |
Es war an Taheri, Zahn daran zu erinnern, dass die Deutsche Wohnen in | |
Berlin bislang überhaupt keine Wohnungen gebaut habe. Das Unternehmen sei | |
kein Wohnungsbaukonzern, sondern ein Spekulationskonzern, der Wohnungen | |
kauft, „um die Preise in die Höhe zu treiben“. Was die Enteignung bringe, | |
wenn doch keine neuen Wohnungen, wurde er gefragt. Taheri antwortete: „Eine | |
halbe Million Menschen kann nachts besser schlafen.“ | |
11 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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