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# taz.de -- Berliner Mietspiegel vorgestellt: Der gedämpfte Wahnsinn
> Der Mietenanstieg fällt niedriger aus als befürchtet. Senatorin Lompscher
> sieht den Erfolg politischer Maßnahmen, gibt aber keine Entwarnung.
Bild: Der Mietspiegel sorgt dafür, dass auch diese Wohnungen bald teurer werden
Berlin taz | Ist die ungebremste Preisspirale auf dem Berliner Mietmarkt
bereits durchbrochen? Der am Montag von Stadtentwicklungssenatorin Katrin
Lompscher (Linke) vorgestellte Mietspiegel 2019 zeigt zumindest in diese
Richtung. Demnach haben sich die Kaltmieten in Berlin zuletzt um 2,5
Prozent jährlich erhöht, auf nunmehr durchschnittlich 6,72 Euro pro
Quadratmeter. Das ist der niedrigste Anstieg seit zehn Jahren. Beim letzten
Mietspiegel 2017 musste Lompscher noch eine Erhöhung um 4,6 Prozent auf
damals 6,39 Euro verkünden. Nun sagt sie: „Der Mietenanstieg ist deutlich
gedämpft.“
Als Gründe nennt Lompscher Maßnahmen des rot-rot-grünen Senats. So dürfen
die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften ihre Mieten seit einer 2017
geschlossenen Kooperationsvereinbarung nur noch um maximal zwei Prozent
jährlich erhöhen; auch werde der Bestand der Gesellschaften von derzeit
über 300.000 Wohnungen wieder vergrößert. Bei privaten Vermietern greift
eine Kappungsgrenze von maximal 15 Prozent in drei Jahren. Dazu sorgen
inzwischen 57 Milieuschutzgebiete dafür, dass preistreibende
Luxussanierungen in 460.000 Wohnungen unterbunden werden können. Hinzu
kommt: Immer weniger BerlinerInnen ziehen um.
„Für eine Entwarnung wäre es deutlich zu früh“, erklärt die Bausenatorin
dennoch und will ausdrücklich nicht von anderen Maßnahmen wie etwa einer
Enteignung großer privater Wohnungskonzerne oder einem [1][Mietendeckel]
abrücken. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der die Mieten für eine Zeit
lang einfrieren soll, soll noch in diesem Jahr vorgelegt werden, hatte
Lompscher am Wochenende angekündigt. Die rechtliche Prüfung im Senat habe
ergeben, dass das Land die Kompetenzen für eine solche Maßnahme habe.
An den [2][Vorstandschef der Deutschen Wohnen, Michael Zahn], hat Lompscher
einen Brief geschrieben. Darin fordert sie den Konzern auf, darauf zu
verzichten, wie in der Vergangenheit gegen den Mietspiegel zu klagen.
Immerhin: Der Interessenverband der privaten Immobilienunternehmen BFW, der
an der Erstellung des Mietspiegels mitgewirkt hat, hat diesen in diesem
Jahr auch anerkannt. Genauso wie alle fünf weiteren beteiligten Mieter- und
Vermieterverbände.
## Mieterhöhungsspiegel
Der neue Mietspiegel gilt ab sofort und kann als Begründung für
Mieterhöhungen herangezogen werden. Die größten Anstiege müssen Mieter in
Altbauwohnungen befürchten. Für sie stiegen die Mieten in den vergangenen
zwei Jahren um durchschnittlich 3,8 Prozent. Die Oberwerte bei guter
Wohnungsausstatung liegen in den vor 1918 erbauten Wohnungen flächendeckend
bereits bei mehr als zehn Euro. Hier zeigen sich laut Berliner Mieterverein
die teuren Mietvertagsabschlüsse. Überdurchschnittliche Teuerungsraten gab
es auch für Wohnungen über 90 qm (3,1 Prozent) und Wohnungen in einfacher
Wohnlage (3 Prozent).
Die Sortierung nach einfacher, mittlerer und guter Wohnlage wurde komplett
überarbeitet und auf eine neue wissenschaftliche Grundlage gestellt. 53
Prozent der Kieze weisen demnach eine mittlere Lage auf, besonders Gebiete,
die bislang eine einfache Lage hatten, wurden hochgestuft.
Für die Berechnung des Mietspiegels werden ausschließlich Mieten
herangezogen, die sich in den vergangenen vier Jahren verändert haben.
Lompscher forderte vom Bund eine gesetzliche Nachbesserung; sie will den
Zeitraum auf zehn Jahre ausweiten.
Die Berliner Mietergemeinschaft sprach in einem nach der Pressekonferenz
übergebenen offenen Brief von einem „Mieterhöhungsspiegel“ und forderte,
alle Bestandsmieten in die Berechnung mit einzubeziehen. Zudem sollten die
Wohnungsbaugesellschaften angewiesen werden, ihre Mieten zu senken. Dies
sei „schnell umsetzbar und wirkungsvoll“ und hätte eine „dämpfende Wirk…
auf den kommenden Mietspiegel 2021“.
Zumindest die [3][Mieterhöhungen, die die Gewobag zuletzt für das Neue
Kreuzberger Zentrum ausgesprochen hatte], will der Senat wieder einfangen.
Die Gesellschaft hatte die Mieten für die etwa 300 Wohnungen erhöht und
dies mit möglichen, aber nicht realisierten Steigerungen seit 2008
begründet.
Wohnungsstaatssekretär Sebastian Scheel sagte der taz, die Erhöhungen seien
„nicht statthaft und müssen zurückgenommen werden.“ Diesbezüglich habe er
bereits Kontakt zu Gewobag-Chefin Snezana Michaelis aufgenommen. Der Senat
stünde im Wort: „Alte Mietverzichte dürfen keine Grundlage einer
Kalkulation sein“, so Scheel. Dies habe man in der Vergangenheit mündlich
vereinbart; müsse nun auch in eine Vereinbarung mit den
Wohnungsbaugesellschaften gegossen werden.
Dass die Gewobag ihre Maßnahmen trotz einer vereinbarten Kooperation nicht
mit dem Mieterrat des NKZ besprochen hat, nannte Scheel eine
„Kooperationspanne“. Mögliche Mietanpassungen zur Erhaltung der Bausubstanz
schloss der Staatssekretär nicht aus.
13 May 2019
## LINKS
[1] /Jurist-ueber-Mietendeckel/!5586885&s=Mietendeckel/
[2] /Deutsche-Wohnen-Chef-im-Interview/!5583589/
[3] /Mieten-im-Neuen-Kreuzberger-Zentrum/!5590036&s=Erik+peter/
## AUTOREN
Erik Peter
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