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# taz.de -- Mietendeckel in Berlin: Noch lange kein Deckel drauf
> Ein Mietendeckel kann vieles heißen: Stopp, Obergrenze, gültig bei Neubau
> oder nicht. Rot-Rot-Grün will einen scharfen Deckel, die Verwaltung
> schießt quer.
Bild: Der Mietendeckel soll drücken, was bisher nicht zu halten war
Berlin taz | Die rot-rot-grüne Koalition ist sich einig. Um die steigenden
Mieten in der Stadt einzufangen, braucht es einen Mietendeckel. Dieser ist
rechtlich zulässig und soll für mindestens fünf Jahre Mieterhöhungen
gesetzlich regulieren. Entsprechende Beschlüsse oder Willensbekundungen
gibt es dazu aus allen drei Parteien, auch die
Linke-Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher hat sich dafür
ausgesprochen.
Doch die Einigkeit täuscht. Denn wie ein Mietendeckel ausgestaltet sein
soll, darüber gibt es ganz unterschiedliche Ideen. Mindestens drei sich
teilweise überlappende Modelle sind momentan im Gespräch: Erstens ein
Modell, das mit dem Begriff Mietenstopp besser beschrieben wäre und alle
Mieten auf ihrem derzeitigen Niveau einfrieren will. Dieses Modell wird
insbesondere von der SPD vertreten. Die Bundestagsabgeordnete Eva Högl und
der stellvertretende Landesvorsitzende Julian Zado hatten Mitte Januar als
Erste einen zuvor erschienen Fachartikel zum Anlass genommen, einen
Mietendeckel für Berlin [1][zu fordern] – auch als Gegenentwurf zu einer
[2][Enteignung großer Immobilienkonzerne].
Das zweite Modell ist ein Mietendeckel, der seinem Namen gerecht wird und
eine Mietobergrenze festlegt, die nicht überschritten werden darf. Je nach
Ausgestaltung könnte es verschiedene Höhen etwa nach Baujahr, Wohnungsgröße
oder Ausstattung geben. Erzwungen werden könnten dann auch Mietsenkungen in
Wohnungen, deren Mieten über der definierten Höchstgrenze liegen. Vor allem
in der Linkspartei und bei den Grünen stößt das auf Zuspruch. Dort wünscht
man sich zudem die Anwendung auf Neuvermietungspreise, die dann ebenfalls
dieses Niveau nicht übersteigen dürften. Im Gespräch ist auch, die Umlage
von Kosten energetischer Sanierungen zu begrenzen.
Über ein drittes Modell berichtete am Dienstag der [3][Tagesspiegel]. In
dem auch der taz vorliegenden Entwurf aus der Stadtentwicklungsverwaltung
wird von einer Mietobergrenze gesprochen, bis zu deren Höhe Erhöhungen
weiter möglich sein sollen, die aber Senkungen ausschließt. Wörtlich heißt
es: „Die gegenwärtige Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt rechtfertigt
ein generelles Aussetzen von Mieterhöhungen nicht.“ Stattdessen gebiete die
Wohnungsmarktsituation „Maßnahmen mit Augenmaß“. Es ist der mit Abstand
zahnloseste aller kursierenden Vorschläge.
## Lahmt Lompscher?
Da Senatorin Lompscher erst am Wochenende am Rande des Linken-Parteitages
angekündigt hatte, noch im Juni dem Senat einen Gesetzesvorschlag
vorzulegen, ließ das Papier aufhorchen. Wird sie eine Variante vorlegen,
die selbst hinter die Forderungen der SPD zurückfällt?
Auf Anfrage der taz heißt es dazu am Mittwoch aus der Verwaltung: Bei dem
vorliegenden Papier „handelt es nicht um den Entwurf des Mietendeckels,
sondern um einen Beitrag zur Diskussion um den Mietendeckel“. Die
Diskussionen in der Arbeitsgruppe der beteiligten Verwaltungen samt
MietrechtsexpertInnen seien weiter im Gange.
Noch deutlicher werden die Fachpolitiker der Koalition. Gaby Gottwald, die
zuständige Linken-Abgeordnete, sagte der taz: „Der Vorschlag ist weder
autorisiert, noch vertritt er die Meinung der Behördenleitung oder der
Koalition.“ Die Grünen-Stadtentwicklungsexpertin Katrin Schmidberger
spricht von einem „Störmanöver aus der Verwaltung gegen die Politik der
Koalition“. Eigentlich sei man sich einig: Alle wollten einen „scharfen
Deckel“.
Lompscher selbst soll über den an die Presse durchgestochenen Entwurf aus
ihrer Verwaltung not amused gewesen sein. Denn der ist kein Einzelfall:
Immer wieder kommt es aus ihrer Verwaltung, teilweise von namentlich
bekannten Mitarbeitern, zu Störfeuern und öffentlich gemachten Vorschlägen,
die die Position der Senatorin hintertreiben. So war es schon bei einer
[4][Neuregelung der Mieten im sozialen Wohnungsbau] oder bei der Bekämpfung
von Zweckentfremdung.
Am 5. Juni wird sich die koalitionsinterne Runde der Fachpolitiker ein
weiteres Mal mit Senatorin Lompscher treffen, um die Eckpunkte für den
Gesetzesvorschlag zu beratschlagen. An einem Einfrieren der Mieten auf
ihrem aktuellen Niveau sind alle Beteiligten interessiert.
SPD-Fachpolitikern Ines Spranger etwa sagt: „Wir brauchen einen Deckel, der
für alle wirkt.“ Mietobergrenzen, die noch Luft für weitere Erhöhungen
lassen, lehnt sie ab. Offen ist, wie weit der Vorschlag darüber hinausgehen
wird. Zieht der Deckel Senkungen nach sich und werden auch die Mieten im
Neubau auf eine Obergrenze festgelegt? Auf jeden Fall wird sich die
Verwaltung strecken müssen.
15 May 2019
## LINKS
[1] /Teures-Wohnen/!5565250
[2] /Enteignung-von-Immobilienfirmen/!5587292
[3] https://www.tagesspiegel.de/berlin/entwurf-fuer-mietendeckel-lompscher-will…
[4] /Mietenpolitik-im-sozialen-Wohnungsbau/!5384457
## AUTOREN
Erik Peter
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