# taz.de -- Jurist über Mietendeckel: „Mieterhöhungen wären verboten“ | |
> Wie ein Mietendeckel à la SPD funktionieren könnte, erläutert der Jurist | |
> Markus Artz. Teure neue Verträge würden sogar billiger. | |
Bild: Das Thema Mieten bewegt Berlin: Auf der #Mietenwahnsinn-Demonstration am … | |
taz: Herr Artz, stark steigende Wohnungskosten sind ein Problem in vielen | |
Städten. Einen sogenannten Mietendeckel könnte das Land Berlin einführen, | |
haben Sie nun in Ihrem Gutachten für die SPD-Fraktion der Hauptstadt | |
erläutert. Was würde das für die Mieter*innen bringen? | |
Markus Artz: Bei laufenden Verträgen wäre es für einige Jahre verboten, die | |
Wohnungskosten zu erhöhen. Wenn Wohnungen neu vermietet werden, müssten | |
hohe Mieten aus früheren Mietverträgen in etwa auf das ortsübliche Niveau | |
sinken. Diese Verträge würden also billiger. Aber es sollte auch eine | |
Ausnahme von dieser Regel geben: Immobilienbesitzer, die in ihre Häuser | |
investieren, müssen weiterhin einen Teil der Kosten auf die Mieter umlegen | |
können. | |
Dies gälte in Berlin flächendeckend? | |
Ja, für alle Mietverträge in freifinanzierten Wohngebäuden im kompletten | |
Stadtgebiet. | |
Ließen sich mittels des Deckels die Mieten bei laufenden Verträgen auch um | |
beispielsweise 10 Prozent senken? | |
Nein. Man sollte davon absehen in der Form in laufende Verträge | |
einzugreifen, dass eine wirksam vereinbarte Miete gesenkt werden muss. Die | |
Auswirkungen des Mietendeckels müssen vor dem Hintergrund des enormen | |
Eingriffs in das Eigentum des Vermieters stets verhältnismäßig sein. | |
Wäre das auch in anderen Bundesländern möglich? | |
Dies hängt unter anderem davon ab, was in der jeweiligen Landesverfassung | |
steht. In Berlin garantiert der Artikel 28 das Recht auf Wohnraum. Darauf | |
stützt sich unser Vorschlag des Mietendeckels. In Hessen und Hamburg wird | |
diskutiert, ob ein solches Gesetz sinnvoll ist, und wie man dies | |
ermöglichen kann. In Flächenländern allerdings gälte ein solches Gesetz | |
nicht für alle Wohnungen, sondern nur für Städte und Gebiete mit | |
angespanntem Wohnungsmarkt. So ist heute bereits die Mietpreisbremse | |
geregelt. | |
Diese hat der Bund eingeführt, wobei sie nicht richtig funktioniert. Liegt | |
ein schwerwiegender Eingriff wie der Mietpreisdeckel überhaupt in der | |
Kompetenz der Länder? | |
In unserem Gutachten vertreten mein Kollege Franz Mayer und ich die | |
Auffassung, dass es keine ausschließliche Kompetenz des Bundes für das | |
Mietpreisrecht gibt. Ganz im Gegenteil liegt die primäre Regelungskompetenz | |
bei den Ländern. Wenn der Bund nicht umfassend handelt, und das tut er in | |
diesem Fall nicht, können die Länder agieren. | |
Mieterhöhungen zu untersagen, beschränkt die Verfügungsgewalt der | |
Immobilienbesitzer über ihr Eigentum. Ihr Gewinn würde beschnitten. Ist das | |
rechtlich zulässig? | |
Das ist kein Problem. Die Begrenzung ist ja heute bereits ein Bestandteil | |
des Mietrechts. Zum Beispiel dürfen Vermieter in angespannten | |
Wohnungsmärkten die Mieten nur um 15 Prozent innerhalb von drei Jahren | |
anheben. Der Mietendeckel stellt lediglich eine strengere Begrenzung dar. | |
Die Berliner SPD sieht darin auch eine Alternative zur umstrittenen | |
Enteignung großer Wohnungsunternehmen, die momentan gefordert wird. Könnten | |
sich beide Ansätze ergänzen? | |
Die beiden Maßnahmen setzen an völlig unterschiedlichen Punkten an. Der | |
Mietendeckel betrifft zum Beispiel alle Wohnungsvermieter, auch kleinere. | |
Ich halte ihn für das geeignete Instrument, die Wohnungskosten in der | |
gegenwärtigen Lage wirksam zu regulieren, ohne so dramatisch in das | |
Eigentum einzugreifen. Das Volksbegehren zur Enteignung der großen | |
Wohnungsunternehmen zielt dagegen nur auf einen kleinen Teil des Markts. | |
19 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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