# taz.de -- EU-Programm zur Halbleiterproduktion: Mehr Chips für Europa | |
> Die Industrie leidet unter fehlenden Mikrochips. Das will die | |
> EU-Kommission nun ändern – und nimmt dafür reichlich Geld in die Hand. | |
Bild: Ohne Halbleiter läuft nichts: Porsche-Fertigung in Leipzig | |
BRÜSSEl taz | Erst verkündete EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen die | |
frohe Botschaft, dann durften drei Kommissare die Details präsentieren: Mit | |
einem „European Chips Act“ und viel Tamtam will die Brüsseler Behörde die | |
Produktion von Mikroprozessoren ankurbeln und die „digitale Souveränität“ | |
der EU sichern. | |
Dabei geizt die Kommission nicht: Insgesamt sollen mehr als 43 Milliarden | |
Euro mobilisiert werden, sagte von der Leyen am Dienstag in Brüssel. Davon | |
seien fast 30 Milliarden bereits in Programmen wie der | |
EU-Forschungsförderung Horizont Europa oder nationalen Vorhaben eingeplant. | |
Nun sollen noch einmal 11 Milliarden aus öffentlichen und privaten Töpfen | |
hinzukommen. Um das zu schaffen, will Brüssel ein Tabu brechen und | |
nationale Beihilfen von bis zu 100 Prozent zulassen, wie | |
Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagte. Das bedeutet: Private | |
Chipfabriken dürfen auf Staatskosten gebaut werden. | |
Zudem lässt die Kommission alle Hemmungen fallen, wenn es um die Nähe zur | |
Industrie geht. Internationale Chipkonzerne wie Intel, TSMC und | |
GlobalWafers sollten zu günstigen Konditionen nach Europa gelockt werden, | |
sagte Binnenmarktkommissar Thierry Breton, der als Anhänger einer aktiven | |
Industriepolitik gilt. Nur mit harten Bandagen, so heißt es in Brüssel, | |
lasse sich der Rückstand gegenüber Ländern wie den USA, Taiwan oder China | |
aufholen und der Mangel an Mikrochips beheben. [1][Vor allem | |
Autohersteller] und Elektronikkonzerne klagen über die Misere, die die | |
Produktion behindert. | |
Mittelfristig soll der Marktanteil der EU an der weltweiten Chipproduktion | |
auf ein Fünftel verdoppelt werden, erklärte Vestager. Neben der heimischen | |
Industrie denke man dabei selbstverständlich auch an den Export. Solange in | |
Europa noch Mangel herrsche, seien aber auch Exportbeschränkungen denkbar. | |
## Startschuss für Standortwettbewerb | |
[2][Halbleiter gelten als Schlüsseltechnologie]. Bis vor Kurzem setzte die | |
EU-Kommission bei der Beschaffung noch auf internationale Hersteller und | |
liberalisierte Märkte. Neuerdings ist in Brüssel jedoch immer mehr von | |
einer „strategischen Autonomie“ die Rede – ohne Chips „made in Europe“ | |
lässt sie sich jedoch kaum erreichen. | |
Mit ihrer Initiative gibt die EU-Kommission nun den Startschuss für einen | |
harten Standort- und Subventionswettbewerb mit den USA, aber auch innerhalb | |
Europas. Vor allem Deutschland und Frankreich rechnen sich gute Chancen aus | |
– die beiden größten EU-Länder können mit den meisten Staatsbeihilfen | |
locken. | |
Das Bundeswirtschaftsministerium sieht darin kein Problem. „Damit stärkt | |
die Kommission die Halbleiterproduktion in Europa. Das erhöht auch die | |
Sicherheit unserer Unternehmen, vermeidet Produktionsausfälle und | |
Lieferengpässe“, sagte die parlamentarische Staatssekretärin im | |
Wirtschaftsministerium, Franziska Brantner. | |
Skeptischer äußerte sich ihre grüne Parteifreundin Anna Cavazzini, die den | |
Binnenmarktausschuss im Europaparlament leitet. „Leider bleiben die Pläne | |
der Kommission weit hinter den Erfordernissen des [3][EU Green Deal] und | |
der Klimakrise zurück“, sagte sie. Die Brüsseler Behörde habe sich zu wenig | |
um die Kreislaufwirtschaft, also die Wiederverwendung von Chips und ihren | |
Rohstoffen, gekümmert, so Cavazzini. Auch die geplanten Ausfuhrkontrollen | |
seien problematisch. | |
8 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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