# taz.de -- Dritte Phase des Nahostkriegs: Militär soll gezielter töten | |
> Israel kündigt an, die Zahl der Bodentruppen zu reduzieren. Zudem soll es | |
> weniger flächendeckenden Bombardements geben. | |
Bild: Khan Junis, Gaza, 07.01.2024: ein durch israelischen Beschuss zerstörtes… | |
JERUSALEM taz | Was sich seit einigen Wochen abzeichnete, hat das | |
israelische Militär (IDF) nun offiziell bestätigt: Sprecher Daniel Hagari | |
erklärte der US-amerikanischen Tageszeitung New York Times am Montag, die | |
IDF gingen nun zu einer neuen Phase im Krieg gegen die Hamas in Gaza über. | |
Sie soll weniger intensiv ausfallen als die bisherigen Kämpfe, die Stärke | |
der Bodentruppen soll deutlich reduziert werden, ebenso die Zahl der | |
Luftschläge. | |
Bereits am 31. Dezember hatte Hagari angekündigt, dass einige israelische | |
Soldaten aus Gaza nach Israel zurückkehren sollen – auch um dem Mangel an | |
Arbeitskräften in der israelischen Wirtschaft entgegenzuwirken. | |
Damit beginnt die dritte Phase des Krieges. Die erste begann direkt nach | |
dem [1][Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober]: Mit | |
großflächigen Luftschlägen sollten die überirdischen Strukturen der Hamas | |
zerstört werden, die Zivilbevölkerung wurde zur Evakuierung des Nordens | |
aufgerufen. | |
Im Oktober begann die zweite Phase, die sich auf die Eroberung des Nordens | |
und weiterer Gebiete im Zentrum und Süden von Gaza konzentrierte. Dabei | |
wurden Tunnel und Waffenlager zerstört. Erklärtes Ziel war außerdem, die am | |
7. Oktober entführten israelischen Geiseln zu befreien. | |
## Anhaltende internationale Kritik | |
Es ist zu erwarten, dass in der dritten Phase gezielt die verbliebenen | |
Hamas-Führungskader getötet oder gefangen genommen werden sollen und die | |
Zeit nach dem Krieg im Gazastreifen vorbereitet werden soll. Die Phase | |
wird wohl weniger intensiv ausfallen, aber viel Zeit in Anspruch nehmen. | |
Die ersten beiden Phasen kosteten vor allem auf palästinensischer Seite | |
viele das Leben, auch einer hohen Zahl von Zivilistinnen und Zivilisten. | |
Über [2][22.500 Menschen sind laut dem Gesundheitsministerium der | |
Palästinensischen Autonomiebehörde] bisher in dem Krieg ums Leben gekommen, | |
über 58.000 wurden verletzt. Die Zahlen werden nach Angaben des | |
Ministeriums durch Abfragen bei Krankenhäusern und dem Roten Halbmond | |
ermittelt. | |
Das israelische Militär gab an, in Gaza bisher über 8.000 Terroristen | |
getötet zu haben. Auch in den eigenen Reihen fordert der Konflikt | |
ungewöhnlich hohe Verluste, 185 israelische Soldatinnen und Soldaten wurden | |
getötet. | |
Die hohen Todeszahlen sowie die [3][katastrophale humanitäre Lage im | |
Gazastreifen] rufen anhaltende internationale Kritik hervor, auch seitens | |
der USA. Zum fünften Mal seit dem 7. Oktober ist Außenminister Antony | |
Blinken seit Montagabend in Israel zu Besuch und trifft unter anderem | |
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joaw | |
Gallant. | |
## Für die USA geht es um viel | |
Die US-Regierung unter Präsident Joe Biden pocht seit Wochen auf eine | |
signifikante Verbesserung der humanitären Lage in Gaza. Biden hatte am | |
Montag selbst bekannt gegeben, dass er daran arbeite, die militärische | |
Präsenz Israels im Gazastreifen signifikant zu reduzieren. Auch für die | |
US-Regierung steht einiges auf dem Spiel: Biden muss sich im kommenden | |
November den US-Wahlen stellen. Vor allem junge Wählerinnen und Wähler der | |
Demokraten sind laut Umfragen mit der anhalten Unterstützung Israels durch | |
ihre Regierung unzufrieden. | |
Für [4][Spannungen zwischen den USA und Israel] sorgt auch die Frage, wie | |
Gaza nach dem Ende des Krieges gegen die Hamas aussehen soll. Wie die taz | |
immer wieder berichtete, [5][fantasieren rechte Hardliner] wie der | |
umstrittene Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, öffentlich | |
von einem Gaza ohne Palästinenser. Dies ist jedoch bislang nicht offizielle | |
Regierungspolitik. Auch Washington betonte, Gaza sei palästinensisches Land | |
und solle dies auch bleiben, nur eben ohne die Kontrolle der Hamas. | |
Vor etwa einer Woche unterbreitete Gallant dem Sicherheitsausschuss den | |
Plan des Militärs für den „Tag danach“ in Gaza. Diesem Plan zufolge soll | |
die Hamas das Gebiet nicht mehr kontrollieren. Das israelische Militär | |
solle für die Sicherheit im Küstenstreifen zuständig sein und die Option | |
haben, dort Operationen durchzuführen. | |
Die Grenzsicherung soll in Kooperation mit Ägypten durchgeführt werden, | |
eine multinationale Taskforce unter US-Führung soll sich um den | |
Wiederaufbau und zivile Angelegenheiten kümmern. Außerdem soll eine lokale | |
Zivilverwaltung aufgebaut werden. Von einer anhaltenden Zivilpräsenz | |
Israels sprach er nicht. | |
9 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Lisa Schneider | |
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