# taz.de -- Beschlüsse beim EU-Gipfel: Sanktionen und ein „Megadeal“ | |
> In Brüssel haben die Staats- und Regierungschefs neue Sanktionen gegen | |
> Russland beschlossen. Auch der europäische Gaspreisdeckel soll kommen. | |
Bild: Hat sich lange gegen den Gaspreisdeckel gewehrt: Bundeskanzler Scholz | |
BRÜSSEL dpa | Beim letzten regulären Gipfel des Jahres haben die Staats- | |
und Regierungschefs der EU-Staaten etliche Streitpunkte aus dem Weg | |
geräumt. Am Ende eines vom russischen Krieg gegen die Ukraine geprägten | |
Jahres wahrten die 27 Staaten so nach einigen Blockaden und viel Mühe | |
Geschlossenheit. | |
Zu den Einigungen, die am Donnerstag in Brüssel erzielt wurden, gehören | |
unter anderem das neunte Paket mit Russland-Sanktionen sowie die | |
Vereinbarung, diesen Montag einen [1][europäischen Gaspreisdeckel] zu | |
beschließen. Anders als sonst üblich, war dafür diesmal nicht einmal eine | |
Sitzung bis tief in die Nacht nötig. | |
Monatelang hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dagegen gewehrt, | |
politisch einen Höchstpreis für Gas festzulegen, weil er die | |
Versorgungssicherheit gefährdet sieht. Nun verständigte sich der EU-Gipfel | |
darauf, dass die Arbeiten daran bei einem Treffen der Energieminister an | |
diesem Montag abgeschlossen werden. Scholz hofft jedoch, dass der | |
Preisdeckel nie greifen wird. „Der Preisdeckel (…) wird allerdings so hoch | |
sein, dass ich hoffe, dass er niemals relevant wird“, sagte Scholz nach dem | |
Gipfel. | |
Die EU-Kommission hatte unter dem Druck von Preisdeckel-Befürwortern | |
vorgeschlagen, den Preis für Gas, das am Großhandelsplatz TTF verkauft | |
wird, unter bestimmten Umständen bei 275 Euro pro Megawattstunde zu | |
deckeln. Im Gespräch ist nun eine niedrigere Grenze von 180 bis 220 Euro. | |
## Streit um Ungarn-Paket beigelegt | |
Nachdem Polen am Donnerstag letzte Bedenken gegen eine wichtige Richtlinie | |
für die internationale Mindeststeuer für große Unternehmen ablegte, fiel am | |
Rande des Gipfels auch der formale Beschluss für vier bereits am Montag | |
vereinbarte Entscheidungen. Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft sprach | |
von einem Megadeal. Dazu gehört, [2][Ungarn wegen unzureichender | |
Korruptionsbekämpfung] bis auf Weiteres 6,3 Milliarden Euro aus dem | |
EU-Gemeinschaftshaushalt vorzuenthalten. Zudem geht es um umfangreiche | |
EU-Hilfen für die Ukraine, den ungarischen Plan zur Verwendung von | |
Corona-Hilfen und die Richtlinie für die internationale Mindeststeuer. | |
## Russland-Sanktionen, die Neunte | |
Wohl kein Thema hat die Staats- und Regierungschefs in diesem Jahr so sehr | |
beschäftigt wie der russische Krieg gegen die Ukraine und seine | |
Auswirkungen. Schon kurz vor Kriegsbeginn hatten die EU-Staaten das erste | |
Paket mit Sanktionen beschlossen, die die russische Wirtschaft empfindlich | |
treffen sollten. | |
Am Donnerstag brachte der Ausschuss der ständigen Vertreter der | |
Mitgliedstaaten nun den Beschluss für [3][das neunte Paket auf den Weg]. | |
Vorgesehen sind etwa Strafmaßnahmen gegen russische Banken und zusätzliche | |
Handelsbeschränkungen – aber auch Anpassungen, die unkomplizierte russische | |
Nahrungsmittel- und Düngemittelexporte in Entwicklungs- und Schwellenländer | |
ermöglichen sollen. | |
Zudem gab es beim Gipfel [4][gute Nachrichten für Bosnien und Herzegowina]: | |
Das Land gehört nach einer Entscheidung der Staats- und Regierungschefs ab | |
sofort zum Kreis der EU-Beitrittskandidaten. Grund für den Beschluss ist | |
auch die Sorge, dass sich das Balkanland mit etwa 3,3 Millionen Einwohner | |
ansonsten Richtung Russland oder China orientieren könnte. | |
Kanzler Scholz betonte nach dem Gipfel, dass die Regierung in Sarajevo noch | |
viel Arbeit vor sich habe. „Klar ist für uns, dass Bosnien-Herzegowina vor | |
dem Beginn der konkreten Verhandlungen noch substanzielle Reformen umsetzen | |
muss“, sagte er. Zuletzt hatte die EU die Ukraine und Moldau offiziell zu | |
Beitrittskandidaten ernannt. | |
## Handelsstreit mit den USA droht | |
Wie soll die EU auf ein milliardenschweres, wohl gegen internationale | |
Handelsregeln verstoßendes Investitionsprogramm der USA reagieren? Auf | |
diese Frage werden die Staaten im kommenden Jahr eine Antwort geben müssen. | |
Das dürfte nicht einfach werden. | |
So sprach sich der französische Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag | |
dafür aus, mit einem europäischen Unterstützungsprogramm zu reagieren – | |
notfalls ebenfalls unter Missachtung von Handelsregeln. Scholz machte | |
hingegen deutlich, dass er Zugeständnisse von den USA erwartet und | |
skeptisch gegenüber einem neuen europäischen Investitionsprogramm | |
ist.Vereinbart wurde beim Gipfel, dass die EU-Kommission von Ursula von der | |
Leyen bis Ende Januar konkrete Vorschläge zum Schutz des | |
Wirtschaftsstandortes Europa erarbeiten soll. | |
Das Programm der USA sieht milliardenschwere Investitionen in den | |
Klimaschutz und Soziales vor. Nach Ansicht der EU-Kommission werden dadurch | |
EU-Firmen gegenüber der US-Konkurrenz benachteiligt. So sind Subventionen | |
und Steuergutschriften unter anderem daran geknüpft, dass Unternehmen | |
US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. | |
16 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Plan-fuer-EU-weiten-Preisdeckel/!5899150 | |
[2] /Ungarn-Politik-der-EU/!5902542 | |
[3] /EU-Gipfel-zum-Ukraine-Krieg/!5902903 | |
[4] /EU-Beitrittskandidat-Bosnien-und-Herzegowina/!5899025 | |
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