Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit über Korruption: EU und Ungarn schließen Deal
> Wegen mutmaßlichen Missbrauchs von Fördermitteln geht die EU hart gegen
> Ungarn vor. Trotzdem reagiert Premier Viktor Orbán gelassen.
Bild: Hat der EU einen Kompromiss abgerungen: Ungarns Ministerpräsident Viktor…
Brüssel taz | Die EU macht Ernst: Nach monatelangem Zögern werden Ungarn im
Streit um den Rechtsstaat und die Korruption milliardenschwere EU-Hilfen
entzogen. Allerdings geht es nur noch um 6,3 Milliarden Euro – und nicht um
7,5 Milliarden, wie die EU-Kommission empfohlen hatte. Die Regierung des
Rechtspopulisten Viktor Orbán reagierte gelassen – denn im Gegenzug hat sie
sich weitere Milliardenhilfen aus dem Corona-Aufbaufonds gesichert.
Die Entscheidung fiel nach einer [1][Sondersitzung der EU-Botschafter in
Brüssel]. Zuvor hatte sich vor allem Deutschland für Kürzungen nach dem
neuen Rechtsstaatsmechanismus starkgemacht. Europa-Staatsministerin Anna
Lührmann sprach von einem „historischen Signal“. Es zeige, dass „Werte w…
Rechtsstaatlichkeit nicht verhandelbar sind“. Orbán habe sein „Blatt
überreizt“.
Der rechte Regierungschef konnte sich lange auf die Unterstützung der
Osteuropäer und auf die konservative [2][Europäische Volkspartei (EVP)
verlassen, der auch CDU und CSU angehören]. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs
hat er sich jedoch zunehmend isoliert. Orbán sprach sich gegen neue
Russland-Sanktionen aus und blockierte Ukraine-Hilfen mit einem Veto. Damit
verscherzte er es sich sogar mit Polen.
Für die Einigung war eine qualifizierte Mehrheit nötig. Das heißt, dass
mindestens 15 der 27 EU-Staaten zustimmen müssen, die zudem mindestens 65
Prozent der EU-Gesamtbevölkerung vertreten. Um diese Supermehrheit musste
Deutschland bis zuletzt bangen. Neben Polen drückte sich die neue
Rechtsregierung in Italien lange um eine Entscheidung. Nur die
Beneluxstaaten waren auf der harten deutschen Linie.
## „Wir haben unsere Ziele erreicht“
Im Ergebnis soll Ungarn nun aber auch Milliardenhilfen aus dem
Corona-Aufbaufonds erhalten. Die Zahlungen von bis zu 5,8 Milliarden Euro
sollen jedoch erst erfolgen, wenn 27 „Meilensteine“ erfüllt sind. Diese
betreffen zum Beispiel die Wirksamkeit der neu eingerichteten
Integritätsbehörde zur Überprüfung mutmaßlicher Korruptionsfälle. Ungarn
hat mit der Umsetzung dieser Bedingungen begonnen, 2023 soll alles fertig
sein.
Das ist wohl der Grund dafür, dass sich die Regierung in Budapest zufrieden
zeigt. „Wir haben unsere Ziele erreicht“, erklärte der ungarische
Chefunterhändler Tibor Navracsics am Dienstag auf einer Pressekonferenz in
Budapest. Bis Jahresende werde man sich über die EU-Fonds einigen. Im April
oder Mai nächsten Jahres würde die Blockade der Mittel beendet sein.
„Ungarn wird die EU-Mittel abrufen können“, fügte der Minister hinzu.
Laut EU-Diplomaten geht der Deal aber noch weiter: Ungarn habe zugesagt,
sein [3][Veto gegen neue EU-Finanzhilfen für die Ukraine] und gegen eine
weltweite Mindeststeuer für Unternehmen aufzugeben. Damit könne man auch
auf den Plan B für die Ukraine verzichten. Der sah vor, 18 Milliarden Euro
an Hilfskrediten durch Garantien aus 26 EU-Ländern – ohne Ungarn –
abzusichern, statt aus dem EU-Haushalt. Diese Kuh sei vom Eis.
Die offizielle Bestätigung steht jedoch noch aus; das „Ungarn-Paket“ muss
im schriftlichen Verfahren von allen 27 EU-Staaten bestätigt werden. Das
soll am Mittwoch folgen – rechtzeitig vor dem EU-Gipfel am Donnerstag.
Damit wäre auch die Gefahr gebannt, dass Orbán das Spitzentreffen mit
seinen Erpressungsversuchen stört.
Nun sieht es dagegen so aus, als könnten die Staats- und Regierungschefs
ihren neuen Rechtsstaatsmechanismus feiern – in Ungarn scheint er zum
ersten Mal Wirkung zu zeigen.
13 Dec 2022
## LINKS
[1] /Ungarn-Politik-der-EU/!5902542
[2] /Ungarns-Fidesz-Partei-und-CDU/CSU/!5733879
[3] /Korruption-in-Ungarn/!5891995
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Europaparlament
Ungarn
Viktor Orbán
EU-Kommission
GNS
Ungarn
EU-Haushalt
EU-Gipfel
Schwerpunkt Korruption
Europäische Union
Schwerpunkt Korruption
Ungarn
## ARTIKEL ZUM THEMA
Desinformation in Ungarn: „Die Wahrheit wird völlig verdreht“ 
In Ungarn gibt es russische Propaganda auf allen Kanälen. Der
Oppositionsabgeordnete Márton Tompos macht die Regierung von Orbán dafür
verantwortlich.
Deutscher Beitrag zum EU-Haushalt: Spitzenzahler Deutschland
Berlins Finanzierungsbeitrag zum EU-Haushalt ist 2021 auf einen neuen
Rekordwert gestiegen. Auf der Habenseite: die Vorteile durch den
Binnenmarkt.
Beschlüsse beim EU-Gipfel: Sanktionen und ein „Megadeal“
In Brüssel haben die Staats- und Regierungschefs neue Sanktionen gegen
Russland beschlossen. Auch der europäische Gaspreisdeckel soll kommen.
Korruptionsskandal im EU-Parlament: EU für neue Transparenzregeln
Nach dem Schmiergeldskandal will das Europaparlament seine Arbeit zu Katar
aussetzen. Auch ein Untersuchungsausschuss ist geplant.
Empfehlung der EU-Kommission: Kein Geld mehr für Orbán
Die EU-Kommission will rund 13 Milliarden Euro für Ungarn einfrieren.
Ministerpräsident Viktor Orbán wehrte sich bisher gegen den Druck aus
Brüssel.
Korruption in Ungarn: Orbáns härtester Gegner
Daniel Freund hat eine Mission: Der Europa-Abgeordnete will die Korruption
unter Ungarns Premier bekämpfen. Eine Erkundungsfahrt nach Budapest.
Geplantes Einfrieren von EU-Fördergeld: Plötzlich hat es Ungarn eilig
Die ungarische Regierung reagiert ungewöhnlich schnell auf von Brüssel
geforderte Gesetzesänderungen. Die EU hat gedroht, Milliarden zu streichen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.