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# taz.de -- Nach langen Verhandlungen: EU-Gaspreisdeckel kommt
> Die EU hat den Gaspreisdeckel beschlossen. Deutschland stand dem Vorhaben
> skeptisch gegenüber, handelte aber im Gegenzug etwas heraus.
Bild: Habeck verhandelt gemeinsam mit den EU-Energieministern in Brüssel
Brüssel dpa | Nach monatelangem Streit steht kurz vor Weihnachten der
europäische [1][Gaspreisdeckel]. Am Montagabend einigten sich die für
Energie zuständigen EU-Minister auf einen Mechanismus, der den Gaspreis ab
einer bestimmten Höhe an die internationalen Preise für Flüssiggas (LNG)
koppelt. „Ich bin sehr froh, dass wir diese Mission, die unmöglich schien,
erfüllt haben“, sagte der tschechische Industrieminister Jozef Sikela, der
die Verhandlungen leitete, im Anschluss an das Treffen. Es handele sich
nicht um einen festen, sondern um einen dynamischen Deckel. Dieser stelle
sicher, dass der Preis nicht übermäßig über den tatsächlichen LNG-Preis
hinausschieße.
Die Bundesregierung hatte sich lange gegen einen solchen Mechanismus
gesträubt und Probleme bei der Versorgungssicherheit befürchtet.
Deutschland konnte nun auch dank verschiedener Sicherheitsmaßnahmen
zustimmen. „So, wie die anderen Länder solidarisch mit Deutschland in der
Vergangenheit waren, haben wir heute die Solidarität mit dem Instrument
gezeigt“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Der
Beschluss sei mit großer Mehrheit gefasst worden. Habeck betonte jedoch
auch, dass er die Sache weiter mit Skepsis betrachte.
Die Niederlande, die gemeinsam mit Deutschland gegen einen Preisdeckel
waren, waren weniger überzeugt und enthielten sich. „Ich bin nach wie vor
besorgt über Störungen auf dem europäischen Energiemarkt, über die
finanziellen Auswirkungen und vor allem über die europäische
Versorgungssicherheit“, sagte der niederländische Energieminister Rob
Jetten. „Ich hoffe, dass sich unsere Sorgen als unbegründet erweisen
werden.“
## Gaspreisdeckel ist dynamisch
Das Vorhaben betrifft grundsätzlich Großkunden, die am TTF handeln – nicht
Endverbraucher, wie etwa bei der Gaspreisbremse der Bundesregierung.
Konkret soll der Preisdeckel ausgelöst werden, wenn der Preis am
Großhandelsplatz TTF drei Tage in Folge 180 Euro pro Megawattstunde
überschreitet und gleichzeitig 35 Euro höher ist als der internationale
LNG-Preis.
Der regulierte Preis soll dann nicht bei 180 Euro festgelegt werden,
sondern jederzeit 35 Euro über dem internationalen LNG-Preis liegen. Somit
kann der Preis, wenn der Mechanismus ausgelöst wurde, auch über 180 Euro
pro Megawattstunde liegen. Wird der Mechanismus ausgelöst, soll er für 20
Tage gelten. Er soll Verträge betreffen, mit denen Gas ein Monat, drei
Monate oder ein Jahr im Voraus gehandelt wird.
Zuletzt lag der Gaspreis am TTF am Montag um die 110 Euro pro
Megawattstunde. Im August erreichte der Preis am TTF einen Höchststand von
über 340 Euro pro Megawattstunde. Verbraucherpreise werden indirekt durch
die Preise im Großhandel beeinflusst.
## Möglichen Engpässen soll vorgebeugt werden
Deutschland konnte verschiedene Sicherheitsmaßnahmen durchsetzen, um
Versorgungsengpässen vorzubeugen. „Wir haben jetzt sehr viele Instrumente
definiert, die die Gefahr eines unbedachten Effekts deutlich reduzieren“,
sagte Habeck. So soll der Mechanismus außer Kraft gesetzt werden, wenn der
Gasverbrauch steigt, wenn der Handel mit Gas zwischen den Mitgliedstaaten
abnimmt, wenn es Probleme bei der Versorgung gibt oder Risiken an den
Finanzmärkten auftreten.
Zudem soll der Mechanismus erst ab dem 15. Februar in Kraft treten und für
ein Jahr gelten, wie aus der Mitteilung hervorgeht. In der Zeit sollen
weitere Prüfungen vorgenommen werden. „Sollte sich herausstellen, dass ein
Markteingriff nicht opportun ist, dann hoffe ich, dass wir die politische
Kraft finden, das auch noch mal in Frage zu stellen“, sagte Habeck.
## Weitere Vorhaben nach Einigung beschlossen
Durch die Einigung auf den Gaspreisdeckel konnten auch andere Vorhaben
beschlossen werden, die Gaspreisdeckel-Verfechter vorher blockiert hatten.
So einigten sich die Ministerinnen und Minister darauf, Gaseinkäufe und das
Füllen der Speicher künftig zu koordinieren. Durch die gebündelte
Marktmacht erhoffen sich die EU-Staaten günstigere Preise am Weltmarkt.
Sie verabschiedeten auch eine Notverordnung für beschleunigte Genehmigungen
etwa von bestimmten Solaranlagen und legten ihr Verhandlungsmandat für ein
Gesetz fest, womit auch langfristig erneuerbare Energie-Projekte schneller
gebilligt werden sollen. „Das wird für den Ausbau von Windenergie, für
Stromnetze beispielsweise ein großer Beschleunigungsfaktor sein“, sagte
Habeck. Nach Angaben von Teilnehmern des Treffens waren Zugeständnisse beim
schnelleren Ausbau Erneuerbarer mit ausschlaggebend für die deutsche
Zustimmung zum Gaspreisdeckel.
20 Dec 2022
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