| # taz.de -- Bebauung des Tempelhofer Feldes: Schwarz-rote Feldversuche | |
| > Die Koalition aus CDU und SPD macht Ernst mit ihren Bebauungsplänen für | |
| > den Rand des Tempelhofer Felds. Das trifft auf heftigen Widerstand. | |
| Bild: Er (vielleicht) und 739.124 andere stimmten 2014 für ein freies Feld | |
| Berlin taz | Der Vorstoß des schwarz-roten Senats in Richtung Randbebauung | |
| des Tempelhofer Feldes sorgt in der Opposition und bei Umweltverbänden für | |
| scharfe Kritik und Spott. Der Sprecher der Linksfraktion für Mieten, Wohnen | |
| und öffentlichen Wohnungsbau, Niklas Schenker, sagte, CDU und SPD bedienten | |
| mit dieser Politik „ihre Seilschaften aus der Betonmafia, anstatt den | |
| Vergesellschaftungs-Volksentscheid umzusetzen“. Tilmann Heuser, Landeschef | |
| des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), sprach von einer „Shownummer“ | |
| und „Geldverschwendung“ und kündigte Widerstand gegen die Bebauungspläne | |
| an. | |
| Am Mittwoch bestätigte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und | |
| Wohnen, dass es bald Ernst werden soll mit einem internationalen | |
| städtebaulichen Wettbewerb für die Nutzung der innerstädtischen Freifläche. | |
| Man stimme dazu gerade im Senat ein Bürgerbeteiligungs-Format ab. „Im | |
| September“ erwarte sie einen konkreten Vorschlag, sagte Senatsbaudirektorin | |
| Petra Kahlfeldt (parteilos, für die SPD). Ziel sei es, in regelmäßigen | |
| Treffen den Bedarf an Wohnraum und Gewerbeflächen, aber auch an Grünflächen | |
| zu ermitteln. Dann werde man „ergebnisoffen“ darüber sprechen, „inwieweit | |
| Teile dieser Bedarfe an den Rändern des Tempelhofer Feldes sehr verträglich | |
| geplant und realisiert werden können“. | |
| Zuerst hatte der Tagesspiegel unter Berufung auf einen Sprecher der | |
| Senatsverwaltung berichtet, dass ein „Prozessvorschlag“ für einen | |
| Ideenwettbewerb und entsprechende Beteiligungsformate entwickelt worden | |
| sei. Dem liegt ein Passus des [1][Ende April unterzeichneten | |
| Koalitionsvertrags] von Christ- und Sozialdemokrat:innen zugrunde: | |
| Man werde per Wettbewerb Ideen für eine „behutsame Randbebauung in | |
| begrenzten Teilen der Fläche“ einholen, der „weit überwiegende Teil der | |
| Freifläche“ solle aber „bei einer klimagerechten Gesamtgestaltung für | |
| Erholung, Freizeit, Sport und Kultur gesichert“ bleiben. | |
| Das 2014 in Berlin per Volksentscheid verabschiedete „Gesetz zum Erhalt des | |
| Tempelhofer Feldes“ müsste dafür novelliert oder aufgehoben werden – | |
| derzeit schließt es, von kleineren und temporären Objekten abgesehen, | |
| jegliche Bebauung der Fläche aus. Sakrosankt ist freilich auch ein | |
| „Volksgesetz“ nicht. In der CDU liebäugelt man allerdings offiziell mit | |
| einer „Volksbefragung“, um sich bei der Bevölkerung die Legitimierung daf�… | |
| zu holen. | |
| ## „Nur eine Ideensammlung“ | |
| Dass die Ausschreibung eines Wettbewerbs gegen das Gesetz im aktuellen | |
| Wortlaut verstoßen könnte, sieht man im Haus von Bausenator Christian | |
| Gaebler (SPD) nicht. Zwar ist im Gesetz festgelegt, dass das Land darauf | |
| „verzichtet […] Verfügungen im Rechtssinne [vorzunehmen], die diesem Gesetz | |
| widersprechen“. Laut Sprecher Martin Pallgen handelt es sich aber lediglich | |
| um eine „Ideensammlung“. Anders sei es, wenn ein Wettbewerb mit einem | |
| „Auftragsversprechen“ zur tatsächlichen Bebauung verbunden sei – „aber… | |
| findet ja nicht statt“. | |
| Dem Linkspartei-Abgeordneten Schenker treibt es dennoch den Puls hoch, dass | |
| die Koalition für den städtebaulichen Wettbewerb satte 1,2 Millionen Euro | |
| im aktuellen Haushaltsentwurf veranschlagt, davon 200.000 Euro für 2024, | |
| die verbleibende Million für 2025. „Die Berliner:innen dürfen sich | |
| verarscht vorkommen, wenn der Senat viel Geld für einen Wettbewerb | |
| verschleudern will, obwohl das Tempelhofer Feld gesetzlich vor einer | |
| Bebauung geschützt ist“, sagte der Linke-Abgeordnete der taz. | |
| Zudem ändere eine Randbebauung nichts am eigentlichen Problem: „Wenn dort | |
| Wohnungen gebaut werden, wären sie teuer, extrem langwierig in der | |
| Entstehung und würden die Wohnungsnot nicht lindern.“ Das sei „Aktionismus, | |
| um von der eigenen Unfähigkeit abzulenken“. Die Freihaltung des Feldes hält | |
| Schenker auch mit Blick auf die Klimakatastrophe für nicht verhandelbar: | |
| „Wir werden entschieden dafür kämpfen, dass diese grüne Lunge für die Sta… | |
| erhalten bleibt.“ | |
| Ähnlich argumentiert Katrin Schmidberger, die Expertin für Wohnen und | |
| Mieten der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Schwarz-Rot trete mit dem | |
| Thema einmal mehr eine „Scheindebatte“ los und tue so, als habe Berlin ein | |
| Problem damit, Bauflächen zu finden. „Wir haben aber überhaupt kein | |
| Flächenproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, sagte sie zur taz. Der | |
| Senat solle erst einmal damit beginnen, „die Flächen zu bebauen, die längst | |
| da sind“. Man müsse sich nur die Nicht-Fortschritte auf dem Kreuzberger | |
| Dragoner-Areal ansehen: „Darüber reden wir seit vielen Jahren, und reden | |
| und reden – und maßgeblich vorangegangen ist immer noch nichts.“ | |
| ## Starkes Widerstandspotenzial | |
| Für BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser geht der Senat die beim Thema | |
| Tempelhof zentrale Frage gar nicht an: Auch 14 Jahre nach Ende des | |
| Flugbetriebs fehlten ein Konzept und klare Aussagen zur [2][Zukunft des | |
| riesigen Flughafengebäudes]. „Was passiert damit?“ Der Senat täte auch gut | |
| daran, auszuwerten, „warum das Feld bei den Menschen einen so hohen | |
| Stellenwert hat und die Politik damals mit ihren Bebauungsplänen | |
| gescheitert ist“. Das Feld sei laut Heuser „fester Bestandteil des Lebens | |
| von Menschen auch außerhalb des unmittelbaren Umfelds“. Deshalb erwarte er | |
| ein starkes „Widerstandspotenzial“. Auch der BUND werde seinen Beitrag dazu | |
| leisten. | |
| Heuser sagte der taz, dass man zusammen mit anderen Berliner | |
| Umweltverbänden ein Volksbegehren zum Erhalt von Grünflächen plane. Die | |
| Abstimmung darüber könnte parallel zur regulär 2026 anstehenden nächsten | |
| Abgeordnetenhauswahl erfolgen: „Damit der Zeitplan passt, müssen wir im | |
| nächsten Sommer anfangen, Unterschriften zu sammeln.“ | |
| 16 Aug 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.berlin.de/rbmskzl/regierender-buergermeister/senat/koalitionsve… | |
| [2] /Ehemaliger-Flughafen-Tempelhof/!5935702 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
| Rainer Rutz | |
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