| # taz.de -- Änderung des Asyl- und Bleiberechts: Einladen, einsperren oder abw… | |
| > Die Reform des Bleiberechts für langjährig Geduldete soll am Freitag | |
| > beschlossen werden. Doch mit ihr werden auch die Haftgründe erweitert. | |
| Bild: Das ist leider nur fast richtig. | |
| BERLIN taz | Am Freitag soll der Bundestag beschließen, wonach | |
| Migrantenorganisationen seit Jahren verlangen: eine Amnestie für langjährig | |
| Geduldete. Über 35.000 Menschen leben seit mehr als fünf Jahren mit | |
| unklarem Aufenthaltsstatus in Deutschland. Sie haben kein Recht, hier zu | |
| sein, abschieben kann der Staat sie aber nicht. Im Koalitionsvertrag | |
| versprachen CDU und SPD eine „Perspektive“, sprich: ein Bleiberecht für | |
| sie. | |
| Nach dem Willen des Innenministeriums soll es nun – anders als in früheren | |
| Fällen – eine stichtags- und altersunabhängige Bleiberechtsregelung geben. | |
| Wer mehrere Jahren in Deutschland gelebt und sich gut integriert hat, | |
| könnte dadurch ein Aufenthaltsrecht erhalten. | |
| Doch das Gesetz, in das diese Regelung verpackt ist, nennt sich nicht | |
| zufällig Aufenthaltsbeendigungsgesetz. Es gibt den Ausländerbehörden die | |
| Möglichkeit, Geduldeten ein sogenanntes Aufenthaltsverbot zu erteilen – | |
| etwa, weil sie nicht ausgereist sind, obwohl sie dazu verpflichtet waren. | |
| So können die Ausländerbehörden sie von der Bleiberechtsregelung | |
| ausschließen – auch wenn das Bundesinnenministerium in der | |
| Gesetzesbegründung versichert hat, dass die Klausel nicht so gedacht ist. | |
| Als minderjährige Flüchtlinge eingereiste junge Erwachsene werden in der | |
| Regel kein Bleiberecht beantragen können, selbst wenn sie eine Ausbildung | |
| absolvieren oder studieren, fürchten Kritiker. Denn die meisten von ihnen | |
| werden mit 21 Jahren noch keine vier Jahre Aufenthalt in Deutschland | |
| nachweisen können. Dies ist jedoch eine der Voraussetzungen für den Erhalt | |
| des Bleiberechts. Vor allem aber schafft das Gesetz die Möglichkeit, | |
| Flüchtlinge massenhaft einzusperren. | |
| ## Haft schon nach der Einreise | |
| Das soll in Zukunft schon allein dann möglich sein, wenn sie aus einem | |
| anderen EU-Staat eingereist sind, statt dort ein Asylverfahren | |
| abzuschließen. Oder wenn sie zur unerlaubten Einreise viel Geld an einen | |
| Schleuser bezahlt oder Dokumente vernichtet haben. Im Juni hatte der | |
| Bundesgerichtshof moniert, dass Deutschland Flüchtlinge, die aus anderen | |
| EU-Staaten gekommen sind, in Abschiebehaft nehme, bevor sie zurückgeschoben | |
| werden. Damals ging es um die Zeit direkt vor einer Abschiebung. Mit dem | |
| neuen Gesetz ist Haft nun schon nach der Einreise möglich. | |
| Das Bundesinnenministerium hatte nach scharfer Kritik dem Vorwurf | |
| widersprochen, es wolle massenhaft Flüchtlinge in Haft nehmen. De Maizière | |
| sagte, durch die neue Bleiberechtsregelung würden Zehntausende Menschen | |
| begünstigt. Das Gesetz habe „eine einladende und eine abweisende | |
| Botschaft“. | |
| Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke hält dagegen: „Es handelt sich um die | |
| übliche ungenießbare Mischung: rechtliche Verbesserungen für diejenigen, | |
| die als nützlich erachtet werden, verschärfte Bedingungen, Haft und | |
| Abschiebungen für alle unerwünschten Flüchtlinge.“ | |
| 6 Mar 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Jakob | |
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