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# taz.de -- Kirchenasyl kann weitergehen: Keine „systematische Kritik“
> Die Kirchen dürfen vor allem von der Dublin-Regelung betroffenen Menschen
> weiter Asyl bieten – unter bestimmten Bedingungen.
Bild: Lichtblick: Das Kirchenasyl kann weiter bestehen
BERLIN taz | Das Innenministerium wird vorerst nichts unternehmen, um
Kirchenasyle zu erschweren. Darauf haben sich Vertreter der beiden Kirchen
und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geeinigt.
Stattdessen sollen die Kirchen in einem sechsmonatigen Pilotprojekt Fälle,
die in einem Kirchenasyl münden könnten, vom BAMF überprüfen lassen.
Dieses Modell soll künftig bestimmte Kirchenasyle überflüssig machen.
Hintergrund ist, dass viele Flüchtlinge von den Gemeinden aufgenommen
werden, die in Deutschland keinen Asylantrag stellen dürfen. Ihnen droht
die Abschiebung in das Land, über das sie in die EU eingereist sind – etwa
Italien, Ungarn oder Zypern. Dort gibt es aber kein funktionierendes
Asylsystem.
Deutschland hat regulär sechs Monate Zeit, diese Flüchtlinge abzuschieben,
danach haben sie automatisch das Recht, hier Asyl zu beantragen. Das
Bundesamt verzichtet nun darauf, die Abschiebefrist für diese besonders
umstrittenen Fälle zu verlängern. Das hätte dazu geführt, dass Gemeinden
Flüchtlinge nicht wie bislang sechs, sondern in Zukunft 18 Monate aufnehmen
müssten, um sie vor einer Abschiebung zu bewahren.
Dies werde „erst einmal nicht diskutiert“, sagte ein Sprecher dem
Evangelischen Pressedienst epd. Innenminister Thomas de Maizière (CDU)
erklärte, beide Seiten hätten sich darauf verständigt, dass die Gewährung
von Kirchenasyl nur in Einzelfällen bei „begründbaren und belegbaren
besonderen Härten“ in Betracht komme. Die Tradition des Kirchenasyls werde
nicht infrage gestellt, doch solle mit dem Mittel nicht das Ziel verfolgt
werden, eine „systematische Kritik“ am EU-Asylrecht zu üben.
Die Zahl von Kirchenasylen in Deutschland ist stark gestiegen. Gegenwärtig
sind rund 411 Flüchtlinge in Kirchengemeinden untergebracht, unter ihnen
125 Kinder. Die Zahl hat sich seit Anfang 2014 versiebenfacht. De Maizière
hatte den Kirchen vorgeworfen, sich mit ihrer Praxis über geltendes Recht
zu stellen. Er verglich das Kirchenasyl [1][mit der islamischen Scharia].
Diesen Vergleich nahm der Minister später zurück.
Die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, Dietlind
Jochims sagte der taz, sie sei „erleichtert“, dass die grundsätzlichen
Vorwürfe an die Tradition Kirchenasyl vom Tisch sind. Sie wertete die
Bemühungen des BAMF, bei Härtefällen eine Lösung zu finden, positiv. Völlig
offen sei aber geblieben, was geschehe, wenn Kirchen und BAMF sich über das
Vorliegen eines Härtefalls nicht einig sind.
27 Feb 2015
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## AUTOREN
Christian Jakob
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Flüchtlinge
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Schwerpunkt Afghanistan
Sicherer Drittstaat
Thomas de Maizière
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