# taz.de -- Kommentar Kirchenasyl: Bloß nicht nachgeben | |
> Rund 400 Menschen finden in Deutschland vorübergehend Asyl in der Kirche. | |
> Innenminister de Maizière will das nicht – und macht einen vergifteten | |
> Vorschlag. | |
Bild: Kirchen haben die Macht, mit einer unbeugsamen humanitären Haltung in di… | |
Warum in aller Welt legt sich ein christdemokratischer Innenminister offen | |
mit den Kirchen an? Selbst die katholische Kirche hat Thomas de Maizière | |
mit seiner Kritik am angeblich missbrauchten Kirchenasyl verärgert. | |
Vordergründig geht es um etwa 400 Menschen, die vorübergehend den Schutz | |
der Kirche genießen – und deshalb trotz gegenteiligen Bescheids nicht | |
abgeschoben werden dürfen. | |
Angesichts von 130.000 Flüchtlingen, denen allein im Jahr 2013 der | |
Aufenthalt gewährt wurde, ist das eine sehr kleine Gruppe. Und trotzdem ist | |
just sie ein Stachel im Fleisch des Ministers. Denn hintergründig hat das | |
Innenministerium mit dieser Gruppe ein Problem, und dem Minister will | |
nichts Rechtes dazu einfallen. | |
Seit etwa drei Jahren stehen Flüchtlinge nicht mehr im Zentrum des | |
Interesses; trotzdem wird so viel über den Umgang mit ihnen diskutiert wie | |
seit den 90er Jahren nicht mehr. Daher findet es die breite Öffentlichkeit | |
mindestens blamabel, wenn Flüchtlinge in Zelten kampieren oder in | |
ehemaligen KZs untergebracht werden sollen. Gleichzeitig erleben Leute, die | |
sich im kirchlichen oder sozialen Rahmen für Flüchtlinge engagieren, dass | |
ihre Arbeit gesellschaftlich wieder stärker gewürdigt wird. | |
Doch trotz dieser Stimmungsänderung will das Innenministerium an seiner | |
Politik der Exklusion festhalten und die Kirchen als moralische Instanz | |
dabei an seiner Seite wissen. Daher droht de Maizière damit, das | |
Kirchenasyl nicht länger zu tolerieren; es handele sich immerhin um | |
Systemkritik. Willigten sie hingegen ein, gemeinsam mit der Regierung | |
hinter verschlossenen Türen über Einzelfälle zu entscheiden, könne man sich | |
sicher zugunsten des ein oder anderen Flüchtlings einigen. Das ist ein | |
vergiftetes Angebot, das die Kirchen unbedingt ausschlagen sollten. | |
Kirchen haben die Macht, mit einer unbeugsamen humanitären Haltung in die | |
Gesellschaft hineinzuwirken und migrations- und flüchtlingsfreundliche | |
Strömungen zu unterstützen. Als der Kölner Dom anlässlich der | |
Pegida-Demonstrationen das Licht ausknipste, bewies die katholische Kirche | |
diesen Mut. | |
In rund 75 Prozent der Kirchenasyl-„Fälle“ hat der Staat anschließend den | |
Aufenthalt gewährt. Das Kirchenasyl steht also nicht außerhalb der | |
Rechtsprechung, sondern gibt dem Staat schlicht die Chance, wenigstens im | |
zweiten Anlauf Recht zu sprechen. | |
25 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
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