Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lösung im Kirchenasyl-Streit gesucht: „Hysterische Kritik“
> Kirchenvertreter und das Bundesamt für Flüchtlinge wollen ihren Streit
> über das Kirchenasyl beilegen. Sie suchen nach einer für beide Seiten
> akzeptalen Lösung.
Bild: Afghanische Flüchtlinge im Kirchenasyl
BERLIN kna | Im Streit um das Kirchenasyl wollen die beiden großen Kirchen
und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach einer
gemeinsamen Lösung suchen. Das erklärte der Vertreter der katholischen
Bischöfe in Berlin, Karl Jüsten, am Dienstag auf Anfrage.
Nach einer rund zweistündigen Unterredung mit dem Präsidenten des BAMF,
Manfred Schmidt, und dem Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen
Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann, sprach Jüsten von einem „sehr
guten und konstruktiven Gespräch“. Man habe vereinbart, die Praxis des
Kirchenasyls nochmals zu begutachten. Dabei solle es um für beide Seiten
akzeptable Regelungen gehen. Näheres werde voraussichtlich am Freitag
bekanntgegeben.
Im Vorfeld des Gesprächs hatte Schmidt in der Welt scharfe Kritik an der
aktuellen Praxis geübt. Er habe den Eindruck, „dass die Kirchen das
Kirchenasyl immer häufiger als Systemkritik am europäischen Dublin-System
der Zuständigkeitsverteilung nutzen“. Neben dem BAMF-Chef äußerte sich
zuletzt auch Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) kritisch. Er warf
den Kirchen vor, sich über staatliches Recht zu stellen.
Am Montag machte die „Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der
Kirche“ die jüngsten Zahlen bekannt. Demnach gab es zum Stichtag 20.
Februar in Deutschland 226 Kirchenasyle mit 411 Personen, darunter 125
Kinder. Die Steigerung seit Anfang 2014, als die Arbeitsgemeinschaft 34
Kirchenasyle zählte, beträgt rund 500 Prozent.
Strittig sind vor allem die sogenannten Dublin-Fälle. Dabei geht es um die
Rücküberführung von Menschen in jene EU-Mitgliedsstaaten, die laut
Dublin-Verordnung für das jeweilige Asylverfahren zuständig sind. Laut
Statistik der Bundesarbeitsgemeinschaft ist dies bei 187 der 226
Kirchenasyle der Fall.
Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Ulla
Jelpke, wies die Kritik am Kirchenasyl zurück. Nur 13,6 Prozent der 35.115
Asylsuchenden, die Deutschland im vergangenen Jahr in einen anderen
EU-Staat habe zurückschicken wollen, seien auch tatsächlich abgeschoben
worden.
## Hilfe für Betroffene
„Das faktische Scheitern des Dublin-Systems nun den 400 Fällen von
Kirchenasyl anlasten zu wollen, ist scheinheilig und entbehrt jeder
sachlichen Grundlage“, so Jelpke. Die Kirchen leisteten vielmehr in
„wenigen Fällen“ Hilfe für Betroffene. Dafür gebühre den Gemeinden „R…
und keine hysterische Kritik“.
Ähnlich äußerte sich die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. „Das
Kirchenasyl als Akt christlicher Barmherzigkeit eignet sich nicht als
Medium der politischen Auseinandersetzung“, zitierte die Welt aus einem
Positionspapier.
Unterdessen forderte die SPD im bayerischen Landtag die bayerische
Staatsregierung auf, sich für den Erhalt des Kirchenasyls einzusetzen. Es
handle sich dabei nicht um einen rechtsfreien Raum, sondern um einen „Akt
der Barmherzigkeit“. Nach Ansicht der katholischen Laien im Bistum Münster
soll der Schutz in kirchlichen Räumen auch weiterhin als letzte Möglichkeit
offen bleiben, um Flüchtlingen in Not beizustehen.
24 Feb 2015
## TAGS
Evangelische Kirche
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
Asylverfahren
Dublin-System
Kirchenasyl
Scharia
Flüchtlinge
Schwerpunkt Afghanistan
Ralf Stegner
Sicherer Drittstaat
Flüchtlinge
Flüchtlinge
## ARTIKEL ZUM THEMA
Flüchtlingspolitik der Kirchen: Gemeinden wollen offen bleiben
Innenminister de Maizière droht damit, das Kirchenasyl auszuhebeln. Die
Kirchen beharren aber darauf, bedrohten Flüchtlingen Schutz zu gewähren.
Kommentar Kirchenasyl: Bloß nicht nachgeben
Rund 400 Menschen finden in Deutschland vorübergehend Asyl in der Kirche.
Innenminister de Maizière will das nicht – und macht einen vergifteten
Vorschlag.
Kirchenasyl in Berlin: Christlich-ziviler Ungehorsam
Hamid B. floh aus Afghanistan und kam über Schweden nach Deutschland –
durfte hier aber kein Asyl beantragen. Eine Berliner Kirchengemeinde bietet
ihm Schutz.
Flucht vor der Abschiebung: Deutlich mehr Kirchenasyl
Die Zahl der Kirchenasyl-Falle ist gestiegen. Aus der CDU kommt Kritik an
den Religionsgemeinschaften: Sie stellten sich über geltendes Recht. Die
SPD sieht das anders.
Flüchtlingsrat über Kirchenasyl: „Der Bund ist nicht zynisch“
Der Innenminister will die Kritik der Kirchen am europäischen
Verteilungssystem entkräften, sagt Kai Weber, Geschäftsführer des
Flüchtlingsrats.
Berliner Pfarrer über Flüchtlinge: „Die haben mich beeindruckt“
Die Dachbesetzung auf einem Hostel in der Berliner Gürtelstraße ist
beendet. Der Pfarrer Peter Storck hat den Flüchtlingen eine Unterkunft zur
Verfügung gestellt.
Quartier gegen Abschiebung: Hände weg von meinem Nachbarn
Zum vierten Mal versucht eine Osnabrücker Stadtteil-Initiative, die
Abschiebung eines Flüchtlings zu verhindern.
Flüchtlinge an der Gedächtniskirche: Flucht vor dem Finale
An der Gedächtniskirche wollen sich die Dortmund-Fans vor dem Pokalfinale
treffen. Flüchtlinge, die auf dem Platz protestieren, dürfen in der Kirche
Schutz suchen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.