# taz.de -- Geplantes Abschiebegesetz: Aktivisten besetzen SPD-Zentrale | |
> Ein neues Bündnis für Bleiberecht startet eine Aktionswoche. Auftakt ist | |
> Besetzung des Willy-Brandt-Hauses, Schlusspunkt eine Kundgebung. | |
Bild: Drei Aktitvisten besetzen einen Balkon der SPD-Bundeszentrale in Berlin-K… | |
BERLIN taz | Zum Auftakt einer bundesweiten Aktionswoche hat das neu | |
gegründete [1][„Bündnis für bedingungsloses Bleiberecht“] am | |
Freitagvormittag für zwei Stunden einen Balkon der SPD-Bundeszentrale im | |
Kreuzberger Willy-Brandt-Haus besetzt. Die rund 25 Aktivisten, drei auf dem | |
Balkon, der Rest draußen vor der Polizeiabsperrung, forderten die | |
Bundestagabgeordneten der Partei auf, gegen das geplante Gesetz zur | |
Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung zu stimmen. | |
„Die SPD redet seit Monaten gegen Pegida. Aber dieses Gesetz übertrifft | |
sogar das, was Pegida will“, sagte ein Sprecher des Bündnisses am Rande der | |
Besetzung der taz. | |
Gegen das Gesetz, das am 8. Mai im Bundestag beschlossen werden und im Juni | |
in Kraft treten soll, laufen Kritiker seit Monaten Sturm. Pro Asyl und die | |
Wohlfahrtsverbände etwa befürchten, dass damit – entgegen der erklärten | |
Absicht – vielen Geduldeten das Bleiberecht vorenthalten bleibt und | |
Flüchtlinge viel häufiger in Haft genommen werden. Bei einer | |
Expertenanhörung im Bundestag im März hatten Juristen ähnliche Bedenken | |
geäußert. | |
Auch das neue „Bündnis für bedingungsloses Bleiberecht“ sieht in dem | |
Gesetzentwurf „ein einziges großes Inhaftierungsprogramm“, so der Sprecher. | |
Künftig genüge es etwa, 3.000 Euro an einen Schleuser gezahlt zu haben oder | |
seine Reiseroute nicht offenzulegen, um in Haft zu kommen. Da es aber | |
praktisch unmöglich sei, ohne Schleuser und legal nach Deutschland | |
einzureisen, werde quasi jeder Flüchtling zum Verbrecher gestempelt. | |
Das neue Bündnis ist ein Zusammenschluss von Betroffenen, Antifa- und | |
Antira-Gruppen sowie verschiedenen Künsternetzwerken, darunter die Kampagne | |
„My right is your right“ von Oranienplatz-Flüchtlingen und Berliner | |
Theatermachern. Das Angebot des grünen Bezirksverbands | |
Friedrichshain-Kreuzberg, den Aufruf zu unterschreiben, lehnte das Bündnis | |
mit Verweis auf die Politik des Bezirks gegenüber der von Flüchtlingen | |
besetzten Schule ab. | |
Mit dabei ist dafür Bruno Watara, ehemaliger Flüchtling aus Togo, jetzt | |
Aktivist bei FelS sowie dem „Bündnis gegen Lager“. Er selbst habe neun | |
Jahre in einem „Lager“ in Mecklenburg-Vorpommern leben müssen, in einem | |
„Dschungelheim“ mitten im Wald, erzählt er auf dem Bürgersteig vor dem | |
SPD-Haus. Drei Mal sei er von Nazis verprügelt worden, zwei Leidensgenossen | |
hätten sich in dieser Zeit umgebracht. Die Flüchtlinge bräuchten eine | |
Bleiberechtsperspektive und Hilfen zur Integration. „Aber das neue Gesetz | |
kennt nur Abschiebung oder Haft“, kritisiert er. | |
Im Rahmen des Aktionswoche veranstaltet das Bündnis in mehreren Städten | |
Demonstrationen und Veranstaltungen. Höhepunkt ist eine Kundgebung am | |
kommenden Samstag (18.4.) am Berliner Oranienplatz, wo unter anderem | |
Seeed-Sänger Peter Fox sowie die in der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule | |
entstandene Band Antinational Embassy auftreten werden. | |
10 Apr 2015 | |
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[1] http://www.asylrechtsverschaerfung-stoppen.de/ | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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