# taz.de -- Abstimmung über SPD-Vorsitz: Die Legende von der linken Basis | |
> Die Groko-Frage ist für die Stichwahl zum SPD-Vorsitz im November | |
> wichtig, aber keineswegs alles. Die SPD-Basis hat mittiger abgestimmt als | |
> vermutet. | |
Bild: Gesucht: neue Ideen für die SPD, die Applaus verdient haben | |
Beim [1][Votum der SPD-Basis über ihren Parteivorsitz] ging es nicht nur um | |
links gegen rechts, um Groko oder Opposition. Es ging um viele verschiedene | |
Kriterien: um Performance, Argumente, und Alter. Deswegen gibt es keine | |
haushohen Sieger. Nur 8 Prozentpunkte liegen zwischen dem Team | |
Scholz/Geywitz und den Fünftplatzierten. Die Entscheidung, ob die SPD mehr | |
nach links will oder in der Mitte bleibt, wird erst beim Duell | |
Scholz/Geywitz gegen Esken/Walter-Borjans fallen. | |
Über die SPD-Basis hält sich eine hartnäckige Legende: Im Grunde tickt sie | |
sehr links, nur kommt das nie so recht zum Vorschein. Die SPD-Basis hat | |
zwei Mal über die Groko abgestimmt – und beide Male dafür votiert. | |
Eigentlich aber, so die Legende, hätte sie gerne „Nein“ gesagt. Doch weil | |
ein Basis-Nein die Parteispitze, die ja komplett für die Groko war, | |
hinweggefegt hätte, fügten sich die GenossInnen missmutig. Denn ihre | |
Führung arbeitslos machen – so etwas tun SozialdemokratInnen nicht. | |
Eigentlich aber sehnt sich die SPD-Basis nach einer schwungvollen Wende | |
nach links. | |
Das ist, wie man nun sieht, eher nicht so. Die [2][Wahl der | |
SPD-Vorsitzenden] ist frei von zentnerschwerer staatspolitischer | |
Verantwortung. Ein deutliches Votum gegen Vizekanzler [3][Olaf Scholz und | |
Klara Geywitz] wäre zwar nicht schön für die SPD-MinisterInnen gewesen. | |
Aber das sofortige Aus für die Groko hätte es auch nicht bedeutet. 22 | |
Prozent haben Scholz/Geywitz gewählt, nicht weil sie müssen, sondern weil | |
sie wollen. Die SPD-Basis ist mittiger, konsensorientierter als vermutet. | |
Kevin Kühnert hat das vorab ziemlich klar gesehen: Eine Figur wie der | |
Traditionslinke Jeremy Corbyn sei bei der SPD nicht vorstellbar. So ist es. | |
Scholz hat taktisch clever agiert, sich bei der Roadshow keine arroganten | |
Auftritte geleistet und sanft nach links geblinkt. Er ist für 12 Euro | |
Mindestlohn und gegen eine weitere Groko 2021. Allerdings ist beides | |
gratis. Wo es politisch etwas kosten würde, etwa beim Abschied vom | |
Schwarze-Null-Fetisch, endet der Linksschwenk des Finanzministers abrupt. | |
## Die Groko ist nicht alles | |
Entschieden ist nichts. Wenn Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans | |
geschickt sind, werden sie die Stimmen des eher linken Lagers bündeln. Der | |
zweite Irrtum ist, neben der Basis-Legende, dass dies vor allem eine | |
Abstimmung über die Groko war. Nur 15 Prozent haben für Karl Lauterbach und | |
Nina Scheer gestimmt, die alles auf die Sofort-raus-aus-der-Groko-Karte | |
setzten. | |
Die meisten ausgeschiedenen Teams waren in der Groko-Frage eher diffus – | |
und der linke Norbert Walter-Borjans hält sich da realpolitisch ein Türchen | |
offen. Auch viele SPD-Linke, die 2018 energisch gegen die Groko kämpften, | |
halten die Frage, ob man die Koalition bald oder später beendet, für eine | |
taktische, keine strategisch zentrale mehr. | |
Und nun? Die Groko-Frage ist für die Stichwahl wichtig, aber keineswegs | |
alles. Vielleicht sogar relevanter ist, wer eine Idee für die kriselnde | |
Partei hat. Das ist die Schwäche von Olaf Scholz, der Visionen – wie sein | |
Vorbild Helmut Schmidt – für einen Fall für den Arzt hält. Mehr als „wei… | |
so“ hat Scholz nicht im Angebot. Und das ist die Chance von Esken und | |
Walter-Borjans. | |
26 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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