| # taz.de -- Künstlerin Susanne Kriemann in Leipzig: Ein Sediment, das Rätsel … | |
| > Eine Schau in Leipzig präsentiert die außergewöhnliche Künstlerin Susanne | |
| > Kriemann. In ihren Arbeiten macht sich die Natur ein Bild von sich | |
| > selbst. | |
| Bild: Susanne Kriemann, „Knochen, Pech, Natternkopf (Being a Photograph)“, … | |
| In der Leipziger Galerie für Zeitgenössische Kunst (GfZK) läuft eine | |
| Ausstellung, die man nicht verpassen sollte. Sie ist kongenial in den | |
| Pavillonbau der GfZK platziert mit seinen wandhohen Glasfassaden und dem | |
| Blick auf eine Grünanlage. Wer das Environment von Susanne Kriemann | |
| betritt, ist in einer Art verspiegeltem Zwischenreich, scheinbar ohne | |
| Trennung von innen und außen. | |
| Archaisch wirkende Stoffbahnen hängen von der Decke. Sie sind bedruckt mit | |
| Fotografien [1][getrockneter Pflanzen und eingefärbt mit Pigmenten | |
| gemörserter Pflanzenfasern]. Sie werfen mächtige Schatten und verschwistern | |
| sich mit dem Strauchwerk draußen. Sie sind Medium, Bild, Textil und | |
| Installation in einem. | |
| Susanne Kriemann, Professorin für Code & Image an der HfG Karlsruhe, ließ | |
| auch gerahmte Bilder an die Wände hängen. Nicht identifizierbare Strukturen | |
| und verschwommene Farbfelder erinnern an die informelle Malerei. Doch | |
| handelt es sich um Heliogravüren, eines der ältesten Verfahren der | |
| Vervielfältigung fotografischer Bilder – unter Verwendung von | |
| Farbpigmenten, die aus den abgebildeten Pflanzen gewonnen wurden. Oder um | |
| Autoradiogramme, violette Flecken, die wie gesprüht wirken, aber in | |
| Wahrheit die Strahlung von Uraninit sichtbar machen. | |
| In Kriemanns Kunst werden ihre Motive oft selbst aktiv: die Mineralien, die | |
| Pflanzen, das Licht. In diesem außerordentlichen Werk rücken physikalische | |
| und chemische Prozesse in den Vordergrund. Man könnte sagen, die Natur löst | |
| das Bild aus. Der Mensch sorgt bloß für das Material, die Technik, stellt | |
| die Bedingungen der Transformation eines Naturzustands sicher. Das | |
| geschieht nicht ohne Recherchen und Feldforschung. | |
| ## Die Kamera auf Moose und Flechten richten | |
| Für das Langzeitprojekt „Pechblende“ fuhr Kriemann mit Bergleuten der | |
| [2][Wismut GmbH in Thüringen] unter Tage. Das Unternehmen baute zu | |
| DDR-Zeiten als SDAG Wismut Uran für die UdSSR ab. Sie arbeitete mit | |
| Biologen der Universität Jena auf der Gessenwiese, einem Areal, wo zur | |
| Renaturierung verstrahlter Abraumhalden geforscht wird. | |
| In dem Werkkomplex „Hey Monte Schlacko“ konsultierte sie den Biologen, der | |
| die Renaturierung des Metallschuttbergs bei Siegen begleitet. Kriemann | |
| richtete ihre Kamera auf Moose, Flechten und seltene Pflanzen, die auf dem | |
| schwermetallhaltigen Boden gut gedeihen und erstaunlicherweise für eine | |
| Verbesserung der Artenvielfalt gesorgt haben. | |
| Kriemann ist eine Chronistin. Sie interessiert sich für Transformationen, | |
| die unsere Umwelt unmerklich verändern und ein Sediment hinterlassen, das | |
| späteren Generationen Rätsel aufgeben wird. Sie bringt uns zum Staunen über | |
| verborgene Prozesse. Das Schöne ist bei ihr mit Erkenntnis verbunden, mit | |
| rational nachvollziehbaren Vorgängen, die manchmal nur literarisch erfasst | |
| werden können. | |
| In ihrem kürzlich erschienenen Band „Being a Photograph“ (Edition Camera | |
| Austria) sind neben Texten von Wissenschaftlern Gedichte zu lesen. Die | |
| Künstlerin entgrenzt das Verfahren der Fotografie radikal neu. | |
| 17 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Carmela Thiele | |
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