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# taz.de -- Kunstprojekt „Bildvergrabungen“: Kunstvoll zerschnitten
> Der Hamburger Künstler Matthias Oppermann hat seine Gemälde bewusst
> fragmentiert – und sie dann vergraben und Jahre später wieder
> ausgebuddelt.
Bild: War jahrelang bei Kapstadt in Südafrika vergraben: eines der zerrissenen…
Ein zerstörtes Bild – das gilt gemeinhin als Vandalismus, als Angriff auf
die Heiligkeit der Kunst. [1][In Museen] wird das Gemälde, hinter
Panzerglas geschützt, als unantastbarer Ausdruck menschlicher
Schöpfungskraft verehrt. Kunst zu ruinieren, ist ein Tabubruch.
In der Antike wurden Statuen zerstört, um Götter zu entweihen. Im
Mittelalter zerschnitt man Manuskripte aus Hass oder aus Habgier, weil man
wertvolle Miniaturen herauslösen wollte. Während der Bilderstürme wurden
religiöse Gemälde und Skulpturen in Kirchen zerschnitten, zerstört oder
bemalt, weil sie als Götzenbilder galten und ihre Zerstörung als
spirituelle Reinigung. 1914 schlitzte die [2][Suffragette Mary Richardson]
das Gemälde „Venus vor dem Spiegel“ von Diego Velázquez in der Londoner
National Gallery mit einem Beil auf, um gegen die Ungleichbehandlung von
Frauen zu protestieren. [3][Während der chinesischen Kulturrevolution]
zerstörten die roten Garden traditionelle Kunstwerke, weil sie als Symbole
des „alten Denkens“ galten. Und heute attackieren Klimaaktivist:innen
symbolisch Kunstwerke.
Aber Zerschneiden zum Beispiel kann auch selbst Kunst schaffen. Die
[4][Dada-Künstlerin Hannah Höch] zerschnitt in den 1910er- und
1920er-Jahren Fotos und Zeitschriften und machte daraus Collagen wie
„Schnitt mit dem Küchenmesser“. Die Fragmente wurden neu arrangiert, um
Konventionen aufzubrechen und Betrachter:innen zu neuen Sichtweisen zu
zwingen. Lucio Fontana schlitzte für seine „Concetto Spaziale“-Werke
Leinwände mit einem Messer auf, um die zweidimensionale Fläche aufzubrechen
und den Raum dahinter sichtbar zu machen. 2018 [5][zerstörte sich das
Banksy-Bild „Girl with Balloon“ bei einer Kunstaktion selbst] im Schredder,
die Überreste wurden teuer versteigert. Solche Schnitte und Zerstörungen
waren kein Angriff, sondern ein Mittel, um gesellschaftliche Normen zu
dekonstruieren und zu kommentieren und den Betrachter zu neuen Sichtweisen
zu zwingen.
## Der Schnitt als schöpferischer Akt
Auch der Hamburger [6][Künstler Matthias Oppermann] hat für sein
Langzeitprojekt „Bildvergrabungen“ 2017 elf seiner Gemälde ganz bewusst in
48 Fragmente zerschnitten. Diese Stücke hat er an ganz unterschiedlichen
Orten weltweit verbuddelt, zum Beispiel bei Kapstadt in Südafrika wie das
Fragment oben im Bild. So hat er sie ganz ausdrücklich zu Akteuren in einem
Dialog mit Natur, Zeit und Zufall gemacht, indem er Mikroorganismen,
Feuchtigkeit und Wurzeln hat mitgestalten lassen. Vier bis sechs Jahre
später holte Oppermann die vergrabenen Fragmente mit derselben Schaufel
wieder hervor, mit der er sie eingegraben hatte: verfärbte, zerfressene,
von Pilzen und Wurzeln durchdrungene und von Moos oder Salz durchwobene
Relikte, die er [7][ab Ende Oktober im Archäologischen Museum Hamburg
präsentiert].
Dort ist das zerrissene Bild kein Verlust von Kunst, sondern eine
Transformation. Auch Oppermanns Aktion ist kein Angriff, sondern eine
Befreiung und ein schöpferischer Akt. Oppermann verzichtet auf Kontrolle
und übergibt das zerrissene Bild der Natur. Die Erde, sonst in der Kunst
meist passives Medium, wird zur aktiven Kraft. „Mit den Spuren der
Vergrabung, den sichtbaren Verletzungen und unerwarteten Bildfindungen
beginnt ein neues Kapitel“, sagt Oppermann.
Oppermanns Zerschneiden will also Raum für Neues schaffen und ein Akt des
Loslassens sein, der die Kunst aus dem Elfenbeinturm holt und sie
verwundbar macht – aber gerade dadurch lebendig. Das zerrissene Bild: Hier
erzählt es nicht nur von Verlust, sondern von neuen Möglichkeiten und
Verbindungen.
3 Oct 2025
## LINKS
[1] /Museen/!t5008545
[2] https://www.ardalpha.de/wissen/geschichte/historische-persoenlichkeiten/mar…
[3] /Buch-zur-chinesischen-Kulturrevolution/!6045934
[4] /Hannah-Hoech-Ausstellung-in-Mannheim/!5298104
[5] /Werk-Banksys-versteigert-und-zerstoert/!5541855
[6] https://matthiasoppermann.de/
[7] https://amh.de/ausstellung-ort/matthias-oppermann-bildvergrabungen-kunst-im…
## AUTOREN
Robert Matthies
## TAGS
Zeitgenössische Malerei
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