# taz.de -- Debatte um soziale Kürzungen: „Das war eine grob irreführende A… | |
> Joachim Rock vom Paritätischen Wohlfahrtsverband fordert Reformen, um den | |
> Sozialstaat nachhaltig zu finanzieren. Mit Umverteilung könne das | |
> gelingen. | |
Bild: Dr. Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverband… | |
taz: Herr Rock, ist der Sozialstaat nicht mehr finanzierbar? | |
Joachim Rock: [1][Das war eine grob irreführende und falsche Aussage von | |
Herrn Merz.] Wir haben keine überdurchschnittliche Kostensteigerung im | |
Sozialstaat. Generell ist der Sozialstaat keine Luxusveranstaltung, sondern | |
erbringt grundlegende Leistungen für die gesamte Bevölkerung. Übrigens hat | |
die Bundesregierung selbst gerade mit Recht eine Leistungsverbesserung | |
beschlossen, die weitere Milliarden Ausgaben erfordert, [2][nämliche die | |
sogenannte Mütterrente.] | |
taz: Von einem Bankrott des Sozialstaats kann Ihrer Ansicht nach also keine | |
Rede sein. | |
Rock: Ich befürchte, dass die pauschalen Androhungen von Herrn Merz zu | |
großer Unsicherheit in der Bevölkerung beitragen. Zum Beispiel darüber, ob | |
die Rente noch finanziert wird. Damit droht die ohnehin schon große | |
Verunsicherung noch mehr Fuß zu fassen, das finde ich fatal. | |
taz: Welche Reformen wären Ihrer Meinung nach nötig, um einen stabilen | |
Sozialstaat zu finanzieren? | |
Rock: Wir müssen gerade auch die Leistungsfähigen stärker zur Finanzierung | |
heranziehen, die Leistungen müssen auf breite Schultern verteilt werden. | |
[3][Die Sozialversicherungsbeiträge belasten aktuell insbesondere | |
Erwerbstätige über Löhne und Gehälter. Andere Einkommen, zum Beispiel aus | |
Vermietung oder Kapitalanlagen, spielen bei der Finanzierung der | |
Sozialversicherung keine Rolle.] Dabei machen diese Einnahmen rund ein | |
Drittel des gesamten Volkseinkommens aus. Wäre dieses Einkommen einbezogen, | |
könnte man die Versicherungsbeiträge senken und die Leistungen verbessern. | |
taz: Wie sähe das konkret aus? | |
Rock: Für die Krankenversicherung fordert der Paritätische Gesamtverband | |
zum Beispiel eine Bürgerversicherung. Die würde das Zwei-Klassen-System aus | |
privater und gesetzlicher Krankenversicherung überwinden, bei dem sich | |
ausgerechnet die Leistungsfähigsten und Reichsten herausziehen können. Wir | |
wollen ein einheitliches Modell für alle Erwerbstätigen, das alle Einkommen | |
berücksichtigt. Darüber hinaus sind wir der festen Überzeugung, dass man | |
gerade Erbschaften und hohe Vermögen stärker an der Finanzierung des | |
Sozialstaates beteiligen sollte, zum Beispiel durch eine deutlich höhere | |
Erbschaftssteuer. | |
26 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Marie Gogoll | |
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