| # taz.de -- Horrorfilm „Weapons“: Öffne die Arme für die Nacht | |
| > Viel Lob auf Kredit gab es für Zach Creggers Spielfilm „Weapons“. Was wie | |
| > spukhafter Horror beginnt, gerät mehr und mehr zur Genreparodie. | |
| Bild: Justines (Julia Garner) Klasse verschwindet eines Nachts | |
| Eine Grundschule in einer amerikanischen Kleinstadt. Friedlich wirkender | |
| Alltag, Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto, man lebt in Häusern mit | |
| großen Vorgärten. Eines Nachts verschwinden die Schüler einer Klasse. | |
| Einfach so. Keiner weiß warum. Bloß einer von 18 bleibt zurück. Die | |
| Lehrerin ist besorgt und ratlos. Bald schon verdächtigen die Eltern sie, | |
| ihnen etwas zu verheimlichen, das sie angeblich weiß. | |
| Mit „Weapons“ hat Regisseur und Schauspieler Zach Cregger nach dem | |
| Kassenerfolg „Barbarian“ von 2022 seinen zweiten Horrorfilm gedreht. Die | |
| Geschichte von „Weapons“, die in Kapitel unterteilt ist, in denen stets aus | |
| der Perspektive einer bestimmten Figur erzählt wird, beginnt zunächst als | |
| Mystery-Drama mit [1][Julia Garner] in der Rolle der glücklosen Lehrerin | |
| Justine, die sich nach Anfeindungen im Ort zu Hause mit Wodka zu | |
| besänftigen versucht. | |
| Sie ist ein Opfer, das mit eigenen Dämonen kämpft und in den Eltern | |
| irgendwann vor allem Gegner sieht, während die Schule wenig unternimmt, um | |
| ihr aus ihrer Lage zu helfen. Von da geht es zu Archer (Josh Brolin), einem | |
| der verzweifelten Väter, der sich wieder und wieder das Filmmaterial der | |
| heimischen Überwachungskamera ansieht, wie sein Sohn mit weit geöffneten | |
| Armen aus dem Haus und in gerader Linie in die Dunkelheit läuft. | |
| ## Die Lehrerin folgt dem verbleibenden Schüler | |
| Archer sitzt regelmäßig beim Polizeichef, um nach dem Stand der | |
| Ermittlungen zu fragen, und pflegt seinen Groll auf Justine. Mit jeder | |
| weiteren Person, die Cregger vorstellt, streut er mehr und mehr Hinweise in | |
| die Handlung, aus denen sich eine Spur ergibt. Justine entdeckt etwas über | |
| Alex, den einzigen verbliebenen Schüler ihrer Klasse, dem sie heimlich | |
| nachfolgt, obwohl die Schule ihr den privaten Kontakt untersagt hat. | |
| So schleicht sie eines Tages um das Elternhaus, wo sie etwas sieht, das ihr | |
| genauso wie dem Publikum einen Schrecken einjagt. Diese Schreckmomente hält | |
| Cregger über lange Zeit geschickt aufrecht. Dinge ereignen sich, die | |
| unverständlich scheinen, das Gefühl einer über dem Ort liegenden Gefahr | |
| nährt er unter anderem mit Albträumen, die sowohl Justine als auch Archer | |
| verfolgen und an deren Ende die Fratze einer Clownsgestalt für panisches | |
| Erwachen sorgt. | |
| Alles Elemente, die nichts neu erfinden, aber von Cregger mit präzisem | |
| Timing eingefügt werden. Anscheinend war es mit Spuk und Grusel nicht | |
| genug, denn „Weapons“ wird im Verlauf seiner zwei Stunden immer brutaler | |
| und blutiger. Wobei sich eine Gegenbewegung ergibt: Jede Stufe dieser | |
| Gewalteskalation in einer Kleinstadtidylle geht einher mit einer | |
| schrittweisen Auflösung des Rätsels um das Verschwinden der Kinder. | |
| Und die Antworten, die Cregger nach und nach bietet, nehmen dem Film sowohl | |
| seinen Schrecken als auch das, was ihn über die erste Hälfte sehenswert | |
| macht. Cregger arbeitet mit Versatzstücken der Horrorgeschichte, die er in | |
| leicht veränderte Zusammenhänge stellt, so als wolle er sagen: Schaut, | |
| damit habt ihr sicher nicht gerechnet! Das könnte strenggenommen gutgehen, | |
| wenn Cregger daraus etwas bauen würde, bei dem sich das Staunen erhöht. | |
| ## Der Schrecken lässt mit dem Wissen nach | |
| Stattdessen fügt er einen losen Faden nach dem anderen zusammen, bis so | |
| viele Fragen beantwortet sind, dass man versteht, was sich in „Weapons“ so | |
| alles zusammengebraut hat. Das eine oder andere unerklärte Detail lässt er | |
| am Ende übrig, doch erhöht sich der Schrecken mit dem Wissen nicht, er | |
| nimmt sogar kräftig ab. | |
| Cregger will dem mit seinen Drastik-Überbietungen womöglich gegensteuern. | |
| Die entfalten in erster Linie eine krude Komik, bei der nicht ganz klar | |
| ist, ob sie unfreiwilliger Art ist oder bereitwillig als Genreparodie | |
| beabsichtigt ist. | |
| Eine bei alledem überraschende Auskunft zu „Weapons“ lautet, dass dieser | |
| von [2][Paul Thomas Andersons] Klassiker „Magnolia“ (1999) inspiriert sein | |
| soll. Doch während Anderson etwa die Parallelität der Erlebnisse seiner | |
| Protagonisten [3][virtuos durch einen Soundtrack vereint], der konsequent | |
| von einem zum anderen Strang überleitet, setzt Cregger seine Musik eher | |
| plump ein. | |
| Da muss George Harrisons Song „Beware of Darkness“ für eine Szene | |
| herhalten, in der die Kinder eines nach dem anderen im Dunkeln aus dem | |
| Elternhaus stürmen, was einen seltsam schiefen Ton setzt, und Harry | |
| Nilssons „Gotta Get Up“ verheizt Cregger als Wecker aus dem Smartphone. | |
| Eine andere Frage ist, wovon „Weapons“ eigentlich erzählen möchte. Von | |
| Verschwörungstheorien? Von Kontrollfantasien? Zum Schluss kann einem das | |
| herzlich egal sein, weil ein Gefühl des Budenzaubers zurückbleibt, den kein | |
| noch so üppig verschmiertes Kunstblut zu übermalen vermag. | |
| [4][Als einer der besten Horrorfilme des Jahres] wurde „Weapons“ vor seinem | |
| Kinostart angepriesen. Er mag einer der ambitioniertesten Filme des Jahres | |
| sein. Doch an Ansprüchen kann man eben auch scheitern. | |
| 11 Aug 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tim Caspar Boehme | |
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