# taz.de -- Probleme bei der Deutschen Bahn: Wie absurde Geldflüsse den Ausbau… | |
> Der Zustand der Bahn verschlechtert sich seit Jahren. Das liegt auch an | |
> widersinnigen Finanzierungskreisläufen – und der Schuldenbremse. | |
Bild: Der Gewinnanspruch der Bahn sollte wie bei der Autobahn AG gestrichen wer… | |
Berlin taz | Das deutsche Schienennetz ist wegen zahlreicher verschlungener | |
Geldflüsse teurer und dysfunktionaler als nötig. Zu diesem Ergebnis kommt | |
eine Untersuchung der Denkfabrik Dezernat Zukunft, die der taz vorliegt. | |
Hauptproblem ist demnach, dass die Schiene „behandelt wird, als sei sie ein | |
normales Wirtschaftsgut, das sich selbst trägt und auch noch eine Rendite | |
abwirft“, sagt Studienautorin Vera Huwe. So sei ein „absurdes | |
Finanzierungskonstrukt“ entstanden, das die Kosten in die Höhe treibt. | |
Die Deutsche Bahn ist zwar eine Aktiengesellschaft, aber [1][vollständig in | |
Besitz des Bundes]. Der Bund bezahlt zu großen Teilen den Neu- und Ausbau | |
des Schienennetzes. Außerdem finanziert er den Ersatz, wenn zum Beispiel | |
Schienen kaputtgehen. | |
Das Geld dafür geht an die Bahntochter InfraGO, die für Schienennetze und | |
Bahnhöfe zuständig ist. Betrieb des Netzes und dessen Wartung bezahlt aber | |
die InfraGO allein über die sogenannten Trassenpreise, also eine | |
Schienenmaut – während in Österreich und der Schweiz der Staat die Wartung | |
übernimmt. | |
## Für die InfraGO ist es billiger, Strecken verfallen zu lassen | |
Aus den Trassenpreisen müssen darüber hinaus Rendite bezahlt werden, weil | |
die InfraGO eine Aktiengesellschaft ist. Diese Rendite verwendet der Bund | |
unter anderem dafür, den Ersatz baufälliger Strecken zu bezahlen. Dadurch | |
entstehen dem Bericht zufolge falsche Anreize für die InfraGO: Weil sie die | |
Wartung bezahlt und der Bund den Ersatz, lasse die InfraGO lieber Strecken | |
verfallen und dann den Bund für die Reparatur bezahlen, als selbst in die | |
Wartung zu investieren. | |
Weil die InfraGO neben Betrieb auch für die Rendite und die Instandhaltung | |
die Trassenpreise braucht, sind sie im europaweiten Vergleich | |
außergewöhnlich hoch. 2025 wurden sie darüber hinaus noch erhöht, für den | |
Güterverkehr um 16,2 Prozent und den Fernverkehr um 17,7 Prozent. Das mache | |
die Schiene im Vergleich zur Straße häufig die teurere Option, kritisieren | |
die Autor*innen des Berichts. | |
Verstärkt wird das Problem durch die Schuldenbremse, schreiben die | |
Autor*innen vom Dezernat Zukunft: Das Grundgesetz erlaubt es der | |
Bundesregierung, Kredite an der Schuldenbremse vorbei aufzunehmen, wenn sie | |
das Eigenkapital von bundeseigenen Unternehmen erhöht. Das hat sie 2024 | |
auch für die Bahn getan, um mehr Geld in den Ausbau der Schiene stecken zu | |
können. | |
Nur: Einer EU-Regel zufolge müssen Unternehmen in Staatsbesitz auf | |
zusätzliches Eigenkapital zusätzliche Rendite abwerfen, damit sie nicht | |
besser gestellt sind als private Firmen. Mehr Eigenkapital bedeutet für die | |
InfraGO also, dass sie höhere Rendite zahlen muss und die Trassenpreise | |
steigen. | |
## Bahn am Gemeinwohl orientieren, schlägt Bericht vor | |
Gäbe es die Schuldenbremse nicht, könnte der Bund einfach per Zuschuss die | |
InfraGO unterstützen, ohne dass sie mehr Rendite abwerfen muss – die | |
sowieso der Bund als einziger Aktienbesitzer bekommt. | |
Die steigenden Trassenpreise sind auch für den Schienenausbau selbst ein | |
Problem. Denn für Bauprojekte der Bahn müssen Material, Maschinen und | |
Personal herangeschafft werden. Geschieht das per Zug, werden Trassenpreise | |
fällig und [2][die Baukosten steigen]. | |
Die Berichtsautor*innen warnen davor, [3][die Milliarden aus dem | |
Infrastruktur-Sondervermögen in den Schienenausbau zu stecken], ohne die | |
Art und Weise der Finanzierung zu verbessern: „Die Mittel aus dem | |
Sondervermögen werden nur dann auf der Schiene ankommen, wenn die | |
Schienenfinanzierung grundsätzlich reformiert wird“, sagt Co-Autorin Huwe. | |
Huwe und ihr Co-Autor Niklas Illenseer schlagen vor, die InfraGO solle nur | |
noch den tatsächlichen Betrieb des Schienennetzes per Trassenpreis | |
bezahlen, „also nur das, was es kostet, über die Schienen zu fahren: | |
Personal, Energie, Verwaltung“, erklärt Illenseer. | |
In ihrem Koalitionsvertrag kündigt die schwarz-rote Bundesregierung an, das | |
System der Trassenpreise zu reformieren. Die grundsätzliche Frage sei aber, | |
„ob die InfraGO überhaupt wie ein privates Unternehmen funktionieren muss“, | |
sagt Illenseer. Huwe und er schlagen vor, den Gewinnanspruch der Bahn zu | |
streichen, schließlich müsse auch die Autobahn AG – ebenfalls ein | |
bundeseigenes Unternehmen – keine Gewinne erwirtschaften. Die Bahn sei ein | |
öffentliches Gut, das sich an gesellschaftlichen Zielen und nicht zwingend | |
am Profit orientieren sollte. | |
22 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Neuaufstellung-der-Deutschen-Bahn/!6079028 | |
[2] /Zeitenwende-am-Arbeitsplatz/!6084287 | |
[3] /Reicht-das-Sondervermoegen-um-die-deutsche-Infrastruktur-zu-modernisieren/… | |
## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schienenverkehr | |
Bahnreform | |
Bahn AG | |
Schuldenbremse | |
Deutsche Bahn | |
Schlagloch | |
Deutsche Bahn | |
Ministerpräsidenten | |
wochentaz | |
GNS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bilanz der Deutschen Bahn: Dreistelliger Millionenverlust im ersten Halbjahr | |
Trotz Verlust verbessert die Deutsche Bahn ihre Halbjahresbilanz im | |
Vergleich zum Vorjahr. Sanierungen sollen der Pünktlichkeit helfen, werden | |
aber erstmal nervig. | |
Konservative Politik: Arbeit für die Aufräumer | |
Ob Scheuer, Spahn oder Dobrindt – rechte Akteure hinterlassen gern einen | |
Scherbenhaufen. Oft kommen sie dann auch noch ungeschoren davon. | |
Sitzplatzreservierungen bei der DB: Bahn streicht Vorteile für Familien | |
Reisende mit Kindern müssen im deutschen Fernverkehr ab Sonntag deutlich | |
mehr für eine Reservierung zahlen. Doch nicht nur für Familien wird's | |
teurer. | |
Steuergeschenke der Regierung: Kommunen nicht abzocken | |
Die Koalition belastet die Kommunen und entlastet die Unternehmen, dabei | |
sollte es andersherum sein. Auch das Geld vom Sondervermögen wird | |
versickern. | |
FAQ zu maroden Brücken: Abreißen und neu bauen? Oder gibt es eine bessere Str… | |
Deutschlands Infrastruktur altert, und besonders die Brücken sind | |
betroffen: etwa ein Drittel gilt als marode. Das könnte jedoch auch ganz | |
anders sein. | |
Künstliche Intelligenz: Die Deutschen waren früh dran | |
1988 entstand das Deutsche Forschungszentrum für KI – also lange Zeit vor | |
Google, Amazon und Meta. Warum wurde ChatGPT dennoch in den USA entwickelt? | |
Wirtschaftsweise in Deutschland: Modernisierung statt Museum | |
Die Wirtschaftsweisen haben die Zeichen der Zeit erkannt – und nennen | |
Klimaneutralität als treibende Kraft der kommenden Jahrzehnte. |