# taz.de -- Illegale Minen in Brasilien: Weiter Goldrausch im Regenwald | |
> Trotz medienwirksamer Razzien wird das Edelmetall weiter am Amazonas | |
> abgebaut. Das hat fatale Folgen für Indigene und Umwelt. Deutschland | |
> trägt Mitschuld. | |
Bild: Amazonien: Riesige Gebiete werden durch illegalen Goldabbau verwüstet | |
Berlin taz | Ein brennendes Boot treibt am Ufer eines Flusses. Das zeigt | |
ein Video, das vor wenigen Tagen im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso | |
aufgenommen wurde. Dort rückten Bundespolizei und Umweltbehörde aus, um | |
gegen Goldgräber vorzugehen. Dabei zerstörten sie 17 Boote und | |
beschlagnahmten Gold sowie Benzin. Trotz dieser medienwirksamen Aktion geht | |
der illegale Goldabbau in Amazonien unvermindert weiter, wie eine am | |
Dienstag veröffentlichte [1][Untersuchung von Greenpeace] zeigt. Besonders | |
bemerkenswert: Die brachialen Maßnahmen der brasilianischen Behörden haben | |
nicht zu einem generellen Rückgang des illegalen, umweltschädlichen | |
Goldabbaus geführt – vielmehr hat er sich in andere Gebiete verlagert. | |
Das zeigen Radardaten und Überflüge von vier stark betroffenen Regionen, | |
die die Umweltschutzorganisation analysiert hat. Allein hier wurden | |
innerhalb von zwei Jahren 4.219 Hektar Regenwald für die Ausbeutung von | |
Goldvorkommen vernichtet. „Wir fordern einen Amazonas frei von illegalem | |
Goldabbau!“, sagt Harald Gross, Amazonas- und Gold-Experte von Greenpeace. | |
„Der unkontrollierte Goldhunger vergiftet Menschen und Tiere, zerstört den | |
Amazonas-Regenwald und bedroht damit auch das globale Klima.“ | |
Die Verdrängung zeigt sich deutlich im Territorium der indigenen Sararé, am | |
südlichen Rand des Regenwaldes. Hier hat der illegale Goldabbau zuletzt | |
sprunghaft zugenommen: von 92 Hektar neuer illegaler Minengebiete im Jahr | |
2022 auf 1.197 Hektar im Jahr 2024. Zurück gingen die extrem | |
umweltschädlichen Aktivitäten hingegen in den Gebieten der Yanomami (-7 | |
Prozent), Munduruku (-57 Prozent) und Kayapó (-31 Prozent). | |
Im Gegensatz zum traditionellen Kleinbergbau nutzen die neuen Goldminen | |
meist schweres Gerät mit vielen Arbeitskräften. Das führt zu erheblich | |
[2][größeren Umweltauswirkungen]. Um den Goldstaub zu binden, setzen die | |
Goldgräber Quecksilber ein, dessen Rückstände in die Flüsse gelangen und | |
die Fische vergiften, die von den Indigenen verzehrt werden. Das | |
hochtoxische Schwermetall kann zu lebenslangen Nervenschäden führen. | |
## Illegaler Bergbau in Gebieten ohne staatliche Kontrolle | |
Häufig kommt es zudem zu [3][gewaltsamen Konflikten mit Indigenen]. Während | |
der Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro hatte der illegale | |
Bergbau drastisch zugenommen. Obwohl die seit 2023 amtierende Regierung | |
unter [4][Präsident Lula verstärkt gegen Eindringlinge] vorgeht, verlagern | |
sich die illegalen Aktivitäten häufig in andere Regionen. Illegaler Bergbau | |
findet meist in abgelegenen Schutzgebieten und indigenen Territorien statt | |
– Gegenden, die schwer zugänglich sind und in denen es an staatlicher | |
Kontrolle mangelt. | |
Inzwischen mischt auch das organisierte Verbrechen zunehmend in dem | |
lukrativen Geschäft mit. Der Goldrausch im Regenwald lässt sich auch mit | |
dem weltweit gestiegenen Goldpreis erklären, der 2024 einen historischen | |
Höchststand erreichte. Der glänzende Metall gelangt meist über ein | |
undurchsichtiges Netz von Schmuggel, gefälschten Dokumenten und lascher | |
Kontrolle in die legale Lieferkette. | |
Wie die Greenpeace-Studie zeigt, sind die Handelsströme der Schweiz – ein | |
globaler Hauptumschlagplatz für Gold – besonders auffällig. Deren | |
Goldimporte überstiegen die brasilianischen Exporte 2022 und 2023 um bis zu | |
67 Prozent – was auf systematische Unregelmäßigkeiten hinweisen könnte. | |
Trotz internationaler Regelwerke fehle es an konsequenter Umsetzung und | |
Kontrolle, moniert Greenpeace. Deshalb trügen auch europäische Länder | |
indirekt zur Umweltzerstörung und Verletzung indigener Rechte bei. | |
Strengere Transparenz- und Sorgfaltspflichten seien nötig. | |
Deutschland importiert einen Großteil seines Goldes aus der Schweiz, aber | |
auch direkt Gold aus dem Amazonas-Regenwald. Aufgrund der weit verbreiteten | |
illegalen Goldgewinnung in dieser Region gilt es als sehr wahrscheinlich, | |
dass ein Teil dieses Goldes aus illegalen Quellen stammt. „Damit kein | |
Giftgold aus Regenwaldzerstörung in Deutschland landet, braucht es endlich | |
klare Regeln“, sagte Greenpeace-Experte Gross zur taz. „Unternehmen müssen | |
offenlegen, woher ihr Gold stammt – und die Bundesregierung muss sich für | |
verbindliche Umwelt- und Menschenrechtsstandards in der Lieferkette | |
starkmachen – national und europaweit.“ | |
8 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://presseportal.greenpeace.de/248726-greenpeace-recherche-illegaler-go… | |
[2] /Gefahr-fuer-indigene-Aktivistinnen/!5867151 | |
[3] /Indigene-in-Brasilien/!6043055 | |
[4] /Schutz-von-Indigenen-im-Amazonasgebiet/!5912409 | |
## AUTOREN | |
Niklas Franzen | |
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