# taz.de -- Krieg in der DR Kongo: Ein unerwarteter Friedensschluss und bleiben… | |
> Die Regierung der DR Kongo und die M23-Rebellen unterzeichnen nach drei | |
> Jahren Krieg eine Friedenserklärung. Doch einige warnen: Die Rebellen | |
> wollen nur Zeit gewinnen. | |
Bild: M23-Rebellen marschieren im Februar in der Provinz Nord Kivu auf | |
Kampala taz | Fast ungläubig blickt die Nachrichtensprecherin immer wieder | |
auf die Erklärung, die sie in den Abendnachrichten im kongolesischen | |
Staatsfernsehen (RTNC) vorliest. Von einem Waffenstillstand ist darin die | |
Rede und dass sich beide Kriegsparteien in einem „Geist des gegenseitigen | |
Verständnisses“ sich „gegenseitig versichern“, dass sie ihr „Engagement | |
respektieren“ und einen „konstruktiven Dialog eingehen“, um den „Konfli… | |
zu beenden“. Was noch vor wenigen Tagen als unmöglich betrachtet wurde, ist | |
nun doch geschehen. Die Kriegsparteien in der Demokratischen Republik Kongo | |
haben am Mittwoch im entfernten Golfstaat Katar eine gemeinsame Erklärung | |
unterzeichnet, die den Weg zum Friede öffnen soll. | |
Fast gleichzeitig veröffentlichten sowohl Kongos Regierung als auch die | |
Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) die Erklärung über ihre jeweiligen | |
Kanäle. Beide Seiten betonen, dass die Gespräche in Katars Hauptstadt Doha | |
„offen und konstruktiv“ vonstattengegangen seien. Als „historisch“ | |
bezeichnet die M23 diesen Schritt auf der Onlineplattform X. | |
Vertreter des für seine Vermittlerrolle in verschiedenen Konflikten | |
bekannten Golfstaates hatten sich vor einem Monat überraschend als | |
Unterhändler angeboten. Zuvor waren Friedensverhandlungen auf verschiedenen | |
Ebenen im Sande verlaufen. Zur Unterzeichnung eines Friedensabkommens Ende | |
November 2024 in Angola war Ruandas Präsident Paul Kagame erst gar nicht | |
aufgetaucht. | |
Laut UN-Ermittlern wird die M23-Rebellenorganisation [1][von Ruanda | |
unterstützt.] Deswegen hatte Kongos Präsident Félix Tshisekedi stets darauf | |
bestanden, mit Ruandas Präsident Kagame zu verhandeln. „Solange ich | |
Präsident bin, werde ich niemals einem M23-Vertreter in die Augen blicken“, | |
hatte er noch im vergangenen Jahr betont. Kagame wiederum besteht darauf, | |
dass der Konflikt ein innerkongolesisches Problem sei. | |
## Die Minen im M23-Gebiet sind ein großer Steuerzahler | |
Ganz überraschend hatten sich dann Kagame und Tshisekedi Ende März in Doha | |
eingefunden – und dort entschieden, dass es tatsächlich direkte Gespräche | |
mit der M23 geben werde. Die M23-Delegation stieg kurz darauf ins Flugzeug. | |
Beide Seiten vereinbarten, über den Inhalt der Verhandlungen Stillschweigen | |
zu bewahren. Über die Details ist deswegen nur wenig bekannt. | |
Laut taz-Informationen haben die Rebellen eine Liste von fast 700 | |
politischen Gefangenen vorgelegt, deren Freilassung sie als Bedingung | |
zugrunde legten. Im Gegenzug hatten sie angeboten, sich aus der | |
wirtschaftlich wichtigen Minenstadt Walikale im Ostkongo, die sie im März | |
eingenommen hatten, wieder zurückzuziehen. In den Minen rund um Walikale | |
hat die kanadische Firma Alphamin eine Konzession zum Abbau von Zinn. Sie | |
ist der größte Steuerzahler in der Provinz Nord Kivu. | |
Die Freilassung von 700 politischen Gefangenen hatte die Regierungsseite zu | |
Beginn der Woche abgelehnt. Daraufhin rückten die M23-Kämpfer in den | |
vergangenen Tagen erneut auf Walikale zu. Bis Mittwochnachmittag wurde rund | |
um Walikale gekämpft – von einem Waffenstillstand war nicht ein Hauch zu | |
erahnen. Erst als am Abend dann die Nachrichtensprecherin die Erklärung | |
vorlas, schwiegen die Waffen. | |
Ob dies nun der entscheidende Wendepunkt nach fast drei Jahren Krieg mit | |
mehreren Tausend Toten und über vier Millionen Binnenvertriebenen ist, | |
bleibt noch offen. Die M23-Rebellen haben derzeit die Oberhand. Sie haben | |
seit Beginn des Jahres entlang der Grenze zum Nachbarland Ruanda einen | |
großen Landstrich inklusive zweier Millionenmetropolen eingenommen. Dort | |
errichten sie nun einen [2][Staat im Staat], wo sie Steuern von der | |
Bevölkerung einziehen. | |
## Ist am Ende doch alles nur Taktik der M23-Rebellen? | |
Ende 2023 formierten sie mit ehemaligen Politikern aus der kongolesischen | |
Hauptstadt Kinshasa die Allianz AFC (Allianz des Kongo-Flusses), unter dem | |
Vorsitz von Corneille Nangaa. Der war einmal Chef von Kongos | |
Wahlkommission, und ernannte Ende 2018 [3][Tshisekedi zum Präsidenten] – | |
obwohl der die Wahl gar nicht gewonnen hatte. Seitdem schließen sich immer | |
mehr Politiker dem Bündnis an. | |
Vergangene Woche traf Kongos Ex-Präsident Joseph Kabila im Landesosten ein. | |
Sollte sich Kabila dem AFC anschließen, würden möglicherweise auch seine | |
ihm loyalen Kommandeure aus Kongos Armee zur AFC/M23 überlaufen. Aus | |
M23-Kreisen hört man immer wieder: Verhandlungen seien gar keine Option – | |
sondern der Sturz der Regierung in Kinshasa wird als Ziel betrachtet. | |
Womöglich sind sämtliche Friedensgespräche also ohnehin nur reine Taktik, | |
um Zeit zu gewinnen. | |
24 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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