| # taz.de -- Schwarz-Rote Finanzen: Grüne in der Zwickmühle | |
| > Die Grünen sollen höhere Schulden einfach schnell abnicken, fordert | |
| > Friedrich Merz. Doch Co-Bundesvorsitzender Felix Banaszak will hart | |
| > verhandeln. | |
| Bild: Felix Banaszak, Bundesvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen, steckt mit… | |
| Duisburg taz | Nein, über das drängendste Thema, über den Schuldenplan des | |
| designierten Kanzlers Friedrich Merz, will Grünen-Chef Felix Banaszak | |
| möglichst wenig sprechen. Noch immer ist unklar, unter welchen Bedingungen | |
| die alte grüne Bundestagsfraktion den von Union und SPD geplanten drei | |
| Grundgesetzänderungen für nach oben offene Verteidigungsausgaben, ein 500 | |
| Milliarden Euro schweres Infrastrukturpaket und eine Lockerung der | |
| Schuldenbremse auch für die Länder noch vor Konstituierung des neuen | |
| Bundestags am 25. März zustimmen könnte. Doch der grüne | |
| Co-Bundesvorsitzende muss seine Parteibasis enttäuschen. | |
| „Bier mit Banaszak“ heißt das Format, zu dem der 35-Jährige | |
| Parteimitglieder und Interessierte am Donnerstagabend in die Duisburger | |
| Szenekneipe „Bora“ gebeten hat – und der stylische Laden ist bis auf den | |
| letzten Platz gefüllt. „Verzeiht, dass ich nicht die Verhandlungsstrategie | |
| mit Euch teile“, sagt der in Duisburg geborene Banaszak entschuldigend: | |
| „Jetzt besteht das Risiko, dass jede dieser Veranstaltungen eine | |
| Agenturmeldung produziert“, erklärt er seiner Basis, die aus dem ganzen | |
| Ruhrgebiet und vom Niederrhein in den Stadtteil Hochfeld gekommen ist. | |
| Schließlich seien auch Journalist:innen etwa der Süddeutschen, der | |
| Bunten und der taz da. | |
| Wie enttäuscht die Grünen aber von Merz, wie sauer sie auf Bayerns | |
| CSU-Ministerpräsident Markus Söder sind, will Banaszak nicht leugnen. „Nur | |
| einen Tag nach der Wahl“ habe Merz, der seit 2021 mehr als drei Jahre lang | |
| Zeit hatte, die Schuldenbremse mit der alten Bundestags-Zweidrittelmehrheit | |
| aus Union, SPD und Grünen zu verhindern, verkündet: „Huch, ich habe dem | |
| Land drei Jahre Scheiße erzählt“, ärgert sich der Grünen-Chef. | |
| Die Wahl habe Merz nur gewonnen, weil er erfolgreich den Eindruck erweckt | |
| habe, die Herausforderungen der von SPD-Noch-Kanzler Olaf Scholz | |
| ausgerufenen „Zeitenwende“ ließen sich mit „dem Verzicht auf den | |
| Bundeskanzleramts-Erweiterungsbau, mit Kürzungen beim Bürgergeld“ und | |
| anderen Kleinigkeiten stemmen. „Einen Aufschrei“ auch in der Union seien | |
| deshalb „die ganzen Statements“ von Merz selbst, von CSU-Landesgruppenchef | |
| Alexander Dobrindt, von Ex-CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn wert, die | |
| nach der [1][Erniedrigung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj | |
| durch Donald Trump im Weißen Haus] so täten, als gebe es eine „ganz, ganz | |
| andere Welt“. | |
| „Hochgradig verlogen“ sei das, findet Banaszak: „Wer so redet, hat keine | |
| Ahnung oder keinen Anstand.“ | |
| Der Parteibasis aber reicht das nicht. Das [2][500 Milliarden schwere | |
| Sondervermögen für Infrastruktur] sei zu klein, findet etwa der Grüne | |
| Vincent Lohmann aus Krefeld. Nötig sei ein Ende der Schuldenbremse, meint | |
| der 23-Jährige – und trifft bei Banaszak auf viel Verständnis. „Ich teile | |
| Deine Analyse“, sagt der Parteichef. Wie geplant auf zehn Jahre verteilt | |
| reiche ein Investitionsvolumen von 500 Milliarden nicht. Ein Sondervermögen | |
| für Infrastruktur sei „in der Sache der falsche Weg“: So formuliert | |
| Banaszak die grüne Ablehnung der Schuldenbremse. | |
| Ob dies aber eine Kampfansage an Merz’ Schuldenplan sein soll, lässt er | |
| offen. „Wartet doch erst einmal ab, was wir machen“, bittet er seine Basis | |
| mit Blick auf die Verhandlungen mit Union und SPD. Klar sei aber: Die | |
| Partei werde sich nicht erpressen lassen. „Vogel, friss oder stirb: den | |
| Gefallen werden wir ihnen nicht tun“, verspricht der Grünen-Chef mit Blick | |
| auf die im Infrastrukturpaket völlig fehlende Klimakomponente, die zuvor | |
| auch schon die grüne Bundestagsfraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic für | |
| quasi unverzichtbar erklärt hatte. | |
| Dass die Grünen, deren Bundestags-Spitzenkandidat Robert Habeck selbst eine | |
| Reform der Schuldenbremse gefordert hat, in der Zwickmühle von Union und | |
| SPD stecken, weiß Banaszak trotzdem. Die Regierungsparteien in spe setzten | |
| die Grünen unter „Vernunftsverdacht“ – und damit darauf, dass die Partei | |
| Forderungen nach einem Ausbau etwa der Bahn und einer Unterstützung der | |
| Ukraine unmöglich ablehnen könnten, ärgert er sich. | |
| Mehr Informationen über die grüne Verhandlungsstrategie will sich der | |
| Parteistratege deshalb nicht entlocken lassen. „Das ist doof“, entschuldigt | |
| sich Banaszak noch einmal bei seiner Basis. „Ich würde gern mehr sagen.“ | |
| 8 Mar 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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| Stefan Evers | |
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