# taz.de -- Schuldenpläne des Bundes: Der Kater nach dem Trippelwumms | |
> In der Union gibt es Kritik, dass man sich mit der SPD auf Milliarden | |
> neuer Schulden geeinigt hat. Merkel wäre das nicht passiert, heißt es. | |
> Die SPD warnt vor „zähen Verhandlungen“. | |
Bild: Das Sondierungsquartett: Esken, Klingbeil, Merz und Söder bei einer Pres… | |
Berlin taz | Trump macht’s möglich. Zehn Tage nach der Bundestagswahl und | |
nach nur fünf Verhandlungsrunden kippte Kanzlerkandidat Friedrich Merz am | |
Dienstagabend seine finanzpolitischen Wahlversprechen. [1][Als das | |
Sondierungsquartett mit Merz und CSU-Chef Markus Söder] sowie den | |
SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil am Dienstagabend im | |
Bundestag vor die kurzfristig zusammengerufenen | |
Medienvertreter:innen trat, verkündete der Kanzler in spe mit | |
ernster Miene, die weltpolitischen Ereignisse und Rahmenbedingungen hätten | |
sich mit großer Schnelligkeit geändert. | |
Um dann Summen und Ergebnisse vorzutragen, die er vor der Bundestagswahl im | |
Duell mit dem scheidenden Kanzler Olaf Scholz noch ausgeschlossen hatte: | |
eine Aufhebung der Schuldenbremse für den Großteil der | |
Verteidigungsausgaben, eine halbe Billion Euro für Investitionen in die | |
Infrastruktur – ebenfalls an der Schuldenbremse vorbei – und nicht zuletzt | |
eine Reform ebenjener. | |
[2][Die beiden Sozialdemokrat:innen] zu seiner Linken nickten | |
bestätigend, verbargen ansonsten hinter stoischen Mienen ihr Frohlocken | |
über das Einschwenken der Union auf den Kurs der SPD. Aus SPD-Kreisen heißt | |
es, Trump habe Merz wohl eher als Brücke gedient, er sei nun kurz vorm | |
Kanzleramt in der Realität angekommen. | |
Zwar ist der größte Knackpunkt, die Finanzen, zwischen den Spitzenteams von | |
Schwarz und Rot geklärt. Leicht werden die weiteren Sondierungen dennoch | |
nicht. Denn viele Zugeständnisse will sich die SPD-Spitze trotz der | |
Vorerfolge nicht abringen lassen. Die Gespräche seien noch nicht | |
abgeschlossen, mahnte Esken, und Klingbeil warnte: „Das werden noch zähe | |
Verhandlungen.“ Ein Mindestniveau von 48 Prozent bei der Rente und eine | |
Verlängerung der Mietpreisbremse gehörten, so ist zu hören, weiterhin zu | |
den Must-haves im Koalitionsvertrag. Auch Erbschaftsteuerreform und | |
Vermögensteuer stehen weiterhin auf der Agenda. | |
## Die SPD habe sich weitgehend durchgesetzt | |
Doch in der Union finden viele, dass Merz bereits jetzt zu stark auf die | |
SPD zugegangen ist. Noch am Dienstagabend schalteten sich die alte und die | |
neue Unionsfraktion zusammen. Wie die taz aus Teilnehmerkreisen erfuhr, | |
meldeten sich zahlreiche kritische Stimmen zu Wort. Ralph Brinkhaus, Merz’ | |
Vorgänger an der Spitze der Fraktion, habe kritisiert, dass die CDU im | |
Wahlkampf das Gegenteil von dem erzählt habe, was sie jetzt in die Tat | |
umsetze. Alexander Dobrindt, Landesgruppenchef der CSU, hatte am | |
Dienstagabend zwar im ZDF erklärt: „Das ist keine Kurswende.“ Doch dreistes | |
Abstreiten dürfte wohl nicht ausreichen, um diese Volte der eigenen | |
Wählerschaft zu verkaufen. | |
Zwar stimmen viele in der Union der massiven Aufstockung der | |
Verteidigungsausgaben inhaltlich zu. Das Problem für viele | |
Christdemokrat*innen ist aber vor allem das Sondervermögen von 500 | |
Milliarden für die Infrastruktur. Es sei ungerecht, „der jungen Generation | |
allein diese ganzen Schulden aufzubürden, so der Vorsitzende der Jungen | |
Union Johannes Winkel, der neu in den Bundestag einzieht, zur taz. Denn vor | |
allem die ältere Generation habe von der Friedensdividende der letzten 75 | |
Jahre enorm profitiert. | |
„Da wäre es gerecht gewesen, die zusätzlichen Kosten gerecht aufzuteilen, | |
indem man beispielsweise einen Teil über einen Verteidigungssoli | |
finanziert.“ Also über eine Steuererhöhung. Die dürfte dann allerdings | |
nicht zu knapp ausfallen. SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die | |
Teil des Sondierungsteams ist, prognostizierte in der ARD, dass die derzeit | |
53 Milliarden Euro für Verteidigung, „mindestens Richtung 100 Milliarden | |
aufwachsen, pro Jahr“. | |
Das Verhandlungsergebnis bewertete der Chef der Junge Union Winkel | |
insgesamt als „natürlich erst mal enttäuschend“. Die SPD habe sich | |
weitgehend durchgesetzt. „Wir brauchen jetzt Zugeständnisse der SPD zum | |
Beispiel beim Thema Migration“, forderte er. Leicht wird das sicher nicht. | |
SPD-Abgeordnete erwarten auch hier „harte Verhandlungen.“ | |
[3][Scharfe Kritik kam von Thorsten Alsleben von der Initiative Neue | |
Soziale Marktwirtschaft], einem engen Vertrauter von Generalsekretär | |
Carsten Linnemann. „Ich glaube nicht, dass Merkel das so gewagt hätte“, | |
schreibt er auf dem Kurznachrichtendienst X. „Sie hätte wenigstens ein paar | |
symbolische Gegenleistungen von der SPD verlangt, die sie dem | |
Wirtschaftsflügel als Trophäen gezeigt hätte.“ Wirtschaftsliberale | |
Hardliner wie Alsleben und auch die Junge Union haben wesentlich dazu | |
beigetragen, dass Merz im dritten Anlauf doch noch CDU-Chef geworden ist. | |
Die drei angestrebten Grundgesetzänderungen sollen am 13. März in erster | |
Lesung im Bundestag beraten und am 17. März verabschiedet werden. Auch der | |
Bundesrat müsste zustimmen. Zuvor aber muss Merz noch die Grünen | |
überzeugen. Die waren nicht in die Sondierungen eingebunden und wurden am | |
Dienstagabend vor vollendete Tatsachen gestellt. | |
5 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
Anna Lehmann | |
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