# taz.de -- Vorschläge für Staatsreform: Das neue deutsche DOGE?! | |
> Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat will, dass dieser | |
> schlanker und büger:innennäher wird. Ein Digitalministerium gehört | |
> dazu. | |
Bild: Der Staat soll Bürger:innen mehr vertrauen, empfehlen eine Managerin, zw… | |
Berlin taz | Es musste schneller gehen: Die Dame und die drei Herren, die | |
auf Anregung des Bundespräsidenten bis zum Herbst Vorschläge für eine | |
Reform des Staates vorlegen sollten, wurden ad hoc nach Berlin bestellt. | |
Grund waren die am Donnerstag beginnenden [1][Koalitionsverhandlungen | |
zwischen Union und SPD]. „Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat�… | |
so der etwas sperrige Name des Vierer-Grüppchens, stellte am Mittwoch ihren | |
Zwischenbericht vor. Am Mittwoch hatten sie ihn mit den Sondierungsteams | |
diskutiert. Von den 30 Empfehlungen will die neue Regierung möglichst viele | |
aufgreifen. Das Ziel: eine umfassende Staatsreform. | |
„Es ist viertel nach 12. Wir stehen massiv unter Druck“, glaubt Andreas | |
Voßkuhle, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht und einer der | |
Initiatoren. „Wenn die Bürgerinnen und Bürger den Staat nicht als | |
handlungsfähig erleben, wenden sie sich von der Demokratie ab“, warnte er | |
in der Berliner Bundespressekonferenz. Gemeinsam mit der Managerin Julia | |
Jäkel und den ehemaligen Bundesministern Thomas de Maizière (CDU) und Peer | |
Steinbrück (SPD) hat er „in den Maschinenraum des Staates“ geblickt und | |
Vorschläge erarbeitet, die den Staat schlanker, effizienter und | |
bürger:innennäher machen sollen. Tenor: Weniger Berichtspflichten und | |
mehr Vertrauen in die Menschen. | |
So soll die Zahl der Ministerien sinken und Zuständigkeiten sollen | |
gebündelt werden. Statt fünf Ministerien, die 170 Sozialleistungen | |
koordinieren, soll es eines geben. Und drei Gruppen von | |
Leistungsempfänger:innen: Kinder und Jugendliche, Erwachsene und Haushalte. | |
Leistungen sollen möglichst pauschaliert werden. Inwieweit es der Realität | |
gerecht wird, wenn eine 15-jährige genauso behandelt wird wie eine | |
5-jährige, ist sicher diskutabel. Aber die Ampel ist schon an einer | |
einfachen Kindergrundsicherung gescheitert, insofern wird auch dieser | |
Vorschlag wahrscheinlich nie umgesetzt. | |
Bessere Aussichten hat die Empfehlung, ein Ministerium für Digitalisierung | |
und Verwaltung einzurichten. Die Union hat sich dazu bereits bekannt, ein | |
anderes soll wegfallen. Dass dieses Digitalministerium auch die | |
Zuständigkeit für das Personal aller anderen Ministerien erhält, wie die | |
Initiative empfiehlt, ist wenig wahrscheinlich. | |
## Bund soll zentral abschieben | |
Die Initiative sieht außerdem die Notwendigkeit, wichtige Kompetenzen beim | |
Bund anzusiedeln, vor allem für Sicherheit und Gefahrenabwehr. Die Abwehr | |
von Cyberangriffen sollte komplett dem Bund obliegen. Ein nationaler | |
Sicherheitsrat, ebenfalls eine Forderung der CDU, sollte als ständige | |
ressortübergreifende Runde Sicherheitspolitik koordinieren. | |
Auch in der Migrationspolitik wünschen sich die Initiatoren mehr Durchgriff | |
vom Bund. Die Verantwortung für Abschiebungen sollte künftig zentral bei | |
der Bundesregierung liegen, so ihre Empfehlung. Dafür sollen die Länder für | |
Integrationsmaßnahmen und Sprachkurse zuständig sein. | |
Der Vorschlag, die Aufgaben zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu zu | |
ordnen und die Finanzierung entsprechend anzupassen, ist konsequent. | |
Allerdings haben zwei Föderalismuskommissionen in der Vergangenheit keine | |
wirklich guten Ergebnisse produziert. Man denke nur an das sogenannte | |
Kooperationsverbot, welches die Verantwortung für Schulen und Hochschulen | |
in die Hände der Länder gelegt und dem Bund jede Einmischung untersagt | |
hatte. | |
In Sachen Bildung macht das Quartett Vorschläge, die nicht wirklich neu | |
sind. Einen [2][Nationalen Bildungsrat hatte bereits die letzte Große | |
Koalition unter Angela Merkel versemmelt]. Und die Forderung, die | |
Grundfinanzierung der Hochschulen anzuheben, damit diese nicht mehr so | |
viele Ressourcen in die Akquise von Drittmitteln stecken müssen, laut | |
Bericht „Haupttreiber von Bürokratisierung im Wissenschaftssystem“ – kann | |
angesichts der chronisch knappen Länderhaushalte nur als Appell gelten. | |
Doch das Quartett ist zuversichtlich, dass ein großer Wurf jetzt gelingen | |
könne. Sie hätten im Gespräch mit den Sondierer:innen viel | |
Aufgeschlossenheit gespürt. | |
Allerdings weichen diese gerade von der ersten Empfehlung ab. Es brauche | |
weniger, aber bessere Gesetze, und dafür mehr Beratungszeit, empfiehlt das | |
Quartett. Es passiert das Gegenteil: Im Eilverfahren und mit der alten | |
Mehrheit des Bundestages sollen ab Donnerstag drei Grundgesetzänderungen | |
zur Umgehung und Reform der Schuldenbremse beraten werden. Zum konkreten | |
Fall wollte Voßkuhle sich nicht äußern, nur so viel: „Schnellschüsse sind | |
selten geeignet.“ Am 11. Juli soll der Abschlussbericht vorliegen. | |
12 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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