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# taz.de -- Talk „Maschinenraum der Zukunft“: Auswege aus der Perspektivlos…
> Lassen sich Rechtsruck und KI-Macht auch positive Zukunftsvisionen
> entgegensetzen? Das lotet eine Gesprächsreihe am Schauspielhaus in
> Hamburg aus.
Bild: Schaffen echte Visionen: DiskutantInnen des „Maschinenraums der Zukunft…
Das Deutsche Schauspielhaus Hamburg hat eine neue Gesprächsreihe erfunden:
den „Maschinenraum der Zukunft“, der im Malersaal Philosophie und Technik
verbindet. Dabei spricht die öko-feministische Philosophin [1][Eva von
Redecker] mit ihren Gästen über Auswege aus der Perspektivlosigkeit, über
progressive Zukunftsvisionen in dystopischen Zeiten.
Zu Beginn der Veranstaltung wird der Malersaal ganz dunkel, zu Musik von
„Anomic Bond“ läuft auf der Leinwand eine Präsentation über Allianzen
zwischen superreichen Tech-Oligarchen wie Elon Musk und dem neuen
US-Präsidenten Donald Trump. Darum, wie Ultrakapitalisten und Rechtsextreme
die [2][US-Demokratie abbauen]. Und es geht um den rasanten [3][Aufstieg
künstlicher Intelligenzen].
An einem der Abende sprach Eva von Redecker mit dem Journalisten Lukas
Hermsmeier über die Tech-Industrie, über die politischen Entwicklungen in
den USA und neue linke Protestbewegungen. Weitere Gäste bisher waren die
Autorin [4][Theresia Enzensberger], die über libertäre Ideologien des
„silicon valley“ sprach, und die Künstlerin [5][Moshtari Hilal] mit dem
Thema „gewaltvolle Schönheitsnormen“.
Stets suchten sie dabei nach Wegen in eine andere Zukunft, nach
Möglichkeiten des Widerstands. „Ich habe mich in dieser Reihe dafür
entschieden, speziell antifaschistisches Wissen zu kultivieren und zu
würdigen“, sagt von Redecker.
Ferner versuchen die Philosophin und ihre Mitwirkenden, einen neuen Blick
auf [6][Künstliche Intelligenz] zu ermöglichen. „Ich hasse Technik“, sagt
sie über sich selbst. Doch KI ist allgegenwärtig, kaum jemand kommt umhin,
sich mit dem Thema zu befassen. Aber Funktionen und Technik hinter
Künstlichen Intelligenzen sind kompliziert und intransparent. „Ich hatte
das Gefühl, dass es im KI-Diskurs überhaupt keinen Erkenntnisfortschritt
mehr gab, sondern immer größere Mythologisierung und Geheimniskrämerei“,
sagt von Redecker.
Der „Maschinenraum der Zukunft“ versucht KI nun spielerisch nahbarer zu
machen und aufzuzeigen, dass es Alternativen gibt zu der Ohnmacht, die aus
sich überschlagenden technischen Entwicklungen und Machtkonzentration
entstehen kann. Immer dabei ist deshalb eine kleine, selbst entwickelte KI
namens „Botchen“, entwickelt von der Computerlinguistin Aurelie Herbelot.
[7][„Botchen“] ist Teil des Dialogs, wird befragt und erinnert sich
vergangener Gespräche. So wird das Diskursformat zu einem Experiment, um
die Kontrolle über allumfassende Technologien nicht einigen Mächtigen zu
überlassen.
Der Name „Botchen“ weist darauf hin, dass KI-Modelle nicht zwingend
gigantische Ausmaße haben müssen wie bekannte Modelle von OpenAI oder
Google. Dieser Chatbot speist sich auch nicht aus Milliarden von Daten aus
dem gesamten Internet, sondern aus handverlesenen, selbst geschriebenen
Daten.
100 millionenmal weniger Daten als die großen Sprachmodelle hat „Botchen“
gesehen, sein „Gehirn“ enthält 400.000-mal weniger Synapsen. Dadurch
verbraucht es weniger Wasser und Strom als die großen Modelle, [8][die
riesige Serverfarmen und Kühlsysteme benötigen]. Es ist der Versuch einer
Technologie, die „mit Care, Geduld und Mitgefühl“ gebaut ist, wie es auf
der zugehörigen Website heißt.
Die Veranstaltungen des „Maschinenraums“ rufen auf zwei Ebenen ins
Gedächtnis, dass wir autoritären und faschistoiden Entwicklungen nicht
ausgeliefert sind. Erstens zeigt das Format, dass wir uns der Technik nicht
unterwerfen müssen, dass wir aus der Rolle der reinen Konsumenten
heraustreten können. Wir können sie hinterfragen und selbst gestalten. Für
von Redecker ist dieses „Botchen“ ein Modell für etwas, das
gesamtgesellschaftlich zu schaffen sei: „Es liegt ferner denn je, aber eine
Würdigung des Kleinen, Speziellen, Nicht-Megalomanischen,
Nicht-Alles-Überwuchernden ist ja unsere heimliche Rettung“, sagt sie.
Zweitens vermitteln die Gespräche zwischen von Redecker und ihren Gästen
ein Gefühl der kollektiven Selbstwirksamkeit. Die aktuelle Spielzeit im
Malersaal trägt das Motto „Aufarbeitung der Zukunft“, und so fasst auch von
Redecker die Gesprächsreihe zusammen. Autoritäre Wende, Klimakrise,
Tech-Kapitalismus – die Zukunft scheint festgeschrieben und keinen Raum für
emanzipative Bestrebungen zu bieten.
Von Redecker und ihre Gäste aber wollen diese Zukunft neu denken. KI kann
das nicht. „Die viel gerühmte Vorhersagefähigkeit dieser Modelle basiert ja
immer auf der Verlängerung vergangener Daten in die Zukunft. Und das ist
das genaue Gegenteil einer Aufarbeitung der Zukunft. Das ist eine
Verkleisterung, eine Verhinderung der Zukunft“, sagt die Philosophin.
Der „Maschinenraum der Zukunft“ wird so zu einem Ort philosophischen
Diskurses, der nicht bei der performativen Zurschaustellung von Wissen
stehen bleibt, sondern Erkenntnisgewinn generiert.
10 Apr 2025
## LINKS
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[4] /Schlafen-von-Theresia-Enzensberger/!6017637
[5] /Essaybuch-Haesslichkeit/!5961195
[6] /Schwerpunkt-Kuenstliche-Intelligenz/!t5924174
[7] https://www.botchen.org/
[8] /Weniger-kuenstliche-Intelligenz-ist-mehr/!6074440
## AUTOREN
Jonas Kähler
## TAGS
Performance
Hamburg
Schwerpunkt Utopie nach Corona
Philosophie
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
Deutsches Schauspielhaus
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