| # taz.de -- ZDF-Sendung „Klartext“: Weidel gegen Weidel | |
| > Im ZDF-Format „Klartext“ haben sich die Kanzlerkandidat*innen den | |
| > Fragen der Zuschauer*innen gestellt. Für Alice Weidel war die | |
| > Konfrontation eine Blamage. | |
| Bild: Keinen Plan, aber gerne pampig: Alice Weidel | |
| Berlin taz | [1][Olaf Scholz,] Robert Habeck, Alice Weidel und Friedrich | |
| Merz an einem Abend: Das gab es am Donnerstag bei „Klartext“, einem | |
| ZDF-Format, in dem die vier Kanzlerkandidat*innen von den | |
| Journalist*innen Bettina Schausten und Christian Sievers nacheinander | |
| empfangen wurden. Die Fragen stellten dabei nicht die Journalist*innen, | |
| sondern das Publikum – 120 Bürger*innen, vom ZDF ausgewählt. | |
| Nach zweieinhalb Stunden Sendezeit bleibt vor allem die Erkenntnis: Die | |
| Zuschauer*innen konnten Alice Weidel, Kanzlerkandidatin der AfD, | |
| inhaltlich besser auf die Probe stellen als alle Talkshowhosts der | |
| deutschen Medienlandschaft zusammen. Auf dem Programm standen Fragen, die | |
| sie für wichtig hielten: Inflation, Mobilität, sichere Arbeitsplätze, faire | |
| Löhne, bezahlbare Energie, der Krieg in der Ukraine. Weil Weidel sich | |
| anders als bei ihrem Lieblingsthema Migration nicht auf die Konstruktion | |
| von Feindbildern zurückziehen konnte, scheiterte sie an Inhaltsleere. | |
| Scholz scholzig, Merz merzig, Habeck bekommt Szenenapplaus | |
| Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte den relativ farblosen Auftakt der | |
| Sendung. Er rechnete sich vor allem das an, was er verhindern konnte: Es | |
| gab keine leeren Gasspeicher durch Russlands Angriff auf die Ukraine, keine | |
| deshalb ungeheizten Wohnungen. Zum Schluss seiner 30 Minuten übergab er an | |
| [2][Robert Habeck] (Grüne), dem er zur Begrüßung herzlich auf die Schulter | |
| klopfte. „Duzen Sie sich eigentlich?“, fragte die Moderatorin. Scholz | |
| antwortete: „Wir mögen uns sogar.“ | |
| Habeck konnte den ersten Szenenapplaus für sich verbuchen, als er für | |
| Kompromisse in der Politik warb. Das Format lag ihm, er bewegte sich im | |
| Raum, beugte sich den Fragestellenden zu, schaffte es, zum Publikum | |
| Verbindung aufzubauen. Mit Applaus für eine Warnung vor „österreichischen | |
| Verhältnissen“ übergab er an Alice Weidel. „Wir gehen aneinander vorbei�… | |
| antwortete Habeck frostig auf die Frage, ob sich die beiden grüßen würden. | |
| Friedrich Merz (CDU) hatte als Letzter das Wort. Er musste sich einer | |
| erhitzten Diskussion mit einem Zuschauer stellen, der von ihm einen Plan | |
| für eine sozial verträgliche Umstellung auf klimaverträgliche Heizungen | |
| forderte. Viel mehr, als wieder einmal Habecks Heizungsgesetz zu | |
| kritisieren, fiel ihm nicht ein. Insgesamt wirkte Merz' Auftritt aber etwas | |
| lebendiger als der von Scholz. | |
| Weidel wirkt unsouverän und arrogant | |
| Weidels Auftritt war für sie dagegen ein kompletter Reinfall. Eine | |
| Begegnung zeigte ihre inhaltliche Schwäche besonders deutlich: Eine | |
| georgische Altenpflegerin erzählte von ihrem abgelehnten Asylantrag, sie | |
| lebt und arbeitet mit Duldung in Deutschland. Ihr Arbeitgeber war mit ihr | |
| in der Sendung, betonte, wie dringend sie im Betrieb gebraucht wird. Laut | |
| AfD-Wahlprogramm müsste sie das Land verlassen. Soll die Fachkraft wirklich | |
| abgeschoben werden? Weidel versuchte sich rauszuwinden, sagte, sie hätte | |
| einfach auf den Arbeitsmarkt einwandern können. | |
| Mit den Positionen der AfD hat das allerdings nichts zu tun: Die AfD lehnt | |
| „außereuropäische Fachkräfteeinwanderung“ vollständig ab. In ihrem | |
| Wahlprogramm heißt es auch, dass es keinen Fachkräftemangel an | |
| Pflegekräften gebe. Der Arbeitgeber der georgischen Pflegekraft fasste | |
| zusammen: „Ihr Programm ist in Sachen Pflege ein Totalausfall. Wir brauchen | |
| mehr Migration, nicht weniger: Uns fehlen 130.000 Pflegemitarbeiter in der | |
| kommenden Legislaturperiode.“ | |
| Alice Weidel hatte keine inhaltliche Antwort: „Ich habe den Eindruck, dass | |
| Sie mir nicht zugehört haben und dass Sie unser Wahlprogramm nicht gelesen | |
| haben.“ Der Zuschauer kontert: „Lesen Sie mal Ihr eigenes Wahlprogramm!“ | |
| Weidel fiel nichts Besseres ein, als höhnisch-ungläubig zu lachen. | |
| ## Falsche Behauptungen zur Energiepolitik | |
| Auch im Gespräch mit einem Landwirt biss sich Weidel die Zähne an der | |
| Realität aus: Er und 1.000 weitere Bürger*innen sind an einem | |
| Bürgerwindpark beteiligt. Weidel hatte Anfang des Jahres auf dem Parteitag | |
| im sächsischen Riesa gegrölt: „Wir reißen alle Windkraftwerke nieder! | |
| Nieder mit diesen Windmühlen der Schande!“ | |
| Der CDU-Wähler berichtete dagegen von zukunftssicheren Arbeitsplätzen und | |
| neuen Steuereinnahmen durch den Windpark. Mit dem Steuergeld konnte die | |
| abrissfertige Schule renoviert werden. Weidel schwadronierte von | |
| Technologieoffenheit und Kernkraft, behauptete Unsinn über einseitige | |
| Subventionen. Der Zuschauer korrigierte. Weidel reagierte pampig, lachte | |
| unkontrolliert, stellte falsche Rechnungen an. Dem Publikum fielen ihre | |
| Fehler sofort auf, auch im Online-Faktencheck wurden ihre Behauptungen | |
| später korrigiert. | |
| Ob Weidels Auftritt der AfD wirklich schaden wird, ist natürlich offen. Auf | |
| Social Media werden die Fragestellenden schon von Rechten an den | |
| Online-Pranger gestellt, es macht sich die Erzählung breit, das ZDF hätte | |
| sie tendenziös ausgewählt. Trotzdem ist „Klartext“ eine der besten | |
| Sendungen, die [3][das Wahlfernsehen bislang zu bieten] hat, mehr als fünf | |
| Millionen Zuschauer*innen haben am Donnerstagabend eingeschaltet. Am | |
| Sonntag geht es mit dem Wahlfernsehen weiter, im RTL-Quadrell treffen | |
| Scholz, Habeck, Merz und Weidel noch einmal direkt aufeinander. | |
| 14 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Luisa Faust | |
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