# taz.de -- Scholz und Merz im Kanzlerduell: Ein bisschen Streit | |
> Beim Kanzlerduell geht es recht zivil zu. Scholz liebt Zahlen und lange | |
> Sätze, Merz ist zackig wie immer. | |
Bild: Ein Bild mit Symbolik: Aufeinander zu haben sich Scholz und Merz nicht un… | |
Wer war rhetorisch besser? Merz redet klar, knapp, deutlich. Macht einen | |
tatkräftigen Eindruck. Scholz verliert sich immer mal wieder in | |
Relativsatz- und Passivkonstruktionen. Scholz sagt: „Es muss entschieden | |
gehandelt werden.“ Nicht: „Ich handele.“ Merz ist der effektivere | |
Rhetoriker, Scholz ist klarer und weniger umständlich als sonst. Macht auch | |
weniger Kunstpausen. Trotzdem: Punkt für Merz. | |
Wer hat seine wichtigsten Themen besser präsentiert? Merz fährt bei seinen | |
zentralen Punkten Migration und Wirtschaftskrise scharfe Angriffe. Bei der | |
Migration attestiert er Scholz Kontrollverlust. Bei Wirtschaft malt er die | |
Lage schwarz – mehr Arbeitslose, Pleiten, Inflation. Das knüpft in zackigen | |
Sätzen an dem grassierenden Krisengefühl an. Scholz wirkt bei Migration und | |
Wirtschaft defensiv, punktet aber bei Gerechtigkeit und Mindestlohn. Ohne | |
Zahlengewitter: „Ich bin dafür, dass Leute, die wenig Geld haben, mehr | |
bekommen.“ Verstehen alle. Insofern: unentschieden. | |
Wirkte Scholz arrogant? Scholz weiß es besser und lässt das zu oft zu viele | |
spüren. Beim Kanzlerduell verbirgt er das geschickt. Er wendet sich immer | |
wieder direkt an Merz, signalisiert Offenheit, während Merz lange stur | |
geradeaus schaut. Gleich zu Anfang sagt Scholz, es solle „ein bisschen | |
locker zugehen“ Locker! Scholz! Point taken. | |
Wirkte Merz unbeherrscht? Nein, er hatte sich im Griff. Anscheinend ist er | |
vorher noch einmal gut gecoacht worden. Alles andere wäre auch zu einem | |
dicken Problem geworden. Denn Merz hat den Ruf, dass ihm immer mal wieder | |
die Pferde durchgehen, wenn er unter Druck steht oder provoziert wird. Auch | |
bei dem Tabubruch in der vorvergangenen Woche im Bundestag, als die Union | |
einen Entschließungsantrag mit den Stimmen der AfD durchbrachte, entstand | |
der Eindruck, dass Merz’ Affekte eine Rolle spielten – und er das ganze | |
Manöver nicht bis zum Ende durchdacht hatte. | |
Alles nur Migration? Nicht alles, aber verdammt lang war Migration das | |
Thema. Eine halbe Stunde lang durften sich Scholz und Merz darüber | |
streiten, wer schneller, entschiedener, härter zurückweist und abschiebt. | |
Ohne neue Erkenntnisse. | |
Bei wem zahlt Merz’ AfD-Tabubruch im Bundestag ein? Scholz war in der | |
Offensive. Er versicherte, „ernste Sorgen“ zu haben, dass Merz’ seine | |
Zusage, nach der Wahl nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, wieder bricht. | |
Wie schon mal. Merz wiederholte, dass man nach den Morden von Aschaffenburg | |
nicht einfach so weiter machen konnte wie bisher. Und versicherte, dass es | |
mit ihm keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde. Die Frage nach dem | |
Austritt von Michel Friedmann aus der CDU überging er. Und behauptet, dass | |
kaum jemand der Demonstrant*innen an die [1][Opfer von Aschaffenburg] | |
denke. Das klang anmaßend. | |
Der beste Moment von Merz? Scholz erklärt in scholzischem | |
Technokratendeutsch die Finanzierung der Krankenkassen. Merz hört zu und | |
sagt, was viele denken: „Das habe ich nicht verstanden“. Ein lässiger | |
Treffer. | |
Der beste Moment von Scholz? Als Merz ernsthaft behauptet, die Stilllegung | |
von drei AKWs durch die Ampel sei ein Grund für die Wirtschaftskrise, sagt | |
der Kanzler: „0,0002 Prozent“. Er mag halt Zahlen. Die versteht man. | |
Gab es etwas Neues? Fast. Merz rang sich auf Nachfrage halb zu einem | |
gemurmelten Ja zur Reform der Schuldenbremse durch. Die sei denkbar, aber | |
nicht am Anfang seiner Kanzlerschaft. Dass er Kanzler wird, hält Merz für | |
so sicher wie den Sonnenaufgang. | |
And the winner is? Scholz war für seine Verhältnisse gut, aber das reicht | |
kaum. Er hat Merz nicht aus dem Konzept gebracht oder zu krassen Fehlern | |
verleitet. Merz reicht ja ein wackliges Unentschieden. | |
9 Feb 2025 | |
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[1] /Nach-dem-Messerangriff-in-Aschaffenburg/!6059741 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
Sabine am Orde | |
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