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# taz.de -- TV-Duell zwischen Scholz und Merz: Feels like Groko
> Das Fernsehduell zwischen dem amtierenden Kanzler und dem, der es werden
> will, brachte keine Punkte für den einen oder anderen. Es bleibt
> spannend.
Bild: Meine Güte, was sagt der denn da? Vielleicht dachte das sowohl Kanzler O…
War [1][das Fernsehduell zwischen Olaf Scholz und Friedrich Merz] im
öffentlich-rechtlichen Fernsehen wahlentscheidend? In gewisser Weise schon.
Gerade, weil es keinen klaren Sieger gab. Dem amtierenden Kanzler gelang es
nicht, seinen Herausforderer aus der Reserve zu locken, ihn zu
Unbeherrschtheiten und Fehlern zu verleiten. Ja, Scholz wirkte
streckenweise selbst wie der Herausforderer, Druck machend, weil unter
Druck stehend.
Während Merz locker und entspannt und ein bisschen über den Details
schwebend daherkam. Mit einem dicken Plus für die Union in Umfragen kann
sich Merz auch ziemlich sicher sein, dass die Union Stand heute die
Bundestagswahl gewinnt und dann zwischen zwei passablen Partnern – SPD oder
Grünen – wählen kann. Eine Trendumkehr für die SPD, die deutlich hinter der
Union und unter ihrem Ergebnis von 2021 liegt, ist auch nach diesem Duell
nicht in Sicht.
Das liegt nicht an [2][Scholz als Spitzenkandidat], sondern vor allem am
derzeit dominierenden [3][Thema Migration.] Sein Tabubruch, im Bundestag
bewusst auf die Stimmen der AfD zu setzen, hat Merz und der Union nicht
geschadet. Denn die Mehrheit der Bürger:innen lehnt zwar die AfD ab,
folgt nach der grausigen [4][Tat von Aschaffenburg] aber der Erzählung der
Union, dass eine Begrenzung der Zuwanderung nötig sei und Deutschland viel
härter gegenüber Menschen von außen, vor allem gegenüber Asylsuchenden,
auftreten sollte. Selbst wenn das auch unter kaltherzigen
Nützlichkeitsaspekten kurzfristig gedacht ist, denn ohne hunderttausende
Zuwanderer:innen pro Jahr fehlen der deutschen Wirtschaft
Arbeitskräfte und den Sozialsystemen Beitragszahler:innen.
Aber es ist der gesellschaftlichen Linken – und das meint vor allem Grüne
und SPD – eben nicht gelungen, eine schlüssige Gegenerzählung von besserer
Integration aufzubauen. Im Gegenteil rennen beide Parteien dem rechten
Zeitgeist hinterher, Migration sei Treiber für ganz viele Probleme und
Asylsuchende ein Sicherheitsrisiko. Das zeigte sich im TV-Duell abermals.
Scholz rühmte sich seiner Verdienste als Abschiebekanzler – noch nie habe
es schärfere Gesetze gegeben als unter seiner Ägide, und die wirksamsten
Zuzugsbeschränkungen – mit Asyllagern an Europas Außengrenzen – würden ja
schon nächstes Jahr in Kraft treten. Bravo!
## Ja zu schärferen Sanktionen beim Bürgergeld
Scholz erweckte den Eindruck, als ob er sich selbst, den Zuschauer:innen
und Friedrich Merz beweisen wollte, dass er ein mindestens ebenso harter
Hund sei wie dieser.
Der SPD-Politiker schaffte es im Laufe der Sendung sogar, sich vom
[5][Bürgergeld] zu distanzieren, welches seine Partei nach langer
inhaltlicher Auseinandersetzung durchgesetzt hatte. Scholz strich heraus,
wie toll er scharfe Sanktionen für Arbeitslose findet und schon immer fand.
Fachpolitisch ist das durchaus umstritten, denn um Menschen dauerhaft in
Arbeit zu bringen, sind Qualifizierung und gute Betreuung viel
entscheidender. Aber der Beifall von allen, die meinen, Langzeitarbeitslose
seien einfach zu träge, sich Arbeit zu suchen, dürfte Scholz sicher gewesen
sein. Nur dass diese Kopfnicker:innen eben im Zweifel die Union wählen
oder die Partei rechts davon.
Merz’ Angebot: „Kehren wir zurück zu Hartz IV“ war nur halbspaßig gemei…
In der Tat droht nicht nur bei diesem Thema ein Rollback. Dass Merz
Behörden das [6][Gendern verbieten] will, AKWs für eine günstige
Energiequelle hält und der Frage beherzt auswich, wie die Union ihre
milliardenschweren Steuersenkungen gegenfinanzieren will und gleichzeitig
drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung einplant – das
entspricht Stand heute zusätzlichen 70 bis 80 Milliarden Euro aus dem
Haushalt – war für den Ausgang des Duells nicht entscheidend. Auch das
Thema Klima schien niemand zu vermissen – Scholz nicht, Merz nicht und auch
die Moderatorinnen nicht, die ansonsten einen guten Job machten.
Merz als Kanzler in spe vermittelte den Eindruck, als hätte er sich
gedanklich bereits auf die SPD als Juniorpartnerin eingestellt. Die dann in
seiner Koalition für soziale Korrekturen und das Kleingedruckte zuständig
sein würde, während die Union die großen Linien vorgibt. Leider ist zu
befürchten, dass die Sozialdemokraten genau diesen Weg einschlagen werden,
man hofft nur, dass sie sich nicht zu billig verkaufen.
Aber noch ist es nicht so weit, noch sind es knapp zwei Wochen und ein
TV-Quadrell bis zur Wahl. Und vielleicht entsteht ja doch noch eine neue
Dynamik.
10 Feb 2025
## LINKS
[1] /Ihnen-liegt-die-taz-am-Herzen/!v=63c91e1a-236c-4299-aa02-196499b11c42/
[2] /SPD-Kanzlerkandidatur/!6064930
[3] /Aus-Sicht-der-Migrationsforschung/!6065675
[4] /Taeter-von-Aschaffenburg/!6067966
[5] /Neuer-Familienbericht/!6058760
[6] /Gendergerechte-Sprache/!5769880
## AUTOREN
Anna Lehmann
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