| # taz.de -- RTL Quadrell: Klimakrise? War da was? | |
| > Friedrich Merz macht keine offensichtlichen Fehler. Günther Jauch will | |
| > lieber nicht gestört werden. Und Robert Habeck spielt Brecht. | |
| Bild: Wahlkampf bei RTL | |
| Es gibt beim [1][Quadrell] mit den vier Kanzlerkandidaten bemerkenswerte | |
| Momente: Friedrich Merz ist erfreut, als Alice Weidel ihn wegen der | |
| CDU-Steuerpolitik kritisiert. Endlich ist er nicht mehr der Einzige, der | |
| Distanz zwischen Union und AfD demonstriert. Olaf Scholz schwankt zwischen | |
| abgeklärtem Kanzlersein und ist wenig kanzlerlike angezündet, als Weidel | |
| sich weigert, sich von dem Begriff „Vogelschiss“ für die NS-Geschichte zu | |
| distanzieren. Robert Habeck steigt – wie im Brechtschen Theater – immer mal | |
| wieder aus seiner Rolle aus und kommentiert das Spektakel von außen. Eine | |
| Art V-Effekt-Wahlkampf. | |
| Doch Wesentliches fehlt. Beim ersten Kanzlerduell am letzten Sonntag war | |
| die erste Frage Migration, [2][die Klimakrise kam nicht vor]. Das | |
| RTL-Quadrell machte es einfach genauso. | |
| Moderator Günther Jauch scheint sich zu langweilen und nach der nächsten | |
| Rateshow zu sehnen. Er verirrt sich in einem kuriosen Rededuell mit Alice | |
| Weidel (Ist sie ein U-Boot aus der Schweiz?). Ansonsten fällt er nur durch | |
| die Behauptung auf, dass das deutsche Rentensystem bald kollabiert. Das | |
| Quadrell soll auf Biegen und Brechen als RTL-artiges Infotainment | |
| inszeniert werden. Aber die Fun-Fragen („Was ist schlimmer für Sie: | |
| Opposition oder Dschungelcamp?“) sind arg platt. Habeck und Merz rollen | |
| gemeinsam die Augen. | |
| [3][Merz], Kanzler in spe, kann am Sonntagabend am meisten verlieren. Seit | |
| er mit der AfD im Bundestag gemeinsame Sache gemacht hat, folgt ihm wie ein | |
| Schatten der Verdacht, dass dies der Anfang von Schwarz-Blau ist. Bei | |
| Migration sind Merz & Weidel im gleichen Team. Merz unterstellt in einem | |
| AfD-artigen Move, dass die Grünen einen Zustrom Illegaler aus Afghanistan | |
| organisieren. Dabei geht es in Wahrheit um kleine Kontingente von | |
| afghanischen Ortskräften, die die Bundeswehr unterstützten. Früher wären | |
| solche fake-news-artigen Deutungen skandalisiert worden. Heute scheint man | |
| sich daran gewöhnt zu haben, dass beim Thema Migration der Populismus | |
| regiert. | |
| ## Merz geht auf Distanz zu Weidel | |
| Merz gelingt es, mit gezielt gesetzten Affekten beim Thema Ukraine Distanz | |
| zu den Rechtsextremen zu demonstrieren. Genau diese Distanz braucht die | |
| Union, um am 23. Februar keine Stimmen in der Mitte zu verlieren. Weidel, | |
| Putin-affin wie die AfD, hält es für ein Problem, dass Deutschland in | |
| Putins Augen „nicht neutral“ sei. Das sei, so Merz sichtlich aufgebracht, | |
| „verräterisch“. Mit Figuren wie Höcke, die Weidel für ministrabel hält, | |
| setze er sich nicht in einen Raum. Theatralisch ist das ein guter Moment. | |
| Merz’ Empörung wirkt echt, was nicht immer der Fall ist. Der Mann, der | |
| wahrscheinlich Kanzler wird, macht keinen Fehler. Jedenfalls keinen, der | |
| auffällt. | |
| Erstaunlich ist, dass Merz bei den CDU-Steuerplänen, die ein | |
| 90-Milliarden-Loch in den Haushalt reißen würden, heil davonkommt. Habeck & | |
| Scholz koffern den CDU-Mann zwar entsprechend an. Der Grüne attestiert | |
| „Voodoo-Ökonomie“. Die Kritik von Scholz, der bei Zahlen aufblüht, kontert | |
| Merz mit einem entnervten „Ja, ja, ja.“ | |
| Aber irgendwie gelingt es ihm, so zu tun, als wäre Finanzpolitik ein Thema, | |
| bei dem die Konkurrenz auf nerdigen Details herumreitet. Jauch und Pinar | |
| Atalay finden Finanzen offenbar eher schwierig. Nachfragen? Fehlanzeige. | |
| Alice Weidel, von Beruf Volkswirtin, behauptet: „Ein Staat darf nie | |
| Schulden machen.“ Das weckt gewisse Zweifel an der Qualität des | |
| VWL-Studiums in Deutschland. | |
| ## Deutsche Soldaten in der Ukraine? „Kein Thema“ | |
| Nach einer Stunde wird es ernst. Die Münchener Sicherheitskonferenz und die | |
| Pro-AfD-Rede von JD Vance hat auch Begriffstutzigen klargemacht, dass der | |
| Westen und die europäische Sicherheitsordnung zerfallen. Merz und Scholz | |
| verurteilen im Chor Vance Einmischung in den deutschen Wahlkampf. | |
| Für Habeck, wie immer zuständig für den zweiten Gedanken, ist das | |
| Nebensache – und zentral, dass Deutschland jetzt die EU verteidigen muss. | |
| Habeck betont, dass sich Grüne, SPD, Union bei allem Zwist gegen die AfD | |
| einig sind. Das ist richtig, aber im Wahlkampf, in dem es darum geht, | |
| Differenzen zu markieren, ungewöhnlich. | |
| Und deutsche Soldaten als Teil einer möglichen internationalen Truppe, die | |
| einen Waffenstillstand in der Ukraine absichert? Kein Thema, sagt Scholz. | |
| Kein Thema, sagt Merz. Kein Thema, sagt Habeck. Bloß keine Angstdebatte vor | |
| der Wahl. Schade, dass es keine Moderation gibt, die nachbohrt, wie lange | |
| „Kein Thema“ halten wird. Die Debatte, was Deutschland tut und was nicht, | |
| wird kommen. Nach der Wahl. | |
| Merz, meldet ein Umfrageinstitut am Sonntagabend, war für 32 Prozent Sieger | |
| der Debatte, 25 fanden Scholz, je 18 Habeck und Weidel am besten. Es gibt | |
| sechs Tage vor der Wahl keine großen Bewegungen mehr. | |
| 17 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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