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# taz.de -- Bundestagswahl und Medien: Heftiges Talkshowgeballer
> Die Öffentlich-Rechtlichen tun sich weiter schwer mit der AfD. Dabei
> reichen inhaltliche Konfrontationen nicht. Es geht um Habitus.
Bild: Lanz und Chrupalla diskutierten letzten Mittwoch nicht zum ersten Mal und…
Wahlarena, Duell, Triell, Quadrell, Talkshow. Dialog, Talkshow, Duell,
Triell. Wahlarena, Talkshow, Viererduell, Talkshow, Wahlarena, Duell,
Talkshow, Talkshow, Talkshow, Duell und „Schlagabtausch mit sechs Gästen
und längerer Sendezeit“.
Das Talkshowgeballer im Wahlkampf nimmt Ausmaße an, die ermüden. Mal müssen
die Politiker*innen [1][an Holzemojis drehen], mal mit Bürger*innen
diskutieren, mal am Tisch sitzen, mal sich an Pulte klammern. Die AfD
gehört inzwischen zum Talkshow-Stamminventar – kann man doof finden, der
ÖRR ist aber dazu verpflichtet, „Chancengleichheit“ zu gewähren.
Lustig ist das schon, denn Chanceneinschätzung beruht auf der
Interpretation von Wahrscheinlichkeit, ist also Spekulation, wie das
Beispiel Sahra Wagenknecht zeigt: Am Donnerstag verweigerte das Kölner
Verwaltungsgericht ihr die Chance, in der ARD-„Wahlarena“ aufzutreten.
Begründung: sie habe eh keine Chance aufs Kanzleramt. Am selben Tag
entschied das Verwaltungsgericht Mannheim, dass der SWR das BSW zu seiner
[2][„Wahlarena“] einladen muss. Begründung: die Partei habe Chancen, in den
Bundestag zu kommen.
Nun ist die Frage nach dem [3][„Umgang mit der AfD“] so alt wie die AfD.
Wie talkt man mit Politiker*innen, die sich für keine Lüge und schon
gar nicht für feixende und pöbelnde Auftritte schämen? Ihre Unverschämtheit
ist ihre Strategie. Die AfD wird (wie Rechtspopulisten weltweit) aus
habituellen Gründen verehrt und nicht, weil sie überzeugende Konzepte
hätte. Die Widersprüche der AfD herauszuarbeiten, fällt den Talkshows dabei
gar nicht so schwer. Es ist das Habituelle, mit dem sie zu kämpfen haben.
So geriet am [4][Mittwoch bei „Markus Lanz“] die Show mit Tino Chrupalla zu
einem Ballerspiel-Showdown: „Nein!“, „Stop!“, „Falsch!“, „Quatsch…
„Stimmt nicht!“, „Das steht aber in Ihrem Programm.“, „Nein!“, „D…
„Nein!“, „Doch!“, „Nein!“, „Doch!“, „Doch!“ – ging es min…
her, um zu klären, ob im AfD-Parteiprogramm steht, dass Bürgergeld für
Nichtdeutsche auf ein Jahr begrenzt werden soll.
Fakt ist: Ja. Kennt Chrupalla sein Programm nicht oder nimmt er seine
Aussagen so wenig ernst wie die seiner Partei? Egal, hängen bleibt:
Chrupalla wurde beballert und hat zurückgeballert.
## Locker in den Hüften bleiben
Eine Strategie der Talkshows ist, AfDler zu fragen, warum sie rechtsextreme
Begriffe wie „Schuldkult“ oder „Remigration“ benutzen. Das aber ist
Steilvorlage für die Populisten: Ich lass mir doch nicht vorschreiben, wie
ich sprechen soll. Sie tun dabei so, als seien sie gefragt worden, warum
sie Autobahnen bauen wollten, wo das doch Hitler zuerst getan hat.
Die Moderator*innen wollen so den rechtsextremen Kern hinter
bürgerlicher Fassade entlarven. Kann man machen. Besser wäre, ohne Scheu
nachzufragen, wo genau Erinnerungspolitik politisch instrumentalisiert
wird. So die AfD-Antwort das überhaupt auf einen Punkt bringen könnte,
müssten auch ihre Vorwürfe ans „Establishment“ diskutiert werden, anstatt
die reißerischen Slogans nur mit „Das lassen wir dann mal so stehen“ zu
quittieren.
Immer ratsam ist es auch, [5][locker in den Hüften zu bleiben, statt
verkrampft]. Wenn der AfD-Gast wieder sagt: „Migranten, die sich nicht an
die Spielregeln halten, werden abgeschoben“, einfach mal mit der Frage
kontern, ob das auch für die ausländischen Mächte gilt, die den deutschen
Wahlkampf unterwandern.
Wie für vieles gilt aber auch für Talkshows: Man muss sie nicht wichtiger
nehmen, als sie sind. Zuschauerzahlen von „Markus Lanz“ mit Chrupalla am
Mittwoch: 1,7 Millionen. ZDF-Krimi-Serie „Die Toten von Salzburg“ am selben
Abend: 5,9 Millionen.
In der gezeigten Folge wurde übrigens der Chauffeur des bayerischen
Energieministers vergiftet.
9 Feb 2025
## LINKS
[1] https://www.zdf.de/politik-gesellschaft/wie-gehts-deutschland-mit-dunja-hay…
[2] https://www.deutschlandfunk.de/ard-muss-bsw-nicht-zur-wahlarena-einladen-sw…
[3] /Umgang-mit-der-AfD/!6048935
[4] https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-5-februar-2025-…
[5] /Talkshowgast-Alice-Weidel/!6064904
## AUTOREN
Doris Akrap
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