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# taz.de -- Bundestagsabstimmung gegen Migration: Die Ja-Sager und die Nein-Sag…
> Der schwarz-braun-gelbe Erfolg kam zustande, weil 11 Abgeordnete von SPD,
> Grünen und Linken fehlten, das BSW enthielt sich. Eine CDU-Frau sagte
> Nein.
Bild: CDU-lerin mit einem Rest Haltung: Antje Tillmann (CDU)
Berlin taz | Die Bundestagsabgeordneten haben am Mittwoch in der Regel wie
von ihren Fraktionen vorgegeben abgestimmt. [1][Das führt zum letztlich
knappen Vorsprung von drei Stimmen für den 5-Punkte-Plan von CDU/CSU für
eine weitere Abschottung der Republik]. Aber wer hat sich wie bei der
ersten offenen schwarz-braun-gelben Zusammenarbeit wie verhalten?
Wirkliche Abweichler:innen gibt es kaum, das zeigt die Liste der
namentlichen Abstimmungen, die mittlerweile [2][auf bundestag.de
veröffentlicht] wurde.
## Die einzige Nein-Sagerin der CDU
Von der CDU/CSU stimmten zum Beispiel 187 der 196 Mitglieder mit Ja. Nur
eine einzige Abgeordnete stimmte mit Nein: Antje Tillmann, finanzpolitische
Sprecherin der CDU/CSU- Bundestagsfraktion. Sie war 2021 über die
Landesliste Thüringen in den Bundestag eingezogen. Bei der Wahl im Februar
kandidiert sie nicht mehr.
In einem von der Thüringen Landeszeitung [3][verröffentlichten Gastbeitrag
hatte sie Anfang Januar] „Vorsicht bei pauschaler Rückführungsforderung“
gefordert. 2015, also das Jahr der vielen Einwanderer aus Syrien, schrieb
sie weiter, sei trotz allem „eine Erfolgsgeschichte: Aktuelle Zahlen der
Bundesanstalt für Arbeit zeigen, dass von den nach Deutschland geflüchteten
Syrern über 60 Prozent erwerbstätig sind, bei den Männern sogar 85 Prozent.
Bedenkt man, dass ein Großteil der Geflüchteten Kinder waren, ist das ein
guter Schnitt.“
Tillmanns inzwischen 25-jähriger syrischer „Ziehsohn“, der als 15-Jähriger
allein in Erfurt angekommen sei und für den sie die Vormundschaft
übernommen habe, „beginnt gerade seine Meisterausbildung zum dringend
gebrauchten Industriemechaniker.“
Weitere acht Unionsabgeordnete haben am Mittwoch keine Stimme abgegeben.
Darunter die Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas und Marco Wanderwitz
aus Sachsen, [4][der sich für den AfD-Verbotsantrag starkmacht und
ebenfalls nicht mehr für den Bundestag antritt].
Für die ehemalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters war die
Stimmverweigerung eine Form des Widerstands. „Ich ertrage diese Nähe zur
AfD nicht. Für mich ist eine rote Linie überschritten“, [5][sagte Grütters
dem Tagesspiegel]. Auch sie [6][kandidiert nicht erneut für den Bundestag].
## Der rechte Block bei AfD und FDP
Die AfD stimmte nahezu geschlossen für den Merz-Antrag. Zwar wurde der
Partei [7][in dem CDU/CSU-Antrag] explizit vorgeworfen, sie nutze
„Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte illegale Migration
entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und
Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen“. Dennoch stimmten 75
Rechtsextreme dafür. Nur einer ihrer 76 Abgeordneten gab keine Stimme ab.
Entscheidend für den schwarz-braun-gelben Abstimmungserfolg war aber auch
die weitgehende Geschlossenheit der FDP-Fraktion. 80 der 90 Mitglieder
stimmten mit Ja, acht gaben keine Stimme ab, zwei enthielten sich. Darunter
der Außenpolitiker Ulrich Lechte. „Eine Zustimmung zum Antrag der
CDU/CSU-Fraktion würde faktisch die Einführung dauerhafter Grenzkontrollen
bedeuten und damit das völkerrechtlich bindende Schengener Übereinkommen
verletzen“, [8][sagte Lechte dem Tagesspiegel].
Zu einem Nein konnte sich dennoch nur ein einziger Liberaler durchringen.
Der Verkehrsminister Volker Wissing, der nach dem Bruch seiner Partei mit
der Ampelkoalition wiederum [9][mit seiner Partei gebrochen hatte] und nur
als fraktionsloser Abgeordneter geführt wird. „Unerwartet, trotzdem da:
Volker Wissing, Antifa“, [10][schrieb dazu die
Fridays-For-Future-Aktivistin Luisa Neubauer auf Bluesky]. An anderer
Stelle hieß es „[11][Volker hört die Signale]“.
Von den anderen 8 Fraktionslosen votierte aber nur noch [12][Stefan Seidler
vom Südschleswigschen Wählerverband] gegen den Antrag der Union. Die
restlichen sieben Fraktionslosen waren alle einst in der AfD – und stimmten
zusammen mit ihren alten rechten Freunden mit Ja. Nur die Stimme des
ehemaligen AfD-Abgeordneten Uwe Witt fehlte. Er hatte sich krankgemeldet –
wegen Corona.
## Die fehlenden Nein-Stimmen bei SPD, Grünen und Linken
Dass der Merz-Antrag am Ende einen knappen Vorsprung hatte, lag aber auch
an SPD, Grünen und der Linkspartei. Zwar gab es ebenfalls keine totalen
Abweichler:innen. Niemand aus diesen drei Fraktionen votierte für das
CDU/CSU-Papier, niemand enthielt sich. Aber insgesamt 11 Abgeordnete gaben
keine Stimme ab, zwei von den Grünen, zwei der Linken und sieben der SPD.
Hätten alle mit Nein gestimmt, wäre der rechtsoffene Antrag gescheitert.
Bei den Grünen fehlten die Stimmen von [13][Anne Monika Spallek] und
[14][Tessa Ganserer], die aus unterschiedlichen Gründen auch nicht mehr für
den nächsten Bundestag kandidieren.
Bei der Linken fehlten die Stimmen von Gökay Akbulut, [15][die am
Wochenende in einem Zug von rechten Fußballfans attackiert worden war], und
von Parteivize Ates Gürpinar. Letzterer hatte allerdings einen sehr guten
Grund: Er ist am Mittwoch Vater geworden.
## Das haltungslose BSW
Den Umschwung hätten auch die 10 Abgeordneten des BSW bringen können.
Immerhin wurde in dem Unions-Antrag dem „russischen Diktator Wladimir
Putin“ explizit vorgeworfen, die vom syrischen Bürgerkrieg ausgehende
Migrationskrise „angefacht und verlängert“ zu haben. Und weiter hieß es:
„Aufgrund des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges sind mehr als
eine Million Ukrainer nach Deutschland geflohen.“
Diese Passagen waren eindeutig auf die sonst für Verhandlungen mit Putin
plädierenden BSW gemünzt. Dennoch konnten sie sich nicht zu einem Nein
bewegen. Acht von ihnen enthielten sich, die beiden anderen gaben keine
Stimme ab. So verhalf auch das BSW dem rechten Block zum Abstimmungssieg.
Anm. der Redaktion: Der Linkspartei-Vize Ates Gürpinar hat eine Erklärung
für seine Abwesenheit am Mittwoch nachgereicht. „An diesem Tag hat unser
Kind entschieden, das Licht der Welt zu erblicken“. Das das tatsächlich ein
mehr als einleuchtender Grund ist, haben wir die Info im Text hinzugefügt.
30 Jan 2025
## LINKS
[1] /Antrag-gegen-Migration-im-Bundestag/!6062259
[2] https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=940
[3] https://www.tlz.de/politik/article408043679/antje-tillmann-nimmt-abschied-v…
[4] /Rueckzug-von-Marco-Wanderwitz/!6048121
[5] https://www.tagesspiegel.de/politik/ich-ertrage-diese-nahe-zur-afd-nicht-cd…
[6] /Bundestagswahl-am-23-Februar/!6062356
[7] https://dserver.bundestag.de/btd/20/146/2014698.pdf
[8] https://www.tagesspiegel.de/politik/ich-ertrage-diese-nahe-zur-afd-nicht-cd…
[9] /-Ampelkoalition-zerbricht-/!6047497&s=wissing/
[10] https://bsky.app/profile/luisaneubauer.bsky.social/post/3lgvwpbtch22s
[11] https://www.reddit.com/r/Staiy/comments/1id2gn2/volker_h%C3%B6rt_die_signa…
[12] /Wahlkampf-als-Kleinstpartei/!6049703
[13] https://www.azonline.de/muensterland/kreis-coesfeld/pferdehof-statt-bundes…
[14] /abschieds-wetter/!6037115
[15] /Rassismus-und-Sexismus-im-Zug/!6065541
## AUTOREN
Gereon Asmuth
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