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# taz.de -- Toscano gibt Bundesverdienstkreuz zurück: „Ich will nicht für s…
> Der Mannheimer Fotograf Luigi Toscano gibt sein Bundesverdienstkreuz
> zurück – aus Protest gegen die gemeinsame Abstimmung von Union, FDP und
> AfD.
Bild: Der Mannheimer Fotograf und Filmemacher Luigi Toscano
taz: Herr Toscano, [1][zusammen mit AfD und FDP hat die Union am Mittwoch
im Bundestag eine Mehrheit für ihren Antrag zur Verschärfung der
Asylpolitik bekommen]. Wie haben Sie darauf reagiert?
Luigi Toscano: Ich bin sehr empört über die Entscheidung. Das ist für mich
zum einen ein einmaliger Vorgang in unserer Geschichte, seit der Gründung
der Bundesrepublik. Zum anderen ist das für mich ein Verrat an mir selbst
und an meinen demokratischen Mitbürgern. Denn wir kämpfen für die
Demokratie, gegen Antisemitismus, und eine Partei wie die AfD kann jetzt
einfach politische Entscheidungen beeinflussen. Deshalb habe ich mich
gemeinsam [2][mit dem 99-jährigen Holocaust-Überlebenden Albrecht] Weinberg
aus Ostfriesland entschieden, unsere Bundesverdienstkreuze zurückzugeben.
Wie geht es Ihnen dabei?
Ich bin im Moment traurig und erschüttert. Ich will nicht für ein solches
Deutschland stehen. Ich bin ein Kind von Gastarbeitern und hier in
Deutschland geboren. Ich habe immer die Werte der Bundesrepublik
Deutschland vertreten. Deshalb will ich nicht schweigen, sondern den Mund
aufmachen und das auch zeigen.
Sie sind 2021 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Wofür
haben Sie die Auszeichnung bekommen?
Das Bundesverdienstkreuz wurde mir für meine Verdienste um die
Bundesrepublik Deutschland vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier im
Schloss Bellevue verliehen. Seit mehreren Jahren arbeite ich an meinem
Fotoprojekt „Gegen das Vergessen“. Mehr als 400 Frauen und Männer, die
[3][den Holocaust überlebt haben], habe ich in Deutschland, den USA,
Österreich, der Ukraine, Russland, Israel, den Niederlanden, Frankreich und
Belarus porträtiert und diese Fotos in Dutzenden Ländern an öffentlichen
Orten gezeigt, damit die Menschen nie vergessen, was damals in Europa
geschehen ist. Zurzeit ist die Ausstellung vor und in der Frauenkirche
Dresden zu sehen. Mit meiner Arbeit, mit meiner Kunst setze ich mich für
Demokratie und Vielfalt, gegen Antisemitismus und Rassismus in der ganzen
Welt ein.
Viele Menschen in Deutschland teilen heute Ihre Traurigkeit. Ihre
Entscheidung haben Sie kurz nach der Rede des NS-Überlebenden [4][Roman
Schwarzman] im Bundestag getroffen. Haben Sie Hoffnung, dass sich etwas
ändert?
Wir müssen etwas ändern! Wir können nicht nur hoffen und warten. Wir dürfen
nicht den gleichen Fehler machen wie damals. Denn damals haben auch viele
immer gesagt, es werde nichts passieren. Aber genau das ist der Fehler! In
all den Jahren, in denen ich an dem Fotoprojekt gearbeitet habe, haben mir
die Holocaust-Überlebenden gesagt, dass es damals genauso gewesen sei und
dass niemand etwas getan habe. Aber wir müssen etwas tun! Wir müssen
aufstehen, wir müssen Haltung zeigen, sonst verraten wir unsere Demokratie
komplett, und das kann nicht sein.
An wen richten Sie sich mit Ihrem Statement und Ihrer Entscheidung, den
Verdienstorden zurückzugeben?
An alle Menschen, die eine demokratische Haltung haben. Ich bitte einfach
darum, den Mund aufzumachen und sich nicht hinter Facebook oder Instagram
zu verstecken, sondern auch auf die Straße zu gehen und Haltung zu zeigen.
Das ist für mich eine ganz essenzielle Sache. Dafür müssen wir uns
einsetzen, sonst verlieren wir.
30 Jan 2025
## LINKS
[1] /Bundestagsabstimmung-gegen-Migration/!6066188
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[3] /80-Jahrestag-der-Auschwitz-Befreiung/!6065758
[4] /Holocaust-Gedenkstunde/!6062264
## AUTOREN
Anastasia Magasowa
## TAGS
CDU/CSU
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Friedrich Merz
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