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# taz.de -- Diskussion um eine neue Oper in Hamburg: Opernprojekt auf koloniale…
> Statt einer Oper fordern Wissenschaftler:innen am Baakenhöft ein
> Dokumentationszentrum. Der Ort spielte für einen Genozid eine
> Schlüsselrolle.
Bild: Abfahrtsort Hamburger Hafen: Transport der Kaiserlichen Schutztruppe für…
Hamburg taz | Der Milliardär Klaus-Michael Kühne möchte Hamburg [1][eine
neue Oper schenken]. Entstehen soll sie auf dem Baakenhöft in der
Hafencity. Mit einer Spende von 330 Millionen Euro soll dort ein Gebäude
gebaut werden, das beste Bedingungen für die Hamburgische Staatsoper bieten
soll.
Die Fertigstellung ist bis 2032 geplant, die Verhandlungen zwischen Kühne
und der Stadt sind fortgeschritten. Zuletzt wurde ein Termin bei einem
Notar abgesagt, [2][die Gespräche werden aber weitergeführt], um eine
tragfähige vertragliche Grundlage zu schaffen, berichtete [3][das Hamburger
Abendblat]t.
An den Plänen gibt es viel Kritik, auch weil sie bislang intransparent
sind. Norbert Hackbusch von der Linken fordert, dass die Pläne öffentlich
diskutiert und auf den demokratischen Prüfstand der Bürgerschaft gehören,
weil die Kostenrisiken für den Steuerzahler zu hoch seien. Die Linke
fordert belastbare Pläne, um Kostenrisiken zu minimieren.
Die Wahl des Standorts Baakenhöft für die neue Oper wirft aber auch
grundsätzliche Fragen zur Erinnerungskultur in Hamburg und zur historischen
Verantwortung der Stadt auf. Denn während der deutschen Kolonialzeit war
der Baakenhöft, Teil des Baakenhafens in der Hafencity, eine zentrale
logistische Drehscheibe. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Genozid an
den Herero und Nama in Namibia von 1904 bis 1908 spielte dieser Ort eine
Schlüsselrolle.
## Inszenierung kolonialer Macht
„Der Baakenhafen war in Deutschland die zentrale logistische Drehscheibe
des Genozids, von dem 95 Prozent aller deutschen Soldaten in den Krieg
fuhren“, [4][schreiben die Historiker Jürgen Zimmerer und Kim Sebastian
Todzi] von der Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ an der
Hamburger Uni in einer aktuellen Stellungnahme. Zwischen 1904 und 1907
fanden von dort mindestens 73 Truppen- und Materialtransporte statt, die
insgesamt über 23.000 Soldaten und 11.000 Pferde umfassten.
Diese Transporte waren nicht nur logistische Operationen. Sie waren auch
öffentliche Inszenierungen kolonialer Macht und wurden begleitet von Feiern
und medialer Aufmerksamkeit. Nach der Niederschlagung des antikolonialen
Aufstands wurde Lothar von Trotha, Kommandeur der Kolonialtruppen in
Deutsch-Südwestafrika und für den Genozid an den Herero und Nama
verantwortlich, 1905 bei seiner Rückkehr nach Hamburg von Bürgermeister
Johann Heinrich Burchard [5][persönlich und mit einer offiziellen Feier im
Namen des Senats begrüßt].
Der Baakenhafen blieb bis 1999 ein zentraler Knotenpunkt für den Handel
zwischen Hamburg und afrikanischen Ländern. Mit dem Beginn des
Hafencity-Projekts wurde dann der wirtschaftliche Fokus des Hafens neu
ausgerichtet. 2017 machte [6][das Festival „Theater der Welt“] dort mit
Themen zu Handel, Flucht und Weltoffenheit auf die koloniale Vergangenheit
aufmerksam. Derzeit entstehen im Baakenhafen Wohn- und Geschäftsgebäude.
Angesichts der historischen Bedeutung im deutschen Kolonialismus fordern
Wissenschaftler:innen wie die Forschungsstelle „Hamburgs
(post-)koloniales Erbe“ und Aktivist:innen schon länger die Einrichtung
eines [7][Dokumentationszentrums am Baakenhöft]. Ein solches Zentrum könnte
die Rolle Hamburgs im Kolonialismus aufarbeiten und als Mahnmal für die
Opfer kolonialer Verbrechen dienen. Ein Erinnerungsort an einem
authentischen Schauplatz wie dem Baakenhöft sei unverzichtbar, um die
historische Verantwortung sichtbar zu machen und zukünftige Generationen zu
sensibilisieren.
## Erinnerung am authentischen Ort
Zimmerer und Todzi kritisieren den geplanten Standort der neuen Oper
scharf. „Dieses neue Wahrzeichen würde ausgerechnet den authentischen Ort
des Genozids überdecken.“ Die Pläne stünden „im Widerspruch zum erklärt…
Ziel, das koloniale Erbe der Stadt ernsthaft aufzuarbeiten“. Zimmerer
fordert, dass die Stadt die finanzielle Förderung des Opernprojekts an die
Bedingung knüpfen sollte, die Errichtung eines Dokumentationszentrums
substanziell mitzufördern und den Bau eines solchen Ortes finanziell zu
ermöglichen.
Die bisherigen Planungen der Stadt berücksichtigen diese Forderungen kaum.
„Ein zentraler authentischer Ort der Erinnerung an koloniale Verbrechen in
Deutschland“ werde so „versiegelt und – bildlich gesprochen –
überschrieben, und zu einem Ort des Vergnügens“, kritisieren Zimmerer und
Todzi. Die bauliche Planung des Opernbaues „müsse einen sichtbaren
kolonialen Erinnerungsort auf dem Baakenhöft berücksichtigen“.
Ein möglicher Kompromiss könnte darin bestehen, das Opernhausprojekt mit
einem Erinnerungsort zu verbinden. Kühne könnte einen Teil seiner Spende
für ein Dokumentationszentrum bereitstellen. Oder das Opernhaus selbst
könnte Elemente enthalten, die an die koloniale Vergangenheit erinnern.
Die Kulturbehörde verweist auf taz-Anfrage darauf, dass der Baakenhöft im
Erinnerungskonzept „Hamburg dekolonisieren!“ als Leerstelle benannt ist,
die einer kritischen Kommentierung bedarf. Wie diese aussehen könnte, dazu
sei sie auch mit der Forschungsstelle und dem Beirat zur Dekolonisierung im
Austausch. Das Opernprojekt auf dem Baakenhöft schließe die Schaffung eines
Erinnerungsortes nicht aus.
## Auch Kühne steht in der Kritik
Auch Kühne selbst steht [8][wegen der unrühmlichen Vergangenheit seines
Logistikunternehmens Kühne+Nagel] und seinem Umgang damit schon lange in
der Kritik. Der Baakenhöft werde durch die Pläne für eine neue Oper „zu
einem Prestigeprojekt für einen Mann, an dessen Bereitschaft, die Rolle der
eigenen Logistikfirma am Holocaust aufzuklären, immer wieder Zweifel
geäußert wurden“, so Zimmerer und Todzi. Kühne hielt eine Studie über die
Firmengeschichte zurück, die die Verstrickungen seiner Familie in der
Nazi-Zeit beleuchtet.
Dabei profitierte Kühne+Nagel von der Plünderung jüdischen Eigentums und
war an der sogenannten M-Aktion beteiligt, bei der Möbel aus den Häusern
deportierter Jüdinnen und Juden nach Deutschland transportiert wurden.
5 Feb 2025
## LINKS
[1] /Baudenkmal-in-der-Hafencity/!6058318
[2] /Milliardaer-will-Maezen-spielen/!6067564
[3] https://www.abendblatt.de/hamburg/kultur/article408226050/neue-staatsoper-v…
[4] https://kolonialismus.blogs.uni-hamburg.de/2025/02/04/dokumentation-baakenh…
[5] /Gedenkstreit-in-der-Hamburger-Hafencity/!6010601
[6] /!5408190/
[7] https://kolonialismus.blogs.uni-hamburg.de/2024/05/22/pressemitteilung-gede…
[8] /Vanity-Fair-ueber-Klaus-Michael-Kuehne/!6034426
## AUTOREN
Robert Matthies
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