# taz.de -- Milliardär schenkt Hamburg eine Oper: Der Bürgermeister will sich… | |
> Klaus-Michael Kühne will sich mit einer Oper ein Denkmal setzen. Eine | |
> kritische Debatte will Hamburgs Bürgermeister Tschentscher darüber bloß | |
> nicht. | |
Bild: Will ein bisschen seines Vermögens in eine Oper stecken: Milliardär Kla… | |
Es wäre doch wirklich albern, dass ein Bürgermeister nicht rundum glücklich | |
sein darf, wenn jemand auf ihn zukommt und ihm ein Opernhaus schenken will! | |
Darüber wolle er sich verständlicherweise „auch einmal freuen dürfen“, | |
vollumfänglich und ohne jede lästige, kritische Nachfrage. Das ist doch | |
schließlich ein Glücksfall sondergleichen! | |
Ein „Opernhaus mit Weltrang“, ein „Jahrhundertprojekt“ – [1][ein Gesc… | |
das Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) selbstredend und mit | |
ganz, ganz großer Dankbarkeit annimmt.] Schließlich hat die Sache nicht mal | |
einen Haken, darauf hat der Bürgermeister doch penibel bei den | |
Vorgesprächen mit dem Stifter geachtet, bevor er die Annahme des Geschenks | |
vergangene Woche publik machte. | |
Der milliardenschwere Unternehmer Klaus-Michael Kühne sorgt für den Bau | |
eines neuen Opernhauses in der Hamburger Hafencity. Ein paar öffentliche | |
Einlassungen Kühnes gab es dazu in den vergangenen zwei Jahren, ansonsten | |
wurde die ganze Sache zwischen Kühne, den beiden Adjutanten, die seine | |
Unternehmensholding und seine Stiftung führen, Tschentscher und | |
Kultursenator Carsten Brosda (auch SPD) im Geheimen verhandelt, ehe der | |
gelutschte Drops den Bürger:innen nun präsentiert wurde. | |
Und weil nicht nur in Hamburg, siehe Elbphilharmonie, größere Bauprojekte | |
gern aus dem Ruder laufen, woraufhin dann die Stadt finanziell nachschießen | |
musste, sei wirklich alles so solide vertraglich fixiert, dass Kühne jede | |
Kostensteigerung übernimmt. | |
## NS-Verstrickung und Kolonialgeschichte | |
Wohl viele potenzielle Haken hat Hamburg damit aus dem Weg geräumt, doch | |
dass dieser ganzen Sache ein paar ziemlich grundsätzliche anhaften, ist dem | |
SPD-geführten Senat schlichtweg scheißegal. Etwa, dass es wenig Geld in | |
Deutschland gibt, das dreckiger ist als das von Kühne: Grundlage für dessen | |
Vermögen ist schließlich sein Logistikunternehmen, das in der NS-Zeit durch | |
den Transport von „arisiertem“, also geraubtem, jüdischem Eigentum | |
expandieren konnte. | |
Diesen Teil der Unternehmensgeschichte wiederum wehrt Kühne seit Jahren ab, | |
hält eine Untersuchung der Betriebsgeschichte für nicht notwendig. Und | |
auch, wenn sich Kühne gern als Hanseat darstellt, der seiner Heimatstadt | |
Gutes tun will: Sein Vermögen ist auch deshalb so groß, weil er vor | |
Jahrzehnten die Steuerflucht in die Schweiz angetreten hat. Ausgerechnet | |
Sozialdemokraten sind es, die Kühne nun dabei helfen, sein öffentliches | |
Bild zu säubern. | |
Dazu kommt ein weiterer grundsätzlicher Haken. Für Kühnes Denkmal stellt | |
Hamburg eine Fläche direkt an der Elbe bereit, dessen geschichtliche | |
Belastung dann überbaut wird: Die Kaispitze Baakenhöft war [2][eine | |
zentrale logistische Drehscheibe] für den Genozid an den Herero und Nama | |
zur Zeit des deutschen Kolonialismus in Namibia. Tausende Soldaten wurden | |
hier für den Massenmord in „Deutsch-Südwestafrika“ eingeschifft, gut | |
begleitet von Inszenierungen kolonialer Macht. | |
Eine öffentliche Diskussion darüber, ob sich die historische Belastung mit | |
dem rauschhaften Drang nach Weltrang im Wettbewerb ziemlich [3][elitärer | |
Kulturstätten] nicht doch zu sehr beißt, wollten Tschentscher und Brosda | |
dann lieber nicht führen. Viel zu selbstverständlich war ihnen die Annahme | |
dieser, so Brosda, „großartigen mäzenatischen Geste“, auf die andere Stä… | |
voller Neid blicken würden. | |
Dass die Stadt das Opernhaus aber gar nicht ganz ohne eigenen Zuschuss | |
bekommt, sondern dankbar doch noch knapp 150 Millionen Euro in den Topf | |
dazu wirft, ist dann tatsächlich fast schon eine Lappalie. So viel sollte | |
den Hamburger:innen ein rundum glücklicher Bürgermeister eben wirklich | |
wert sein! | |
14 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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