# taz.de -- Vergesellschaftung von Wohnungen: „Hamburg enteignet“ geht zur�… | |
> Die Initiative, die große Wohnungsbestände vergesellschaften will, zieht | |
> ihr Volksbegehren zurück. Jetzt will sie ein Gesetz zur Abstimmung | |
> vorlegen. | |
Bild: Stark gefragt und teuer: Wohnungen in Hamburg | |
Hamburg taz | „Hamburg enteignet“ ist aus dem Verfassungsgerichtsverfahren | |
ausgestiegen, das der Senat gegen die Volksinitiative angestrengt hat. | |
Stattdessen will [1][die Initiative, die die Bestände großer | |
Wohnungsunternehmen in Hamburg vergesellschaften will], noch einmal ganz | |
von vorn anfangen. Statt den Senat aufzufordern, ein Enteignungsgesetz | |
auszuarbeiten, will sie ein solches Gesetz nun selbst vorlegen. | |
„[2][Hamburg enteignet“ hatte vor knapp zwei Jahren die erforderlichen | |
Unterschriften] für ein Volksbegehren vorgelegt. Ziel war es, | |
Wohnungsgesellschaften mit mehr als 500 Wohnungen in Hamburg zu enteignen, | |
um die Mieten zu senken. Dagegen hat der [3][rot-grüne Senat im November | |
2023 das Hamburgische Verfassungsgericht angerufen]. | |
Das hat sich nun damit erledigt, dass die Initiative ihr Volksbegehren | |
zurückgezogen hat. Der Antragsteller, also die Stadt, habe bereits „eine | |
verfahrensbeendende Erklärung im verfassungsgerichtlichen Verfahren in | |
Aussicht gestellt“, teilte Gerichtssprecherin Marayke Frantzen mit. Noch | |
sei eine solche aber nicht eingegangen. | |
Die Volksinitiative hatte den Senat aufgefordert, eine Kommission | |
einzusetzen, die einen Gesetzentwurf zur Vergesellschaftung großer | |
Wohnungsbestände erarbeiten sollte. Das Anliegen zielt auf Wohnungskonzerne | |
wie Vonovia oder Heimstaden, aber auch auf sehr wohlhabende Privatleute mit | |
großen Beständen. | |
## Das Risiko, aus formalen Gründen zu scheitern | |
Das Ende des laufenden Verfahrens abzuwarten, hätte für die Volksinitiative | |
das Risiko beinhaltet, aus formalen Gründen zu scheitern. „Unsere Sorge | |
wäre nicht gewesen, dass es inhaltlich unmöglich ist, was wir fordern, | |
sondern dass die konkrete Formulierung unserer Forderung nicht exakt genug | |
ist“, sagt Maura Weigelt von „[4][Hamburg enteignet]“. Dass ein mögliches | |
Scheitern nichts mit dem Inhalt des Volksbegehrens zu tun gehabt hätte, | |
wäre der Öffentlichkeit schwer zu vermitteln gewesen, befürchtet Weigelt. | |
Der Senat hatte in einem ausführlichen Schreiben begründet, warum er das | |
Volksbegehren für verfassungswidrig halte. Er bezweifelte, dass die | |
Forderung der Initiative verhältnismäßig sei. Der Antrag greife in „den | |
Kernbereich des Haushaltsrechts der Bürgerschaft“ ein. Zudem könnte der | |
Senat im Falle eines erfolgreichen Volksentscheids gezwungen sein, gegen | |
seinen Willen „durch persönliche Mitarbeit von Mitgliedern des Senats“ an | |
der Umsetzung mitzuarbeiten. | |
Die Befürchtung, dass eine Vergesellschaftung nicht verfassungskonform sein | |
könnte, sieht die Initiative inzwischen ausgeräumt. Denn in Berlin kam die | |
Expertenkommission „Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen“ zu dem | |
Schluss, dass [5][Enteignungen nicht nur möglich, sondern auch ein | |
effizientes Mittel] sind. Die Berliner Kommission fand auch nicht, dass die | |
Unternehmen, wie vom Senat befürchtet, zum Marktwert entschädigt werden | |
müssten. Die Summe könnte durchaus darunter liegen. | |
Mit ihrem neuen Anlauf will die Hamburger Initiative selbst einen Entwurf | |
vorlegen, der per Volksentscheid Gesetz werden könnte. Damit lasse sich | |
vermeiden, dass eine Kommission zwar ein Gesetz erarbeite, die Bürgerschaft | |
das aber dann doch nicht beschließe, sagt Weigelt. Gesetze in Hamburg | |
werden [6][laut der Verfassung „von der Bürgerschaft oder durch | |
Volksentscheid beschlossen“]. | |
## Hamburg hofft, von der Berliner Expertise zu profitieren | |
Die Hamburger Initiative orientiert sich an den Erfahrungen in Berlin, wo | |
sich der Senat dagegen sperrt, einen Volksentscheid für die Enteignung | |
großer Wohnungskonzerne umzusetzen. Die [7][Berliner Volksinitiative | |
„Deutsche Wohnen & Co. enteignen“] arbeitet schon an einem Gesetzentwurf. | |
Die Hamburger hoffen, von deren Expertise zu profitieren. | |
„Statt auf den Senat zu hoffen, werden wir in engem Austausch mit ‚Deutsche | |
Wohnen & Co. enteignen‘ ein Hamburger Enteignungsgesetz schreiben“, teilt | |
die Initiative mit. Durch dieses Gesetz sollten große profitorientierte | |
Wohnungsunternehmen enteignet werden, die Wohnen lediglich als | |
Kapitalanlage sähen. | |
„Damit wollen wir einen Wohnungsmarkt schaffen, der an den Bedürfnissen der | |
Hamburger*innen orientiert ist“, heißt es in der Pressemitteilung. Bis | |
das Gesetz fertig sei, wolle sich die Initiative mit kreativen Aktionen und | |
Demos für günstige Mieten einsetzen. Als Termin für den Volksentscheid | |
würde sich eine der 2029 anstehenden Wahlen eignen. | |
29 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /taz-Salon-in-Hamburg/!5924872 | |
[2] /Vergesellschaftung-von-Wohnraum/!5918685 | |
[3] /Klage-gegen-Volksinitiative/!5969618 | |
[4] https://hamburg-enteignet.de/ | |
[5] /Gutachten-zu-Wohnungspolitik-in-Berlin/!5940303 | |
[6] https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/jlr-VerfHApArt48 | |
[7] https://dwenteignen.de/argumente | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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