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# taz.de -- Schutz für Geflüchtete: Dem Bruch lauter entgegentreten
> Ein virtuelles Treffen in Sachen Kirchenasyl findet positives
> Abschlussstatement. Berliner Bischof verteidigt das Recht, Geflüchtete zu
> schützen.
Bild: Kirchenasyl ist ein humanitäres Ausnahmerecht
Berlin taz | Acht Mal haben deutsche Behörden in den zurückliegenden
Monaten Kirchenasyle gebrochen. Dies geschah in Hamburg,
Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und
Mecklenburg-Vorpommern. Nur zwei dieser Fälle wurden bekannt: Letzten
Dezember holten Polizisten in voller Kampfkleidung eine sechsköpfige
afghanische Familie [1][aus einer Gemeindewohnung in Schwerin]. Und diesen
Herbst schoben Polizisten einen [2][Afghanen aus einer Hamburger
Kirchenwohnung] nach Schweden ab.
Am Mittwoch trafen sich VertreterInnen der [3][Kirchenasylbewegung] in
einem Webinar und befanden: Wir müssen dem lauter entgegentreten! „Das
müssen wir im Interesse der Betroffenen tun, aber auch im Interesse der
Gesellschaft, denn Kirchenasyl ist ein humanitäres Ausnahmerecht, das die
Gesellschaft braucht“, sagt der evangelische Bischof von Berlin, Christian
Stäblein.
„Ich möchte in keiner Gesellschaft leben, in der es kein Kirchenasyl und
keine geschützten Räume gibt“, so Stäblein weiter, der auch
Flüchtlingsbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland ist. Es sei
eine Illusion, „durch Abwehr ließe sich Migration steuern“.
Mehr als 2.000 Kirchenasyle gibt es derzeit in katholischen, evangelischen
und in Freikirchen. Was unterschied die acht Fälle von den anderen? Wenig,
findet Dietlind Jochims von Asyl in der Kirche. „Die Gemeinden haben nichts
falsch gemacht.“
## Stimmung ist ungut
Die Abschiebungen aus dem Kirchenasyl heraus seien eher der politischen
Stimmung geschuldet, die zu wenige Abschiebungen beklagt und zu viele
Kirchenasyle. Eins hätten diese acht Fälle dann allerdings doch gemeinsam:
Das Härtefalldosier, das Asyl in der Kirche geschrieben hätte, um gegenüber
den Behörden einen Verbleib der Flüchtlinge in Deutschland zu begründen,
sei vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt worden.
Das aber, so Jochims, sei nichts Besonderes, das geschehe in zahlreichen
anderen Fällen auch. Und hier sei es wiederum die politische Stimmung, die
in diesen Einzelfällen die Ausländerbehörden zur Abschiebung motiviert
hätte.
Kirchenasyl gewähren christliche Gemeinden an Geflüchtete, die kein
Aufenthaltsrecht in Deutschland haben, bei denen eine Abschiebung aber eine
unzumutbare Härte darstellen würde. Das Kirchenasyl gibt den Behörden
Zeit, den Fall noch einmal zu prüfen. Fast alle Kirchenasyle betreffen
derzeit sogenannte Dublin-Fälle, also Menschen, die in den EU-Staat
zurückgeschickt werden sollen, den sie bei ihrer Flucht zuerst erreicht
hatten. Das kann Bulgarien sein, wo Flüchtlinge monatelang inhaftiert
wurden, Polen und Litauen, von wo aus sie nach Belarus zurückgeprügelt
wurden, oder auch Schweden, das Asylanträge nicht nachvollziehbar ablehnt.
Oft hilft das Kirchenasyl dann einfach, die Frist zu überbrücken, während
der diese Staaten bereit und verpflichtet sind, die Asylbewerber
zurückzunehmen. Somit sind fast alle Kirchenasyle erfolgreich. Kirchenasyle
sind nicht illegal, ihr Bruch durch die Polizei ist es aber auch nicht.
Doch der Bruch verletzt einen jahrzehntelangen Brauch und den Respekt vor
der Institution Kirche.
29 Nov 2024
## LINKS
[1] /Abschiebung-einer-Familie-in-Schwerin/!5975779
[2] /Abschiebung-einer-Familie-in-Schwerin/!5975779
[3] https://kirchenasyl.de/
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Kirchenasyl
Evangelische Kirche
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