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# taz.de -- Polizeieinsatz gegen Kirchenasyl: Bremens Innensenator von der SPD …
> In der Bremer Neustadt hat die Polizei versucht, ein Kirchenasyl zu
> beenden. Nur dem Widerstand vor Ort ist es zu verdanken, dass es nicht
> dazu kam.
Bild: Zeigt eine neue Härte: Bremens Innensenator Ulrich Mäurer
Sogar das von SPD, Linken und Grünen regierte Bremen will nun offenbar in
den deutschlandweiten Abschiebewettbewerb einsteigen. Nur so lässt sich
erklären, warum der Bremer SPD-Innensenator in der Nacht auf Dienstag
[1][die Polizei losschickte], um den jungen Somalier Ayoub I. aus dem
Kirchenasyl zu holen. Mit drei Mannschaftswagen rückten die Einsatzkräfte
an und umstellten die Zionskirche in der Neustadt. In deren Gemeindesaal
hatten sich etwa hundert Menschen versammelt, um Ayoub I. zu schützen. Sie
läuteten die Kirchenglocken. Die Polizei zog am Ende ab.
Wäre der Einsatz erfolgreich gewesen, hätte der junge Somalier gemäß der
Dublin-Regelung zurück nach Finnland müssen, wo er die Abschiebung nach
Russland befürchtet. Er möchte darum in Deutschland bleiben. Am Samstag
wäre er ein halbes Jahr hier und könnte Asyl beantragen.
In den letzten Monaten wurde das Kirchenasyl bereits in Schwerin, im
niedersächsischen Bienenbüttel und in Hamburg gebrochen. Jede Institution,
auch die Kirche, habe sich dem Rechtsstaat unterzuordnen, rechtfertigte der
Bremer Innensenator Ulrich Mäurer die von ihm angeordnete Polizeiaktion.
Seiner Behörde sei, so Mäurer, gar nichts anderes übrig geblieben, als die
Abschiebung zu versuchen. Schließlich habe das Bundesamt für Migration den
Härtefallantrag von Ayoub I. zurückgewiesen. Über den Widerstand der
Kirchengemeinde zeigte er sich empört: Das Läuten der Kirchenglocken mitten
in der Nacht sei „an Zynismus nicht zu übertreffen“. Mit dem Widerstand
verstoße die Kirche gegen eine Vereinbarung mit dem Staat, Kirchenasyle im
Falle einer Ablehnung des Asylantrags zu beenden.
Bisher war die Politik auch in Bremen eine andere: Räumungen von
Kirchenasylen wurden nicht vollzogen. Der Innensenator ist darum unter
Rechtfertigungsdruck, weswegen er im [2][Interview mit dem Bremer
Fernsehmagazin „buten un binnen]“ auf ein neues Argument umschwenkte: „Das
Problem“ sei, „dass wir in früheren Jahren etwa zehn Fälle von Kirchenasyl
im Jahr hatten. Das war händelbar. Jetzt sind wir bei weit über 100.“ Woran
das wohl liegen mag?
Unterdessen schlägt die versuchte Abschiebung in der Bremer Politik hohe
Wellen. Die Fraktionsvorsitzenden der Koalitionspartner von Linken und
Grünen kritisierten den Polizeieinsatz als „Zäsur“ (Linke) und „politis…
falsch und menschlich unanständig“ (Grüne), die Jusos [3][schlossen sich
an] und nannten das Vorgehen der Polizei „eine gefährliche Respektlosigkeit
gegenüber schutzsuchenden Menschen und denen, die ihnen helfen“.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte dagegen hüllte sich zu dem
Polizeieinsatz in Schweigen, ebenso die SPD-Fraktion in der Bremer
Bürgerschaft. Beifall kam lediglich von der CDU und der Bremer
Rechtsfraktion „Bündnis Deutschland“.
Innerhalb der Bremer SPD steht Mäurer mit seinem neuen Kurs also bisher
ohne Unterstützung da. Will er sich als Hardliner profilieren? Die
Abschiebung war einen Tag vor der Innenministerkonferenz angesetzt, bei der
es um weitere Verschärfungen in der Asylpolitik ging.
Eine Abschiebung aus dem Bremer Kirchenasyl könnte ein fatales Signal
senden. Der rot-grün-rot regierte Stadtstaat gilt als Vorreiter einer
sozialen und liberalen Politik. Wird zukünftig das Argument der nicht so
liberalen Bundesländer sein: Wenn Bremen das macht, dürfen wir es auch?
Unterdessen haben sich laut Zionskirche schon mehr als tausend Menschen
zusammengeschlossen, um Ayoub I. zu unterstützen. Mehr als 100 haben die
folgende Nacht wieder in der Kirche verbracht.
7 Dec 2024
## LINKS
[1] /Bremens-Innensenator-bricht-Kirchenasyl/!6050013
[2] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/kirchen-asyl-bremen-maeurer-abschi…
[3] https://www.instagram.com/jusosbremen/p/DDJfAQGNY39/?img_index=1
## AUTOREN
Frida Schubert
## TAGS
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Kirchenasyl
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Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
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Kirchenasyl
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