| # taz.de -- Parteitag der SPD Berlin: Die Macht der Männer | |
| > Berlins SPD vertagt die Entscheidung, ob eine Frau die Landesliste zur | |
| > Wahl anführen soll. Auch sonst ist die Stimmung auf dem Parteitag eher | |
| > mäßig. | |
| Bild: Voll motiviert: Berlins SPD-Chef:innen Martin Hikel und Nicola Böcker-Gi… | |
| Berlin taz | Für das gemeinschaftliche Hochhalten von Plakaten zum | |
| Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen hat es am Samstag beim | |
| Landesparteitag der Berliner SPD noch gereicht. Für eine Frau auf Platz 1 | |
| der Landesliste zur Bundestagswahl am 23. Februar kommenden Jahres dann | |
| aber schon wieder nicht. | |
| Ein Antrag mit der Forderung, in „feministisch emanzipatorischer Tradition | |
| unserer Partei“ voranzugehen und mit einer Frau an der Spitze in Berlin in | |
| den Wahlkampf zu ziehen, wurde jedenfalls kurzerhand auf wenige Tage vor | |
| Weihnachten vertagt. | |
| Aktuell sitzen für [1][die in vielerlei Hinsicht eigentümliche | |
| Hauptstadt-SPD] sechs Männer und eine Frau im Bundestag. Ein | |
| Ungleichgewicht, das nicht länger hinnehmbar sei, erklärten die | |
| SPD-Frauenorganisation und der Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg, die | |
| den Antrag „Mehr Frauen der SPD Berlin in den Bundestag“ eingebracht | |
| hatten. | |
| „Gleichstellung ist eine politische Haltung, und die gibt man hier beim | |
| Parteitag nicht an der Garderobe ab“, warb Marie Scharfenberg von den | |
| Berliner SPD-Frauen in dem Tagungshotel nahe des Alexanderplatzes für die | |
| Annahme des Antrags. | |
| ## Charlottenburg-Wilmersdorf setzt sich durch | |
| Es half nichts. Am Ende stimmten die Delegierten mit 153 zu 82 Stimmen für | |
| das Garderobenmodell. Die Grundsatzentscheidung wurde auf den am 18. | |
| Dezember tagenden Sonderparteitag verschoben, auf dem die | |
| Kandidat:innenliste für den Bundestag festgezurrt werden soll. | |
| Gut möglich, dass der Antrag dort mit ähnlichen Mehrheiten final beerdigt | |
| wird. „Das ist leider schon ein deutliches Signal, das wir hier aussenden, | |
| und das finde ich sehr problematisch“, zeigte sich eine Delegierte aus | |
| Friedrichshain-Kreuzberg vom linken Parteiflügel im Gespräch mit der taz | |
| enttäuscht. | |
| Der Vorschlag, den Antrag einfach auf die lange Bank und damit | |
| möglicherweise ins Niemandsland zu schieben, wurde dabei ausgerechnet | |
| [2][vom einflussreichen Parteilinken Kian Niroomand] begründet. Die | |
| Beweggründe liegen auf der Hand. Niroomand ist Vorsitzender des | |
| mitgliederstarken Kreisverbands Charlottenburg-Wilmersdorf, der sich | |
| bereits auf einen Kandidaten festgelegt hat: Michael Müller. | |
| Der ehemalige Regierende Bürgermeister stand schon bei der Bundestagswahl | |
| 2021 und der Teilwiederholung im Februar 2024 auf dem sicheren | |
| Landeslistenplatz 1. Und nach Ansicht der maßgeblichen Vertreter:innen | |
| aus dem Westbezirk soll er auch im Februar ganz oben auf dem Wahlzettel zu | |
| finden sein. Wenn einer etwas für die SPD Berlin im Wahlkampf reißen könne, | |
| dann sei es Müller, sagte ein Delegierter aus Charlottenburg-Wilmersdorf am | |
| Rand des Parteitags. | |
| ## Rasch zusammengeklöppelter Leitantrag | |
| Die [3][beim letzten Parteitag Ende Mai neu gewählten Landesvorsitzenden | |
| Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini] versuchten unterdessen, ihre | |
| Genoss:innen für den anstehenden Winterwahlkampf zu motivieren. „Wir | |
| sind überzeugt, die SPD steht für ein klares soziales Profil, anders als | |
| die Merz-CDU“, sagte Böcker-Giannini. Trotzdem wolle man keinen | |
| „Dagegen-Wahlkampf“ machen, sondern einen für die Anliegen der SPD. | |
| Als da wären: „ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum“, „gute Arbeit und | |
| gerechte Löhne“, ein „starker Sozialstaat“ und ein „starkes Europa“.… | |
| waren auch die [4][Schwerpunkte des Leitantrags des Landesvorstands], der | |
| nach der Ankündigung von Neuwahlen vor eineinhalb Wochen offenkundig etwas | |
| zu rasch zusammengeklöppelt wurde. | |
| Obwohl das Paper für SPD-Verhältnisse mit acht Seiten nahezu schmal war, | |
| wurden bis Samstag rund 80 Änderungsanträge gestellt. Zu viel. Ein | |
| Delegierter nannte den Antrag unter vorgehaltener Hand „dilettantisch“. | |
| Letztlich wurde nur ein einziger Absatz mit Allgemeinplätzen beschlossen, | |
| der Rest wurde in die Parteigremien zurücküberwiesen. | |
| Nicola Böcker-Giannini erklärte trotzdem, dass sie „ganz fest“ daran | |
| glaube, dass sich die Arbeit an dem Papier gelohnt habe und ihre Partei | |
| „unsere Republik nicht den Merzens überlassen“ werde. „Wir machen uns je… | |
| gemeinsam auf den Weg zum Erfolg“, hatte Martin Hikel die Delegierten schon | |
| zuvor beschworen. | |
| ## Miese Umfragewerte und viel Kritik am Haushalt | |
| Der Applaus für die Mutmachreden von Hikel und Böcker-Giannini fiel mäßig | |
| aus. Richtig durchdringen konnten sie mit ihrem Optimismus nicht. Was auch | |
| an einer [5][vor wenigen Tagen veröffentlichten Umfrage des RBB] lag, die | |
| der SPD in Berlin bei der Bundestagswahl gerade mal 13 Prozent vorhersagte, | |
| fast zehn Punkte weniger als bei der letzten Wahl. Noch ein wenig mieser | |
| sieht es demnach im Land aus. Wäre jetzt Abgeordnetenhauswahl, käme die | |
| Partei sogar auf nur noch zwölf Prozent. | |
| Die beiden Landesvorsitzenden gingen in ihren Reden mit keinem Wort auf den | |
| Absturz in der Gunst der Berliner:innen ein. Das übernahmen andere. | |
| Etwa Jusos-Landeschefin Svenja Diedrich, die an die Genoss:innen | |
| appellierte: „Das darf uns nicht egal sein, das dürfen wir nicht | |
| wegwischen, da müssen wir uns sofort kümmern, wenn wir solche Zahlen | |
| sehen.“ | |
| Die Sozialdemokrat:innen sollten sich nichts vormachen, so Diedrich. | |
| Für die Spitzen von Partei und Fraktion mag die ebenfalls in dieser Woche | |
| verkündete [6][Einigung der schwarz-roten Koalition auf die | |
| Drei-Milliarden-Euro-Sparliste] „eine politische Erfolgsgeschichte“ sein. | |
| Aber für viele Berliner:innen, die sich die Stadt schon vorher kaum noch | |
| leisten konnten, sei „das wirklich kein Erfolg, da müssen wir leider noch | |
| mal drüber reden“. | |
| Ähnlich Jana Bertels vom linken Parteiflügel, [7][die vor einem halben Jahr | |
| beim Kampf um den Landesvorsitz gemeinsam mit Kian Niroomand gegen Hikel | |
| und Böcker-Giannini unterlegen war]. Sie sei sehr froh, dass im Ressort von | |
| SPD-Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe insgesamt betrachtet weniger gespart | |
| wird, sagte Bertels. Aber man müsse sich nur mal die Jugendprojekte in der | |
| Stadt genauer ansehen: „Es stimmt einfach nicht, dass es keine Einsparungen | |
| im sozialen Bereich gibt.“ | |
| 24 Nov 2024 | |
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| [4] https://parteitag.spd.berlin/app/uploads/2024-11-23-LPT-Ini-01.pdf | |
| [5] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/11/berlin-berlintrend-sonntagsfra… | |
| [6] /Sparhaushalt-von-CDU-und-SPD-in-Berlin/!6047224 | |
| [7] /Dreikampf-um-den-SPD-Landesvorsitz/!5996079 | |
| ## AUTOREN | |
| Rainer Rutz | |
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