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# taz.de -- Neuausrichtung der Berliner SPD: Vorläufig unbestimmt
> Berlins SPD startet ihren parteiinternen „Zukunftsprozess“. Die neue
> Doppelspitze sagt, sie wolle erst mal hören, was die Mitglieder sich
> wünschen.
Bild: Optimismusbeauftragte: Berlins SPD-Landesvorsitzende Nicola Böcker-Giann…
Berlin taz | Es ist ruhiger geworden um die Berliner SPD. Noch in den
ersten Monaten dieses Jahres machte der Landesverband vor allem als
Krawallschachtel von sich reden. Im Kampf um den Parteivorsitz lieferten
sich die unterschiedlichen Lager erbitterte Grabenkämpfe. Beim
SPD-Mitgliederentscheid setzten sich schließlich Martin Hikel und Nicola
Böcker-Giannini vom rechten Parteiflügel durch – [1][wenn auch nicht mit
berauschendem Ergebnis].
Die SPD wolle nun „nicht mehr über Personen, sondern über Inhalte
sprechen“, sagte Hikel am Freitagabend im Willy-Brandt-Haus in Kreuzberg
vor rund 300 Gästen bei der Auftaktveranstaltung zum parteiinternen
„Zukunftsprozess Berlin 2035“. Fast auf den Tag genau vier Monate nach
ihrer Wahl zur neuen Doppelspitze wollen Hikel und Böcker-Giannini damit
„ein neues inhaltliches Fundament für die SPD Berlin schaffen mit einem
fachlichen Fokus auf Themen von hoher Relevanz für die Berlinerinnen und
Berliner“.
Unklar blieb beim Start des Prozesses in der SPD-Bundeszentrale, was denn
genau von hoher Relevanz ist. Die Ex-Sportstaatssekretärin und der
Bezirksbürgermeister von Neukölln wollten jedenfalls über Floskelwolken
nicht hinausgehen. Berlin im Jahr 2035 soll eine „eine intelligente Stadt“
sein, „eine Stadt, die Schubladen verlässt und kreativ nach vorn geht“,
sagte Böcker-Giannini. Berlin müsse eine „Stadt der Chancen“ sein und „…
optimistische Stadt“, sagte Hikel. Als wünschte sich jemand eine dumme und
depressive Stadt.
Die vorläufige Unbestimmtheit bei maximaler Anschlussfähigkeit gehört
freilich zum Konzept. Es gehe ihnen darum, zunächst „alle möglichen
Perspektiven zu hören“, erklärte das Duo. Man wolle „deutlich mehr als
jetzt“ den Dialog mit den Mitgliedern, aber auch mit der Stadtgesellschaft
suchen.
## Ausrufezeichen im Original
Zu diesem Zweck will die Parteispitze bis zum Sommer 2025 insgesamt sechs
„Zukunftswerkstätten“ mit jeweils bis zu 100 Teilnehmer:innen
durchführen. Die Mottos der einzelnen „Werkstätten“ folgen dabei der nach
allen Seiten offenen Optimismuslinie: „Zusammenhalten!“, „Zuhause!“,
„Sicherheit!“, „Aufsteigen!“, „Verantwortung!“, „Anpacken!“ Aus…
im Original.
Die Ergebnisse der Diskussionen sollen im Anschluss „in Kompromiss
gebracht“ und in einem „Zukunftskonzept Berlin 2035“ zusammengefasst
werden, das wiederum in das Wahlprogramm für die Abgeordnetenhauswahl 2026
einfließen soll. Im Vordergrund stehe das Miteinander, sagte Parteichef
Hikel. „Das Gegeneinander, das Sich-Anbrüllen beim Austausch von
Positionen, das bringt uns nicht weiter. Weiter bringen uns die
Kompromisse.“
Der „Zukunftsprozess“ soll offenkundig eine Art Gegenmodell zum
[2][Top-down-Durchregierstil der Vorgänger:innen Franziska Giffey und
Raed Saleh] sein. Eine vom Parteivorstand in Auftrag gegebene Analyse der
letzten Wahlschlappen war in dieser Hinsicht zu einem vernichtenden Urteil
gekommen: Es habe in der Berliner SPD unter Giffey und Saleh keine Räume
für Debatten gegeben, die Partei sei tief zerrissen, die Außenwirkung
katastrophal.
Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel halten sich nun fleißig an die
Empfehlungen des im März veröffentlichten Papiers. Die Autor:innen
hatten der Partei geraten, „neue Formate“ zu entwickeln und sich dabei „d…
Debattencamps der Bundes-SPD zum Vorbild zu nehmen und gemeinsam mit der
Mitgliedschaft langfristige Themensetzungen anzugehen“. Es biete sich an,
„stärker in die Mitgliedschaft der Partei hineinzuhören“.
## Die große Flügelumarmung
Das Ziel des im Rennen um den Parteivorsitz vom linken Parteiflügel wie vom
Kreis um SPD-Fraktionschef Raed Saleh hart bekämpften Duos ist so
nachvollziehbar wie klar: Der Landesverband soll wieder zusammengeführt
werden. Nur folgerichtig wird die Parteilinke in den „Zukunftsprozess“
offensiv eingebunden.
So moderierte die ehemalige Jusos-Vorsitzende und jetzige Vize-Landeschefin
Sinem Taşan-Funke Seite an Seite mit der noch vor einem halben Jahr [3][von
ihr als Vertreterin einer „CDU light“ angegangenen Nicola Böcker-Giannini]
durch die Auftaktveranstaltung. Taşan-Funke habe „den Prozess maßgeblich
vorangebracht“, erklärte Martin Hikel. Und: „Ich glaube, gemeinsam können
wir diese Partei zur Berlin-Partei machen.“
Ob die Strategie „Befriedung durch Umarmung“ tatsächlich aufgeht, wird Ende
November beim nächsten Landesparteitag der Hauptstadt-SPD zu bestaunen
sein.
29 Sep 2024
## LINKS
[1] /Neue-Doppelspitze-der-Berliner-SPD/!6012676
[2] /Berlins-scheidender-SPD-Chef-Saleh/!6003169
[3] /Vorstands-Triell-bei-der-SPD-Berlin/!5996815
## AUTOREN
Rainer Rutz
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Schwarz-rote Koalition in Berlin
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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