| # taz.de -- Machtkampf in der Berliner SPD: Saleh verliert Parteivorsitz | |
| > Bei der Mitgliederbefragung zur künftigen Doppelspitze der Hauptstadt-SPD | |
| > muss der bisherige Parteichef eine krachende Niederlage hinnehmen. | |
| Bild: Raed Saleh steht seit Ende 2020 an der Spitze der Berliner SPD, nun muss … | |
| Berlin taz | Raed Saleh wollte es noch mal wissen. Jetzt weiß er es. | |
| Lediglich 1.300 der etwas mehr als 18.000 Berliner | |
| Sozialdemokrat:innen stimmten in der ersten Runde der | |
| Mitgliederbefragung der Landes-SPD dafür, dass der bisherige Parteichef | |
| Saleh im Amt bleibt. | |
| Für Saleh, das langjährige Machtzentrum der Hauptstadt-SPD, ist das | |
| Ergebnis eine Klatsche der Sonderklasse. Er war gemeinsam mit [1][der | |
| jungen und engagierten Ostberliner Bezirkspolitikerin Luise Lehmann | |
| angetreten]. Und scheiterte überraschend deutlich. Im Rennen um die | |
| künftige Doppelspitze der Partei lag das Duo mit gerade mal 15,6 Prozent | |
| der abgegebenen Stimmen weit abgeschlagen hinter den konkurrierenden beiden | |
| Teams. Saleh und Lehmann sind damit raus. | |
| Noch-Co-Parteichefin Franziska Giffey – sie hatte von vornherein | |
| entschieden, [2][Ende Mai beim SPD-Parteitag nicht mehr anzutreten] – | |
| sprach bei der Bekanntgabe der Ergebnisse am Samstagnachmittag von „einem | |
| sehr klaren Votum“, zu Recht. | |
| Das Rennen gemacht haben vorerst [3][Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin | |
| Hikel und Ex-Sportstaatssekretärin Nicola Böcker-Giannini vom rechten | |
| Parteiflügel]. Auf die beiden Giffey-Vertrauten entfielen 48,2 Prozent – | |
| nur rund 150 Stimmen trennten die beiden von der absoluten Mehrheit, mit | |
| der sie schon nach diesem ersten Wahlgang den Vorsitz übernommen hätten. | |
| Auf Platz zwei landeten [4][Kian Niroomand und Jana Bertels]. Der Kreischef | |
| von Charlottenburg-Wilmersdorf und die Ex-Vorsitzende der Berliner | |
| SPD-Frauen hatten als Vertreter:innen des linken Flügels unter anderem | |
| [5][die Unterstützung der Jusos]. Sie kamen auf 36,1 Prozent und gehen | |
| gegen Hikel und Böcker-Giannini in einer zweiten Mitgliederbefragung | |
| [6][Anfang Mai in die Stichwahl]. | |
| ## Hikel verkündet Beginn einer neuen Ära | |
| „Dieses Ergebnis ist wahrlich ein Einschnitt“, sagte Martin Hikel, nachdem | |
| die Stimmen ausgezählt waren. Die Genoss:innen hätten sich „ganz klar“ | |
| gegen ein „Weiter-so“ und für „eine neue Ära“ entschieden, gab er dem | |
| Verlierer Raed Saleh noch einen mit. Ähnlich Konkurrentin Jana Bertels. Sie | |
| verwies darauf, dass die Parteimitglieder „ein Zeichen gesetzt“, hätten, | |
| „dass die SPD einen Neustart braucht, auch personell“. Egal welches Duo die | |
| zweite Runde für sich entscheidet: Den Wechsel wird es nun so oder so | |
| geben. | |
| Zur Wahrheit gehört, dass die Beteiligung an der ersten Befragungsrunde mit | |
| 48 Prozent durchaus zu wünschen ließ. Insgesamt bequemten sich nur rund | |
| 8.570 Sozialdemokrat:innen zu einer Stimmenabgabe per Brief, Urne | |
| oder online. Zur Erinnerung: Am [7][SPD-Mitgliedervotum zum | |
| Koalitionsvertrag mit der CDU] vor einem Jahr nahmen fast 12.000 und damit | |
| über 60 Prozent der damals 18.500 stimmberechtigten | |
| Sozialdemokrat:innen teil. | |
| Raed Saleh dürfte das wenig trösten. Bei der offiziellen Vorstellung der | |
| Ergebnisse vor der Presse waren er und Luise Lehmann nicht mal mehr dabei. | |
| „Selbstverständlich ist dieses eindeutige Ergebnis für uns persönlich | |
| enttäuschend, als Partei wird uns die baldige Klarheit aber insgesamt | |
| stärken und konzentriert zusammenführen und zusammenarbeiten lassen“, | |
| teilten die beiden am späten Samstagnachmittag schriftlich mit. | |
| Dabei hatte sich Saleh in den vergangenen Wochen schwer ins Zeug gelegt, um | |
| seinen Ende 2020 übernommenen Posten an der Spitze der Landespartei zu | |
| verteidigen. Ein Interviewmarathon, Hintergrundgespräche mit | |
| Journalist:innen, Forderungen hier, Einigungen da: Der erklärte | |
| Lordsiegelbewahrer der Gebührenfreiheit von Kita und Schule ließ nichts | |
| unversucht, um in den Medien präsent zu sein. | |
| ## Gebührendebatte hat Saleh nicht geholfen | |
| Überhaupt die Gebührenfreiheit beziehungsweise das Konzept der | |
| vermeintlichen „Umsonst-Stadt“, wie Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini | |
| das von ihnen abgelehnte zentrale Politikprojekt von Saleh betitelten: Der | |
| Landeschef gab sich überzeugt, dass die vom rechten Duo angestoßene Debatte | |
| darüber nur ihm allein die Stimmen der SPD-Mitglieder zutreiben werde. „Uns | |
| hat das geholfen“, [8][hatte Saleh noch vor zwei Wochen verkündet]. Er hat | |
| sich getäuscht. | |
| Nun könnte alles auf Hikel und Böcker-Giannini hinauslaufen. Eines war in | |
| der Sache von Unterstützer:innen der anderen beiden Duos zuletzt immer | |
| wieder zu hören: Sollten Hikel und Böcker-Giannini die künftigen | |
| Landesvorsitzenden werden, so wären sie nur „König:innen ohne Land“. | |
| Schließlich, so die Erklärung, werde der restliche Landesvorstand von den | |
| mehrheitlich nicht unbedingt rechts tickenden Delegierten des Parteitags am | |
| 25. Mai bestimmt. Im Landesvorstand wären der Neuköllner Rathauschef und | |
| die Ex-Staatssekretärin fürderhin eingerahmt von Leuten aus dem Saleh-Lager | |
| und vom linken Flügel. | |
| Klar ist aber auch, dass es für Saleh in seiner Funktion als Fraktionschef | |
| im Abgeordnetenhaus nun schwerer wird, seine Politik wie bisher einfach so | |
| und häufig ohne größere Absprachen durchzudealen. Die neuen | |
| Parteivorsitzenden können ihm jedenfalls auch ordentlich in die Parade | |
| fahren, so sie das wollen. | |
| Gefragt, ob denn ihr Co-Chef nach der Pleite an der Basis überhaupt weiter | |
| Fraktionsvorsitzender bleiben wird, erklärte Franziska Giffey nur: „Das ist | |
| etwas, das in der persönlichen Hand von Raed Saleh liegt, wie er damit | |
| umgeht.“ Das Verhältnis der beiden gilt seit längerem als unterkühlt. | |
| 20 Apr 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rainer Rutz | |
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