# taz.de -- SPD-Streit um Gebührenfreiheit: Die Sache mit der Waffel | |
> SPD-Landeschef Raed Saleh und Co-Kandidatin Luise Lehmann verteidigen im | |
> Kampf um den Parteivorsitz die Gebührenfreiheit im Kita- und | |
> Schulbereich. | |
Bild: „Der Kampf geht weiter“: Luise Lehmann und Raed Saleh | |
BERLIN taz | Die SPD macht mal wieder das, was sie gut kann: Sie kämpft | |
gegen sich selbst. Im Rennen um den Parteivorsitz verhaken sich die | |
antretenden drei Duos aktuell beim Konzept der vermeintlichen | |
„Umsonst-Stadt“. | |
Für das Duo vom rechten Parteiflügel, Martin Hikel und Nicola | |
Böcker-Giannini, ist die generelle Gebührenbefreiung bei Kitabetreuung oder | |
Schulessen [1][überkommene Sozialromantik]. Berlin, heißt es von Neuköllns | |
Bezirksbürgermeister und der Ex-Sportstaatsekretärin, könne es sich | |
angesichts knapper Kassen nicht mehr leisten, über allen | |
Berliner:innerinnen unabhängig vom Einkommensstatus das Füllhorn | |
auszuschütten. | |
„Man spielt nicht mit solchen Grundwerten, auch nicht im innerparteilichen | |
Wahlkampf“, tadelt Noch-SPD-Chef Raed Saleh am Donnerstag die | |
Konkurrent:innen um die Ende Mai neu zu wählende Doppelspitze. Saleh, | |
[2][der mit der jungen Neurochirurgin Luise Lehmann kandidiert], verteidigt | |
dann auch noch mal „all die Errungenschaften im Bereich der | |
Gebührenfreiheit“, die er sich letztlich als sein ureigenes Verdienst | |
selbst ans Revers heftet. | |
Zwei Tage vor Beginn der SPD-Mitgliederbefragung über den künftigen | |
Parteivorsitz gibt Saleh bei dem Pressewerbetermin mit Lehmann noch einmal | |
alles. Er erinnert an seine von Armut geprägte Kindheit in Spandau, an das | |
Sommerfest in seiner Grundschule, an die Waffel am dortigen SPD-Stand, die | |
er sich nicht leisten konnte – und ihm dann einfach in die Hand gedrückt | |
wurde: „Deine Waffel ist fertig.“ Ein „bewegender Moment“, sagt er in d… | |
Räumen der Berliner Stadtmission nahe des Hauptbahnhofs. | |
## Streitpunkt 29-Euro-Ticket | |
Der Ort ist nicht zufällig gewählt. Die Arbeit der Stadtmission zeigt Saleh | |
zufolge, „wie wichtig es ist, Armut zu bekämpfen“. Seit' an Seit' mit den | |
Menschen in Not und Elend: Genau dafür stehe „seine“ SPD. Luise Lehmann | |
assistiert, auch in Zukunft dafür sorgen zu wollen, „dass wir jedem Kind | |
ermöglichen, mit den anderen auf Klassenfahrt zu fahren, und dass jedes | |
Kind ein warmes Mittagessen bekommt“. Es dürfe keine | |
Zwei-Klassen-Gesellschaft geben, nicht im Bildungsbereich, aber auch nicht | |
beim ÖPNV. | |
Lehmann zielt damit auf das zweite innerparteiliche Streitthema: die | |
Einführung des 29-Euro-Tickets für alle. Inzwischen seien die Mittel | |
hierfür nicht mehr da, bekräftigten Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini | |
jetzt noch einmal ihre wenig begeisterte Position zu der teuren Berliner | |
Nahverkehrssondernummer. | |
Auch das dritte Kandidierendenduo, Kian Niroomand und Jana Bertels vom | |
linken Parteiflügel, hatte [3][jüngst im taz-Interview] die Frage gestellt, | |
„ob es angesichts der angespannten Lage Sinn macht, am 29-Euro-Ticket | |
festzuhalten, wenn man auf der anderen Seite die Möglichkeit hat, das | |
bestehende 49-Euro-Ticket so herunterzurabattieren, dass man auf einen | |
entsprechend großen Anspruchskreis kommt“. | |
Kann die Konkurrenz gern fragen und kritisieren, aber am 29-Euro-Ticket für | |
alle werde nicht gerüttelt, sagt Saleh: „Grundlage ist, dass man Sachen, | |
die man verspricht, auch hält.“ Das Ticket war freilich auch das einzige | |
Versprechen, das die SPD Berlin im Wahlkampf 2023 gemacht hat. | |
Er sei insgesamt etwas überrascht „über die Themensetzungen der anderen | |
Teams“, sagt Saleh. Was insofern wiederum überrascht, als sich Kian | |
Niroomand und Jana Bertels ebenfalls klar für ein bezahlbares Berlin | |
aussprechen, nur eben das 29-Euro-Ticket nicht zwingend dazu zählen. Saleh | |
ficht das nicht an. Er nimmt am Donnerstag nicht einmal die Namen der | |
Konkurrent:innen in den Mund. Für ihn zählt jetzt vor allem eines: „Der | |
Kampf geht weiter.“ | |
4 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
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