# taz.de -- Regierungsbefragung im Bundestag: Kanzler im Kampfmodus | |
> Kanzler Scholz verteidigt im Bundestag seine Reise nach Kyjiw und verrät | |
> Neues von dem Treffen mit Selenskyj. Es war ein Vorgeschmack auf den | |
> Wahlkampf. | |
Bild: Olaf Scholz in Begleitung von Sicherheitskräften auf dem Bahnsteig Anfan… | |
Berlin taz | Seit 2018 muss sich der Kanzler dreimal im Jahr den Fragen des | |
Parlaments stellen. Das ist in der Routine des Bundestages ein Forum für | |
Unvorhergesehenes, oft allerdings wird auch nach Kraut und Rüben gefragt. | |
Nichts davon am Mittwoch. Olaf Scholz, der noch eineinhalb Wochen regulärer | |
Kanzler sein wird, wirkt munter, die Opposition fragt aggressiv nach | |
Ukraine und Krise. Kurzum: Eine vitale, konzentrierte Fragestunde, die ein | |
Vorgriff auf den Wahlkampf ist. | |
Der Kanzler verteidigt mit Elan [1][seine Reise nach Kyjiw]. Die Union hält | |
diesen Trip für [2][einen Wahlkampftrick]. Scholz betont, der Termin sei | |
„bewusst gewählt“ gewesen. Es gelte, der Ukraine in schwieriger | |
militärischer und nach Trumps Wahl politisch heikler Lage beizustehen. Die | |
Unionsfraktion quittiert dies mit Gelächter. | |
Scholz hat zweieinhalb Stunden mit Präsident Selenskyj gesprochen. Neu ist, | |
worüber. Selenskyj will, so Scholz, „in Polen und Deutschland eine | |
ukrainische Behörde mit schaffen“, die Exilierte „entweder bei der Rückke… | |
oder bei der Arbeitsaufnahme in Deutschland unterstützt“. Die Ukraine hat | |
Schwierigkeiten, genug Soldaten zu rekrutieren, offenbar verspricht sich | |
Selenskyj davon Verbesserungen. | |
Scholz hat Sympathien für das Projekt, das den Druck auf Ukraineflüchtlinge | |
erhöhen soll. Viele UkrainerInnen seien „schon lange hier“ und müssten, | |
nach Sprachkursen, „jetzt mal loslegen“, um Arbeit zu bekommen. Solche Töne | |
kamen bis jetzt eher von AfD und Union. | |
## Scholz giftet gegen die FDP | |
Ansonsten bleibt Scholz in der Ukrainepolitik bei der bekannten Linie: Wir | |
tun mehr als die meisten anderen Länder für die Ukraine, aber nicht alles. | |
Damit ist die Lieferung [3][des reichweitenstarken | |
Taurus-Marschflugkörpers] gemeint. Ein FDP-Mann fragt, ob der Kanzler die | |
vier Monate dauernde Ausbildung für den Taurus jetzt genehmigen müsse, um | |
seinem Nachfolger eine prompte Taurus-Lieferung zu ermöglichen. | |
Der Kanzler findet diesen Anwurf für eine Partei, die mit der | |
5-Prozent-Hürde kämpft, „ganz schön tapfer“. Und er kontert, naheliegend | |
und selbstbewusst: „Ich will mein eigener Nachfolger werden.“ So rauflustig | |
ging es selten bei Befragungen zu. | |
Außenministerin Annalena Baerbock hatte kürzlich eine Beteiligung der | |
Bundeswehr an einer möglichen internationalen Truppe nach einem | |
Waffenstillstand begrüßt. Scholz gibt den Außenministerinerklärer. | |
Baerbock habe versucht, auf eine spekulative Frage „weder ja noch nein“ zu | |
sagen. Das sei Diplomatie, wie man es von der Außenministerin erwarten | |
könne. Und: „Bodentruppen kommen für mich in dieser Kriegssituation nicht | |
in Betracht.“ | |
Sichtbar wird auch, wo die Opposition Rot-Grün im Wahlkampf angreifen wird. | |
Scholz habe ein „Wirtschaftswunder wie in den 50er Jahren versprochen“, so | |
CDU-Frau Julia Klöckner, und nun eine Rezession zu verantworten. Der | |
Kanzler verweist etwas weiträumig auf die segensreichen Wirkungen einer von | |
der SPD unterstützten Investitionsprämie und den Deutschlandfonds, mit dem | |
privates Kapital für Verbesserungen der maroden Infrastruktur mobilisiert | |
werden sollen. Im Übrigen sei die Union für bürokratische Hürden | |
verantwortlich. | |
Klöckner retourniert mit der rhetorischen Frage, ob Scholz bekannt sei, | |
„dass die SPD in den letzten 26 Jahren 22 Jahre regiert hat“. Der Kanzler | |
verweist, nicht neu, aber schlagfertig, auf die unter Merkel verschleppte | |
Energiewende und den langsamen Ausbau der Stromnetze. Und er ruft Richtung | |
Union: „Gut, dass sie in der Opposition sind.“ | |
Es wäre ein Fehler, Olaf Scholz zu früh wegen mieser Umfragen | |
abzuschreiben. | |
4 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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