# taz.de -- Nahostkonflikt in der Clubszene: Immense Verwerfungen | |
> Wohnhäuser von Mitarbeitern werden beschmiert, DJs verlassen ihre | |
> Bookingagenturen: Der Nahostkonflikt zerreiße die Szene, heißt es im | |
> „About Blank“. | |
Bild: Das About Blank in Berlin-Friedrichshain steht im Fokus der Anfeindungen … | |
Berlin taz | Schon am Eingang des Clubs „About Blank“ in Friedrichshain | |
wird deutlich, wie immens die [1][Verwerfungen der Kultur- und Clubszene in | |
Berlin] angesichts des 7. Oktobers und des Gaza-Kriegs mittlerweile sind. | |
Es ist Samstagabend, gleich wird drinnen auf einer Podiumsdiskussion die | |
Rede davon sein, dass ein vernünftiger Dialog über Nahost sowie | |
Antisemitismus kaum noch möglich ist. Da halten zwei vermummte Radfahrer | |
mit Palästinaflagge an und beschimpfen die Wartenden als „Faschisten“, die | |
„Kindermörder“ unterstützen und einen „Naziclub“ besuchen würden. | |
Für das About Blank gehörten solche Szenen mittlerweile zum Alltag dazu, | |
erklärt Florian Hirsch als Vertreter des Clubs auf dem Podium. Gäste hätten | |
berichtet, in der U-Bahn angespuckt worden zu sein, nachdem sie als | |
About-Blank-Besucher identifiziert worden seien. Mitarbeiter und | |
Mitarbeiterinnen hätten [2][das rote Dreieck, die Feindmarkierung der | |
Hamas], an ihren Wohnhäusern entdeckt. | |
All das, weil der dezidiert linke Club sich erlaube, das Massaker der Hamas | |
ohne Wenn und Aber als solches zu benennen. Das reiche schon, um bei | |
manchen als bedingungsloser Unterstützer Israels oder gar der Regierung | |
Benjamin Netanjahus zu gelten. | |
## Ein „Klima der Angst“ | |
BDS-nahe Gruppierungen, die den Boykott Israels fordern, hatten den Club | |
auch schon vor dem 7. Oktober 2023 im Visier. Doch inzwischen hätten die | |
Anfeindungen ein existenzbedrohendes Ausmaß angenommen. Selbst DJs, die | |
bloß von einer Bookingagentur betreut werden, die auch einen DJ vertritt, | |
der weiterhin im About Blank aufzulegen bereit ist, seien Ziel von | |
Shitstorms oder würden gecancelt, so Hirsch. Es sei ein „Klima der Angst“ | |
entstanden, sagt er. | |
Wie weit das inzwischen verbreitet sei, habe er auch gemerkt, als er das | |
Podium für die Diskussion organisiert habe. Fast niemand wolle öffentlich | |
reden. Um so bemerkenswerter ist, wer dann aber doch spricht. | |
Mo Loschelder etwa, Urgestein der Berliner Clubszene und inzwischen | |
Betreiberin einer Booking-Agentur, betont, dass sie bislang eher | |
zurückhaltend gewesen sei in ihrer öffentlichen Positionierung. Sie habe | |
Angst gehabt, dass der Nahostkonflikt sonst auch ihre Agentur spalten | |
könnte. | |
## Aus Furcht vor Konsequenzen schweigen? | |
Zum Jahrestag des 7. Oktobers habe sie auf Facebook ihre Trauer um die | |
Opfer des Massakers kundgetan. Daraufhin habe eine Künstlerin ihr in einer | |
E-Mail mitgeteilt, sich nicht länger von ihr vertreten lassen zu wollen. | |
Loschelder sagt, für sie sei es immer noch unfassbar, dass sie bereits mit | |
dem bloßen Gedenken zum inakzeptablen politischen Gegner abgestempelt | |
werde. Aus Angst vor weiteren derartigen Konsequenzen nun lieber schweigen, | |
das wolle sie aber nicht. Auch deshalb sitze sie nun hier. | |
Ebenfalls auf dem Podium sitzt Sascha Disselkamp, der Betreiber des | |
Sage-Clubs. Er ist Mitgründer der Berliner Clubcommission und war lange in | |
deren Vorstand. Vor Kurzem ist er [3][aus dem Verband ausgetreten] mit der | |
Begründung, er habe es nicht mehr ausgehalten, dass dieser den [4][Angriff | |
auf das Supernova-Festival] nicht deutlich verurteilt sowie sich nicht | |
kompromisslos mit den Opfern solidarisiert habe. Disselkamp ist anzumerken, | |
wie sehr ihn das von Hirsch beschriebene Klima der Angst in Berlin | |
beschäftigt: „Das können wir nicht tolerieren“, so sein Appell. | |
17 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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